Dem TSV Aubstadt erging es wie zwölf der 17 vorherigen Gegner der Würzburger Kickers in der Fußball-Regionalliga Bayern: Er konnte bei der 0:3-(0:2)-Niederlage vielleicht besser mitspielen als jene und kreierte mehr Chancen als diese und sogar mehr als die Gäste. Er musste aber quittieren, dass am Ende des Tages und am Ende der Saison diejenige Mannschaft die Nase entscheidend vorne hat, die am effizientesten spielt. Sprich: ihre Torchancen konsequenter und abgezockter verwertet.
TSV-Trainer Victor Kleinhenz hatte ja davor gewarnt, dass mit dem ehemaligen Zweitligisten wahrscheinlich die beste Mannschaft der letzten Jahre in der NGN-Arena aufkreuzen würde. Es war dies keinen Deut übertrieben. Es sollte denn auch alles andere als der Vorschub für eine zu befürchtende Niederlage gewesen sein.
Und dennoch wirkte Kleinhenz hinterher etwas bedrückter, ärgerlicher, auf jeden Fall enttäuschter als bei manch anderer Niederlage gegen einen weniger renommierten Gegner. Weil er gesehen hatte, dass seine Mannschaft von der gesamten Art, wie sie sich gegen diesen Hochkaräter präsentierte, "ganz nahe an dessen Niveau, wenn nicht mindestens auf Augenhöhe" war.
Trainer Victor Kleinhenz sieht den TSV Aubstadt auf Augenhöhe mit den Würzburger Kickers
Er korrigierte sogar, dass den Unterschied auch die Effizienz machte: "Es war nicht auch, sondern nur die Effizienz. So kam halt heraus, dass der Gegner aus fünf, sechs Torchancen, die er hatte, drei Tore macht und wir aus deren sechs keines. Ihr Keeper hat heute wahrlich einen Sahne-Tag erwischt."
Kleinhenz wurde noch konkreter: "Wenn wir in der ersten Minute", es waren genau 45 Sekunden um, "1:0 in Führung gehen, dann wird es ein ganz anderes Spiel. Es waren Phasen dabei, in denen wir das Spiel dominiert haben. Und auch solche, in denen die Kickers mehr Ballbesitz hatten. Von der gesamten Spielanlage her waren wir aber auf Augenhöhe."
Ob Kickers-Torwart Marc Richter der Matchwinner war, wollte Trainer Marco Wildersinn nur teilweise so stehen lassen: "Er war einer von ihnen. Er musste schon einige gefährliche Situationen entschärfen. Dafür ist er ja da. Natürlich hat die Chancenverwertung heute den Unterschied gemacht. Die Chancen, die Aubstadt hatte, haben wir aber auch mit begünstigt."
Zu dieser Hin-und-Her-Schieberei wäre es vielleicht gar nicht gekommen, wenn der Raketenstart gelungen wäre, indem Christopher Biebers Kopfball bei einer scharfen Eingabe (1.) nicht an Richters Reflex gescheitert wäre. Doch auch in der Folge wurde deutlich: Aubstadt traute sich in diesem Unterfranken-Duell alles zu. Und die Kräfte reichen nun mal beim Vorsprung-Halten besser als beim Aufholen-Müssen. Dass das 0:1 (17.) wieder mal bei einem Standard, einem Eckball, fiel, wurmte Kleinhenz natürlich ebenso. TSV-Keeper Lukas Wenzel war zu kurz und Kurzweg, der hinter ihm am langen Pfosten wie ein Turm zum Kopfball hochstieg, kaum zu verteidigen.
Beim 0:2 wirkt die Abwehr des TSV Aubstadt etwas blauäugig
Nur eine Minute später musste allerdings der Ausgleich gelingen. Doch Joshua Endres, der nicht schlecht, aber etwas glücklos spielte, traf mutterseelenallein mit seiner Direktabnahme wieder nur den Torwart. Ja, der Zwei-Meter-Riese Marc Richter ist wirklich ein richtiger Riesen-Torwart. Etwas blauäugig wirkte die TSV-Hintermannschaft beim 0:2, weil sie den Ausgleich zu schnell erzwingen wollte, viel zu luftig stand und keine fünf Minuten später das 0:2 durch Saliou Sané schlucken musste.
Das entsprach nun wirklich nicht dem Spielgeschehen, doch Aubstadt lag zum ersten Mal in den gefühlten letzten zehn Jahren nach 22 Minuten 0:2 hinten. Was zu korrigieren gewesen wäre, wenn Max Schebak oder Ben Müller bei ihrer Doppelchance (25.) getroffen hätte.
Die Kleinhenz-Elf hatte diesmal aber von Anfang bis zum Ende scharf geladen. Die Wucht ihrer Angriffe ließ zwar kurz vor und kurz nach der Pause etwas nach. Richters Arme fingen aber auch alles weg, was in seine Nähe kam und zermürbten die TSV-Angreifer. Die Quantität deren Chancen nahm nicht ab, aber ihre Qualität, weil man dem hohen Tempo, dem Riesen-Aufwand allmählich doch Tribut zollen musste.
Zudem zeigte sich die ganze professionelle Ausgebufftheit der Gäste, die das Tempo geschickt herausnahmen und doch immer wieder überfallartig Spitzen setzten. Den Genickschlag bekam Aubstadt in der 76. Minute versetzt, als Tim Hüttl wegen einer von Benyas Solomon Junge-Abiol gern angenommenen Notbremse mit Rot vom Platz und der Freistoß von Ivan Franjic neben Lukas Wenzel in die Ecke flog, ohne dass der eine andere Reaktion als die der Ohnmacht zeigte. Da schwang auch etwas Nervenfrust mit, denn allzu viel hatte er in diesem Spiel gar nicht abwehren können bzw. müssen – im Vergleich zu Marc Richter.