Die Zeit der Selbstverständlichkeiten ist – vorerst – vorbei beim TSV Großbardorf. Seit Gründung der Bayernliga Nord im Jahr 2012 zählte der Klub selbstverständlich Jahr für Jahr zum Kreis der Favoriten. Und in schöner Regelmäßigkeit lieferte die Mannschaft auch wie selbstverständlich die gewünschten Ergebnisse, auch wenn es nie zum ganz großen Wurf reichte. Ihre in Anführungszeichen schwächste Saison beendeten die Grabfeld-Gallier auf dem achten Platz. Zuletzt wurde der TSV zweimal in Folge Vierter.
Eine Wiederholung dieser Platzierung in der an diesem Samstag (16 Uhr) mit einem Heimspiel gegen die DJK Vilzing beginnende Saison bezeichnet Lukas Illig als "eher utopisch". Realistisch betrachtet gelte es, sich im gesicherten Mittelfeld einzuordnen und auf einen "einstelligen Tabellenplatz" abzuzielen.
Es fehlt die Erfahrung von mehr als 700 Bayernliga-Nord-Spielen
Klar, betont der Mittelfeldspieler, seine Mitspieler und er werden jedes einzelne Spiel leidenschaftlich angehen und sich voll reinhauen. Aber: "Wir hatten echt einen Mega-Umbruch und viele gestandene Spieler sind weg." Mit Simon Snaschel (20 Tore), Stefan Piecha (zehn Tore) und Adrian Reith (fünf Tore) gingen die drei besten Torschützen, mit Julian Schneider, Markus Kirchner und Zarko Poznic drei weitere Stammkräfte. Dieses Sextett kommt zusammengerechnet auf Pi mal Daumen 700 Einsätze allein in der Bayernliga Nord.
Deren Erfahrung, da muss man sich nichts vormachen, wird fehlen. Wie sehr, das liegt nicht zuletzt an Lukas Illig. Der 24-Jährige ist der neue – von Trainer Andreas Brendler (34) bestimmte – Kapitän der Grabfeld-Gallier. Gemeinsam mit seinen Vertretern Benjamin Kaufmann (29) und Xaver Müller (23) soll Illig die junge Mannschaft führen. Auf dem Platz und daneben.
Illig entscheidet sich für das Studium und gegen einen Profi-Vertrag
Illig kommt aus Aura an der Saale (Lkr. Bad Kissingen), den Großteil seiner Juniorenzeit verbrachte er beim FC Schweinfurt 05. Für eine Saison versuchte er sich beim 1. FC Nürnberg und in der U17-Bundesliga. Zurück in Schweinfurt entwickelte er sich nicht nur zur Stammkraft der Landesliga-Meister-Mannschaft, sondern wurde von Gerd Klaus auch in acht Regionalliga-Bayern-Spielen eingesetzt. Den angebotenen Profi-Vertrag lehnte der damals 19-Jährige freilich ab, gab seinem Lehramt-Studium und dem TSV Großbardorf den Vorzug. Schon anlässlich dessen Vorstellung war sich TSV-Sportvorstand Andreas Lampert sicher, dass Illig einmal ein "elementarer Baustein" der Mannschaft sein werde.
Acht neue Bausteine sind in diesem Sommer in Großbardorf dazugekommen, für die allermeisten von ihnen ist die fünfte Liga Neuland. Nur Sertan Sener (25, FC Coburg) hat so etwas wie Bayernliga-Nord-Erfahrung, stehen in seiner Vita doch zwei Einsätze für den VfL Frohnlach. Nico Kummer (24) kommt mit der Empfehlung von 28 Bezirksliga-Treffern für den TSV Gochsheim an die Unterhofer Straße, mit Leon Zwickl (22) sucht der Ex-Stammtorwart des Landesligisten FC Fuchsstadt eine neue Herausforderung in Großbardorf.
Luca Reck (21) und Jannik Göller (20) spielten sich in der vergangenen Saison ebenfalls in der Landesliga in den Fokus, sie kommen von der DJK Schwebenried/Schwemmelsbach. Laurin Schmid (19) und Tim Stecklein (18) standen vor wenigen Wochen noch mit der U19 des FC Schweinfurt 05 in den Play-offs um den Aufstieg in die Bundesliga, wo sie an der SpVgg Unterhaching mit Trainer Sandro Wagner scheiterten. Aus der eigenen Jugend rückt Luca Atzori in Brendlers Kader auf.
Die Mannschaft ist noch in der Findungsphase
Wie stabil das neue Gerüst zu Saisonbeginn schon ist, ist ungewiss. "Wir haben gute Spieler, aber wir müssen uns erst wieder finden", sagt Illig auch in Hinblick auf die monatelange Corona-Zwangspause. Und: "Es wäre auch für den Kopf ganz wichtig, dass wir mit einigen Punkten aus den ersten Spielen rausgehen." An erster Stelle stehe freilich die defensive Stabilität. Das immerhin ist und bleibt selbstverständlich.