Beim Fußball-Regionalligisten TSV Aubstadt (6./26) steht schon wieder ein Highlight an. Am Samstag um 14 Uhr gastiert der vormalige Zweit- und Drittligist FC Würzburger Kickers (2./38) in der NGN-Arena. Die Mannschaft von Trainer Marco Wildersinn ist nach einer überragenden Siegesserie vor zwei Wochen beim FC Bayern München II (0:1) gestrauchelt, mit einem 3:0-Heimsieg gegen Greuther Fürth II aber sofort wieder in die Erfolgsspur zurückgekehrt. "Es steht außer Frage, dass es die stärkste Mannschaft ist, die die letzten Jahre in Aubstadt gespielt hat", meint TSV-Coach Victor Kleinhenz.
Mehr als eine virtuelle Elf des TSV Aubstadt wohnt aktuell in Würzburg
"Sie haben auf allen Positionen eine ungemein hohe individuelle Klasse und sind in der Lage, 90 Minuten lang Vollgas-Fußball zu spielen. Wir wollen aber mutig auftreten und fußballerische Akzente setzen, dabei in den Zweikämpfen maximal und geschlossen auftreten." Kleinhenz schaut bekanntlich über die Aussagekraft von Ergebnissen hinaus und ist von den Leistungen seiner Truppe trotz nur eines Punktes aus den vergangenen zwei Spielen überzeugt. Gemeinsam mit Co-Trainer André Betz habe er vor dem Unterfranken-Derby die Vorfreude der Jungs auf dem Trainingsplatz miterlebt, sodass in Sachen Motivation keine Sonderschicht nötig war.
Kein Wunder, lebt doch mehr als eine komplette virtuelle Elf aktuell in der Domstadt und begibt sich jeweils in Fahrgemeinschaften die A71 hoch in Richtung Aubstadt. Ur-Würzburger von der Sieboldshöhe ist Leonard Langhans, der nach seiner Muskelverletzung am Montag wieder ins Training eingestiegen ist und am liebsten am Samstag sofort mit einlaufen möchte. Als er im Januar 2020 aus seiner Heimatstadt von den Kickers nach Aubstadt wechselte und im ersten Testspiel in Höchheim gegen den FC Thulba auf dessen Spielertrainer Vicky Kleinhenz traf, "dachte ich keine Sekunde daran, dass er eines Tages mein Trainer sein würde."
In Nürnberg lebte Leonard Langhans zusammen mit Ben Müller in einer WG
Josef Francic ließ Langhans zunächst als Linksaußen ran, wozu der 1,70-m-Flitzer, der am Freitag 24 Jahre alt wird, ausgebildet worden war. Als Dreijähriger begann der Sohn eines Lehrer-Ehepaars beim Post-SV Sieboldshöhe, der später mit den Kickers fusionierte. Im Alter von 13 Jahren wechselte er zum Würzburger FV, mit 14 zum 1. FC Nürnberg. Drei Jahre lang pendelte er mit dem ICE zum Valznerweiher, bezog dann eine eigene Wohnung und lebte anschließend in einer WG mit seinem heutigen Teamkollegen Ben Müller. Auch an einigen Lehrgängen der U15-Nationalmannschaft hat Leonard Langhans teilgenommen.
"Eigentlich habe ich beim WFV und beim Club auf der Zehn gespielt, in der U19 öfter auch Links- und Rechtsaußen", erinnert sich Langhans. Zurück in Würzburg in der Kickers-Reserve unter Christian Demirtas und in der Profimannschaft bei Trainer Stefan Schmitt war er wieder Linksaußen. "Man kam halt als junger Spieler dahin, wo gerade Platz war." Platz war für Leonard Langhans ein paar Mal bei den Profis auf der Bank. Spielen durfte er dort allerdings nur in Testspielen und im Toto-Pokal. "Es war ein ständiges Hin und Her, von den zwei Mannschaften, vom Training und von den Positionen her."
Langhans' Berufswunsch: "Irgendwas mit Sport oder ein eigenes Café"
Als er gefühlt am nächsten an einem Punktspieleinsatz bei den Profis war, verletzte er sich schwer, womit seiner Entwicklung eine längere Unterbrechung drohte. Deshalb wechselte er auf den zweiten Kontakt mit Josef Francic hin im Januar 2020 nach Aubstadt. Mit der propagierten Kooperationspartnerschaft der Kickers mit Aubstadt habe das nichts zu tun gehabt. "Mir war klar, dass ich mich flexibel zeigen musste, weil man vorne mit Thomann, Dellinger, Pitter, Schebak und anderen sehr stark besetzt war. Durch mein bisheriges Training hatte ich mitbekommen, was auf den verschiedenen Positionen gefordert ist und ich habe auch ein bisschen Gespür dafür. Als Außenverteidiger kann ich mich in meinen Vordermann Timo Pitter sehr gut rein versetzen."
Irgendwie klingt beim Kalkül und der Logik von Leonard Langhans auch ein bisschen sein BWL-Studium durch, bei dem er im fünften Semester angelangt ist. Was für ein Berufsziel er hat? "Ganz schwierig, am liebsten irgendwas mit Sport wie mein Bruder, der beim BVB in der Marketingabteilung untergekommen ist. Ich habe immer davon geträumt, mal mein eigenes Café zu eröffnen", gesteht er mit einem Lachen, "weil es mir da immer so gut gefällt. Ich denke aber, mit BWL bin ich breit aufgestellt." Und auch das Ziel Profifußball hat er noch nicht aufgegeben.
Einige Kickers-Spieler kennt Leonard Langhans noch persönlich
"Leo hat die letzten zwei Jahre eine gute Entwicklung genommen", schätzt Kleinhenz dessen Potenzial ein. "Seine größte Qualität ist es, in engsten Drucksituationen immer wieder die passende Lösung parat zu haben. Darin ist er einer der Besten der ganzen Liga. Wir wünschen uns für die Zukunft sogar noch den einen oder anderen offensiven Impuls mehr. Diesen Anspruch hat er aber auch an sich selber und arbeitet daran." Eine besondere emotionale Nähe zu den Kickers verspürt Langhans vor dem Derby am Samstag nicht, nennt aber "herausragend Sané, Hägele, Caciel, Kurzweg, Franjic, Meisel, einfach alle. Ein paar kenne ich ja noch persönlich".