Unterfränkischer denn je präsentiert sich die Regionalliga Bayern in der Saison 2022/23. Mit Drittliga-Absteiger Würzburger Kickers, dem FC 05 Schweinfurt, der Viktoria aus Aschaffenburg und dem TSV Aubstadt sind erstmals vier Teams aus Unterfranken in Bayerns höchster Spielklasse vertreten. Während in Schweinfurt und Würzburg in den letzten Wochen fast täglich neue Ab- und Zugänge vermeldet worden waren, blieb es im beschaulichen Aubstadt einmal mehr ruhig.
Lediglich drei Neuzugänge präsentierte der TSV Aubstadt bisher
Bis zum Trainingsauftakt am vergangenen Dienstag hatte der TSV Aubstadt mit dem jungen Mittelfeldspieler Tom Kunert (20), der vom 1. FC Nürnberg II gekommen war, gerade einmal einen Neuzugang präsentiert. Auch in Sachen Abgänge tat sich fast nichts. Lediglich Philipp Harlaß zog es aus beruflichen Gründen in seine alte Heimat zum SC Schwabach in die Landesliga, Dominik Grader und Lennart Seufert sind in der neuen Spielzeit in erster Linie für die zweite Aubstädter Mannschaft in der Kreisliga vorgesehen.
Als TSV-Trainer Victor Kleinhenz seine Spieler am Dienstagabend zur ersten Trainingseinheit im Kreis auf dem Platz der NGN-Arena versammelt hatte, waren dann doch zwei weitere neue Gesichter dabei. Maximilian Weißbäcker (19), der in vergangenen Saison in der zweiten Mannschaft der SG Barockstadt Fulda zum Einsatz kam, wird sich wohl erst einmal hinter Lukas Wenzel und Julian Schneider als dritter Torhüter einreihen müssen.
Größer sind die Einsatzchancen da schon beim offensiven Mittelfeldspieler Marvin Weiß. Für die SpVgg Greuther Fürth II kam der 20-Jährige in der vergangenen Saison in 32 Regionalliga-Spielen zum Einsatz und durfte ab der Winterpause auch schon bei den Fürther Profis mittrainieren. Mit 24 Spielern ist der Kader des TSV Aubstadt vier Wochen vor dem Saisonstart damit so gut wie komplett. "Ein bis zwei Spieler können schon noch dazu kommen. Sie müssen dann aber charakterlich und menschlich zu uns nach Aubstadt passen. Harakiri-Aktionen werden wir definitiv nicht machen", sagt Kleinhenz.
Für den Profifußball sind viele Aubstädter Spieler fast schon zu alt
Dass er nach der erfolgreichsten Saison der Aubstädter Vereinsgeschichte, in der der Einzug in die erste Hauptrunde des DFB-Pokals äußerst unglücklich durch eine Niederlage im Elfmeterschießen gegen den FV Illertissen verpasst wurde, auf fast den identischen Spielerkader zurückgreifen kann, freut Kleinhenz natürlich. "Das zeigt, dass sich alle Spieler bei uns wohl fühlen. Auch, wenn manche nicht immer so zum Einsatz gekommen sind wie vielleicht gewünscht."
Mit ihren gezeigten Leistungen haben die Aubstädter Spieler zwar mächtig Eindruck hinterlassen, von einem unter Profi-Bedingungen arbeitenden Verein wurde aber dennoch keiner abgeworben. "Hier kommt uns auch ein bisschen die Alters-Struktur der Mannschaft zu Gute", findet Kleinhenz. Viele Akteure seien zwischen 23 und 29 Jahre alt und hätten gerade eine Berufsausbildung beziehungsweise ein Studium begonnen. "Eigentlich sind die meisten unserer Spieler im besten Fußballalter, doch für den Sprung in den Profifußball sind sie dann doch fast schon zu alt."
Auf der anderen Seite mussten die Aubstädter Verantwortliche in diesem Sommer erkennen, dass die Lage auf dem Transfermarkt kompliziert ist. Bereits in der Winterpause hatte Sportdirektor Josef Francic angedeutet, dass junge, gut ausgebildete Spieler oft noch auf einen Profivertrag hoffen würden und daher - wenn überhaupt - erst sehr spät von einem Wechsel zu einem Amateurverein zu überzeugen seien. "Und wir merken natürlich auch, dass die für die Regionalliga geeigneten Spieler aus der Region langsam weniger werden", ergänzt Kleinhenz.
Aubstadts Trainer Victor Kleinhenz: "Gefühlt wird die Liga von Jahr zu Jahr stärker"
Mit dem FC 05 Schweinfurt und den Würzburger Kickers gibt es schließlich zwei ambitionierte Liga-Konkurrenten, die einen größeren Umbruch vollziehen mussten und sich ebenfalls in der Region nach neuen Spieler umgeschaut haben. "Ich finde die Transfers von Schweinfurt und Würzburg sehr interessant und traue beiden Mannschaften in der neuen Saison einiges zu", sagt Kleinhenz. Auch den FC Bayern München II und die SpVgg Unterhaching hat der Aubstädter Coach in Sachen Meisterschaft ganz oben auf dem Zettel. "Gefühlt wird die Liga von Jahr zu Jahr noch stärker."
Daher sei es wichtig, gut in die Saison zu starten und in den ersten Englischen Wochen bereits ordentlich zu punkten. Die Eingespieltheit des Teams könne bei diesem Vorhaben natürlich von Vorteil sein. "An unserer Grundordnung wird sich nicht viel ändern. Wir bereiten uns darauf vor, dass wir in der kommenden Saison auch wieder oft gegen tiefstehende Mannschaften Lösungen finden müssen. Im Verlauf der Rückrunde haben wir da schon einige Fortschritte gemacht", findet Kleinhenz.
Der Ausfall von Michael Dellinger zwingt den TSV Aubstadt zu Experimenten
Die größte Baustelle im Team dürfte aktuell die Mittelstürmerposition sein. Nach seinem Achillessehnenriss unmittelbar vor dem Pokal-Endspiel in Illertissen wurde Angreifer Michael Dellinger inzwischen zwar erfolgreich operiert, in der Vorrunde wird er dem TSV Aubstadt jedoch nicht zur Verfügung stehen. "Wir wissen nicht, ob wir für das Sturmzentrum noch einen Spieler verpflichten werden. Wenn doch, dann bräuchten wir jemanden, der uns sofort weiterhilft", sagt Kleinhenz.
Mit Moritz Gündling, der nach der Leihe von den Kickers mittlerweile fest zum Aubstädter Kader gehört, hat der TSV laut Kleinhenz nämlich bereits einen "Perspektivspieler auf dieser Position". Auch der erfahrene spielende Co-Trainer Christopher Bieber dürfte nach Dellingers Verletzung in der neuen Saison öfter zum Einsatz kommen. "Und dann haben wir noch einige weitere Offensivspieler wie Max Schebak, Joshua Endres oder André Rumpel, die auch im Sturmzentrum spielen können. In der Vorbereitung werden wir da sicher einiges ausprobieren", kündigt Kleinhenz an.
Mit einer konkreten Zielsetzung für die am 16. Juli beginnenden Saison hält sich der junge Aubstädter Trainer erst einmal zurück. "Wenn wir in der Winterpause erneut Planungssicherheit für eine weitere Regionalliga-Saison hätten, wäre das schon eine Riesen-Erfolg. Und dann würden wir natürlich gerne mindestens eines der vier großen Derbys gegen Schweinfurt oder Würzburg gewinnen. Ich denke, das wäre langsam mal an der Zeit."