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Fußball: Bayernliga Nord
Abschied aus Großbardorf: Stefan Piecha geht wohl erst einmal auf Tauchstation
Nach zwölf Jahren geht Stefan Piechas Zeit beim TSV Großbardorf im Stillen zu Ende. Worauf sich der 34-Jährige nun freut und warum er es als Schalke-Fan in Großbardorf besonders schwer hatte.
Das Heimspiel gegen den SV Seligenporten war am 17. Oktober 2020 Stefan Piechas (rechts) letztes von insgesamt über 300 Bayernliga-Spielen für den TSV Großbardorf.
Foto: Anand Anders | Das Heimspiel gegen den SV Seligenporten war am 17. Oktober 2020 Stefan Piechas (rechts) letztes von insgesamt über 300 Bayernliga-Spielen für den TSV Großbardorf.
Florian Karlein
 |  aktualisiert: 08.02.2024 11:21 Uhr

Vor über einem halben Jahr hat der TSV Großbardorf in der heimischen Bioenergie-Arena sein letztes Bayernliga-Spiel ausgetragen. Es war der 17. Oktober 2020, als die Grabfeld-Gallier gegen das Spitzenteam aus Seligenporten ein 1:1-Unentschieden erkämpften. Dass diese Begegnung gleichzeitig auch die Abschiedsvorstellung von Stefan Piecha sein sollte, ahnte damals noch keiner. Erst einige Tage später wurde bekannt, dass sich der Bardorfer Mannschaftskapitän in jener Partie eine schwere Knieverletzung zugezogen hatte. Ohne ihren Anführer gewannen die Gallier zwar eine Woche später noch mit 1:0 in Karlburg, die steigenden Corona-Zahlen führten anschließend aber zu einer Unterbrechung der Saison, ehe sie vor wenigen Wochen schließlich komplett abgebrochen wurde.

Piecha und TSV-Trainer Brendler kickten einst zusammen in der Uni-Mannschaft

Für Stefan Piecha bedeutet dies, dass seine Zeit in Großbardorf nach ziemlich genau zwölf Jahren im grün-weißen Trikot ohne große Verabschiedung ganz im Stillen endet. "Im Kopf hatte ich meinen Abschied im Vorfeld schon ein paar mal durchgespielt und natürlich hätte ich mich gerne von den Fans persönlich verabschiedet. Daher ist es ein bisschen schade, dass meine Zeit in Großbardorf nun so zu Ende gegangen ist", sagt Piecha. Eigentlich wollte der Rimparer, der vor wenigen Tagen 34 Jahre alt wurde, die Großbardorfer bereits im letzten Sommer verlassen. Da er aufgrund der Corona-Pandemie allerdings nicht wie geplant auf Weltreise gehen konnte, gab er kurzfristig seine Zusage für eine weitere Spielzeit in Großbardorf.

In seiner letzten Saison konnte Piecha so zumindest noch einige Monate unter Andreas Brendler trainieren, mit dem er einst zusammen in Würzburg studiert hatte. "Das war eine interessante Erfahrung. Wir beide kennen uns ja schon lange und haben in Würzburg zusammen in der Hochschulmannschaft gespielt." Eine weitere Gemeinsamkeit zwischen dem Großbardorfer Mannschaftskapitän und dem TSV-Trainer ist der Beruf. Sowohl Brendler als auch Piecha sind als Lehrer tätig, weshalb sie in den letzten Monaten vor besonderen Herausforderungen standen. "Vom Distanzunterricht und dem Homeschooling war ich allerdings nicht so stark betroffen wie andere Kollegen", gesteht Piecha. Da er an der FOS/BOS in Schweinfurt unterrichtet, hat er hauptsächlich mit Abschlussklassen zu tun, "und die durften ja relativ schnell wieder zurück in den Präsenzunterricht".

Auf einer Weltreise Abstand vom Fußball gewinnen

Ab September wird für Piecha jedoch weder die Schule noch der Fußball im Vordergrund stehen. Vielmehr will er seinen Traum von der Weltreise mit einem Jahr Verspätung endlich verwirklichen. "Ich werde auf jeden Fall ein Sabbatjahr machen, auch wenn ich noch nicht genau weiß, wohin es mich verschlägt. Momentan ist die Planung ja weiterhin alles andere als einfach." Zwei Ziele stehen auf seiner Liste dann aber doch ganz oben: Mittel- und Südamerika sowie Neuseeland. "Am liebsten möchte ich mich einfach in den Flieger setzen, irgendwo landen und mich dort irgendwie durchboxen", lautet Piechas Plan. "Da ich auch einen Tauchschein habe, würde mich beispielsweise die Mitarbeit an einem Meeresbiologie-Projekt sehr reizen."

Was er sich von dieser langen Auszeit noch verspricht? "Ich bin gespannt, wie ich ohne Fußball zurechtkomme und ob ich etwas vermisse. Immerhin hat der Fußball in den letzten Jahren immer eine große Rolle in meinem Leben gespielt." Ein Wandervogel war Piecha im Gegensatz zu vielen anderen Spieler dabei nicht. Gerade einmal für zwei Vereine hat der 34-Jährige in seiner Karriere die Fußballschuhe geschnürt: für seinen Heimatverein ASV Rimpar und seit 2009 zwölf Jahre lang für den TSV Großbardorf in der Bayernliga. In Rimpar spielte Piecha nach seiner Jugendzeit zunächst in der Bezirksoberliga, ehe in seiner letzten Saison der Aufstieg in die Landesliga gelang. "Mit Großbardorf noch eine klasse höher spielen zu können hat mich damals aber sehr gereizt und deshalb habe ich mich für den Wechsel entschieden", erinnert sich Piecha.

Dramatisches Saisonfinale ohne Happy End 2016 hinterlässt Spuren

Dass der Rimparer über ein Jahrzehnt im Grabfeld bleiben würde, daran dachte er im Sommer 2009 freilich nicht. Die Großbardorfer waren damals nach einem schwierigen Jahr, in dem sie ihre Heimspiele in Schweinfurt austragen mussten, gerade aus der Regionalliga Süd abgestiegen und standen vor einem größeren Umbruch. "Ich hatte das Glück, dass Wolfgang Schmitt (damaliger Trainer in Großbardorf; Anmerkung der Redaktion) auf mich gesetzt hat. So kam ich in meinem ersten Jahr gleich auf über 30 Pflichtspiele." Auch von Spielern wie Sebastian Knüttel, Waios Dinudis oder Christian Laus habe er in seiner Bardorfer Anfangszeit viel lernen können.

Am 25. August 2009 erzielte Stefan Piecha im Heimspiel gegen die SpVgg Ansbach sein erstes Tor in der Bayernliga für den TSV Großbardorf.
Foto: Anand Anders | Am 25. August 2009 erzielte Stefan Piecha im Heimspiel gegen die SpVgg Ansbach sein erstes Tor in der Bayernliga für den TSV Großbardorf.

Sportlich kämpfte der TSV nach dem Regionalliga-Abstieg in der damals noch eingleisigen Bayernliga (4. Liga) in den ersten Jahren erstmal ums Überleben. "Die Bayernliga von damals war vergleichbar mit der aktuellen Regionalliga Bayern. Wir haben zweimal kurz vor Ende der Saison den Klassenerhalt auf eigenem Platz perfekt gemacht", erinnert sich Piecha gerne an die anschließenden Feiern zurück. Nachdem die Grabfeld-Gallier am Ende der Saison 2011/12 die Qualifikation für die neue Regionalliga Bayern nur um Haaresbreite verpasst hatten, spielten sie in den folgenden Jahren in der nun fünftklassigen Bayernliga Nord zumeist ganz oben mit. "Es ärgert mich schon ein bisschen, dass es mit der Regionalliga nie geklappt hat. Der Aufstieg mit Großbardorf wäre für mich das Größte gewesen", sagt Piecha.

Wenn er von den verpassten Möglichkeiten spricht, denkt er vor allem an die Saison 2015/16 zurück. In jener Spielzeit hatten vor dem letzten Spieltag noch sechs Mannschaften die Möglichkeit, Meister zu werden. Die besten Karten besaß sogar der TSV Großbardorf, der als Tabellenführer zum direkten Konkurrenten nach Hof fuhr. "Dieses Spiel war ein absolutes Highlight für mich - positiv wie negativ." 2500 Zuschauer waren zu jener Begegnung ins Stadion Grüne Au gekommen. "Hinter einem der Tore war eine grüne Wand mit vielen Bardorfer Fans", schwärmt Piecha. Letztlich fehlte den Grabfeld-Galliern aber ein Tor für die Meisterschaft. Die Partie endete 0:0 und Großbardorf rutschte auf Platz vier ab, Meister wurde der SV Seligenporten.

Trotz der knapp verpassten Meisterschaft ließ sich der TSV Großbardorf in Hof von den zahlreich mitgereisten TSV-Fans feiern.
Foto: Anand Anders | Trotz der knapp verpassten Meisterschaft ließ sich der TSV Großbardorf in Hof von den zahlreich mitgereisten TSV-Fans feiern.

Als Schalke-Fan hatte es Piecha in Großbardorf nicht leicht

Auch wenn es in seinen zwölf Jahren beim TSV nicht mit dem Aufstieg in die Regionalliga geklappt hat, blickt Piecha gerne auf seine Zeit im Grabfeld zurück. Ein Wechsel zu einem anderen Verein war für ihn trotz einiger Anfragen nie wirklich ein Thema. "Ich wurde immer wieder mal gefragt, warum ich denn nach der langen Zeit immer noch mehrmals pro Woche nach Großbardorf fahre", gesteht Piecha. Er habe dann stets eine Anekdote aus seiner Anfangszeit erzählt, als er mit Manager Gerhard Schüler Vertragsgespräche führte. "Bei meinem zweiten Telefonat sagte er zu mir: 'Stefan, wenn du mich noch einmal siezt, dann lege ich sofort auf.' Das hat bei mir Eindruck hinterlassen und beschreibt das familiäre Umfeld in Großbardorf. Die Art und Weise, wie dort mit Spielern umgegangen wird, finde ich bemerkenswert."

Dennoch freut sich Piecha, dass er jetzt erst einmal nicht mehr zum Training nach Großbardorf fahren muss. "Als Schalke-Fan hätte ich mir da aktuell nämlich einiges anhören dürfen. Sowohl von unseren FC-Hollywood- oder Dortmund-Fans, vor allem aber von Torwarttrainer Otto Dietz. Der wird sein Glück als Bochum-Fan kaum fassen können." Vielleicht zieht es den ehemaligen Gallier-Kapitän aber ja irgendwann doch wieder zurück ins Grabfeld. "Ich werde nach meiner Auszeit in mich hineinhören und schauen, was mich reizt." Der Einstieg ins Trainergeschäft könne durchaus eine Option sein, "als Spieler werde ich nach meiner schweren Verletzung aber sicher nicht mehr auf demselben Niveau wie zuvor kicken können."

 
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