Paukenschlag kurz vor der Fechtweltmeisterschaft in China: Die drei besten deutschen Florett-Fechterinnen Leonie Ebert, Anne Sauer und Carolin Golubytskyi kehren dem FC Tauberbischofsheim den Rücken. Auch Rita König, Chefin der Marketing-Agentur des Fechtzentrums, wird den Klub verlassen. Offenkundig kämpft man immer noch mit den Nachwehen der Affäre um den Abgang zweier Trainer.
Zwei FC Vorstandsmitglieder, Thomas Bayer und Lothar Derr, bestätigten Recherchen von Stuttgarter Zeitung, Südwestrundfunk und dieser Redaktion über die Kündigung der Sportlerinnen. „Wir bedauern das und hoffen, dass sie den Weg zurück zu uns finden,“ sagte Derr. König bestätigte auf Anfrage ihre Kündigung.
Für welchen Verein die drei Florett-Damen künftig starten, ist bisher unbekannt. Golubytskyi ist gerade Mutter geworden und hat ihren Lebensmittelpunkt nach eigener Aussage in den USA. Die beiden anderen starten bei der WM vom 19. bis 27. Juli in Wuxi noch für den FC Tauberbischofsheim.
Trainieren müssen sie weiter in Tauberbischofsheim
Aber trainieren müssten die beiden Spitzenfechterinnen (Sauer steht in der Weltrangliste auf Platz sechs, Ebert auf 14) weiter in Tauberbischofsheim. Hier ist der zuständige Bundesstützpunkt für die Florettdamen, hier ist auch der Bundestrainer, bestätigte auf Anfrage Matthias Behr, bis vor kurzem Leiter des Olympiastützpunktes.
Für alle drei Fechterinnen hatte die Mutter von Leonie Ebert die Kündigung abgegeben. Sie äußerte sich auf Anfrage nicht über die Hintergründe. Die beiden Sportlerinnen waren wegen der Vorbereitung auf die WM in der Sportschule Hennef nicht erreichbar. Bereits ab Montag, 9. Juli, bestreitet das Aufgebot des Deutschen Fechter-Bundes (DeFeBe) in Japan ein Vorbereitungscamp.
Massive Drohgebärden gegen die Fechterinnen
Die Kündigungen fallen in eine Zeit, in der Emil Becks einstige Medaillenschmiede heftig um eine Neuausrichtung ringt, um zurück in die Erfolgsspur zu kommen. Die Florettfechterinnen hatten 2016 lautstark gegen die Entlassung des italienischen Erfolgstrainers Andrea Magro in Tauberbischofsheim protestiert. Der war zunächst für viel Geld engagiert worden, um die Klingenkünstlerinnen wieder auf die Spur alter Erfolge zurück zu bringen. Doch dem Verein ging das Geld aus, einstige Sponsoren wie Samsun und Würth haben ihr Engagement beendet. Der beliebte Trainer musste gehen – unter heftigem Protest der Sportlerinnen. Das gefiel den Funktionären nicht, die mit massiven Drohgebärden auf das Engagement der Fechterinnen für ihren Trainer reagierten.
Kurz darauf sorgte das Fechtzentrum erneut für negative Schlagzeilen: Weltklasse-Fechterin Golubytskyi hatte sich vertraulich an Marketing-Chefin Rita König gewandt. Beide machten publik: Golubytskyi sei 13 Jahre Jahre zuvor von Jugendtrainer Sven T. im Hotelzimmer überfallen und sexuell belästigt worden. Der Landessportverband feuerte den Trainer – an dessen Stuhl die Marketingchefin und andere aber zuvor vergeblich gesägt hatten, weil er zu ihren Ideen zur Zukunft des Fechtclubs nicht passte, sagen Insider, die dies auch mit schriftlichen Unterlagen belegen.
Letztlich ist der angebliche Überfall bis heute weder bewiesen noch widerlegt. Doch darum rankten sich immer neue Details, die ein hässliches Bild zeichneten. Aus Emil Becks früherer „Goldschmiede“ war ein Intrigen-Sumpf geworden, in dem ein Gerücht das andere jagte und es bisweilen mehr um das interne Gegeneinander als um das Miteinander im Sport ging.
Als Trainer T. resigniert seinen Kampf gegen die Kündigung aufgab, wurde es wieder still an der Tauber. Die Vereinsoberen bemühen sich um eine Neuausrichtung. „Die müssen doch sehen, wie es für das Fechtzentrum eine Zukunft gibt,“ mahnt ein einflussreicher Politiker, der dabei im Hintergrund mitwirkt. „Das ist alles im Laufen,“ versichert er. Man sei dabei, Strukturen anzupassen und sich ein neues Leitbild zu erarbeiten.
Auch Marketingchefin König geht
Der frühere Weltklasseturner Eberhard Gienger soll künftig im Vorstand der Stiftung helfen. Zur Umstrukturierung gehört offenbar die Entmachtung der selbstbewussten Marketingchefin König – ein Schritt, den bereits vor Monaten eine interne Untersuchungskommission in ihrem Abschlussbericht vorgeschlagen hatte. Als in den vergangenen Tagen massive Anfragen von Journalisten zu ihrer Kündigung kamen, ging König am Mittwoch mit einer Erklärung in die Offensive. Sie bestätigte, dass ihr Vertrag Ende Dezember beendet werde. Als Hauptgrund nannte sie „geplante Strukturveränderungen in den nächsten Monaten.“ Die Vereinsspitze, in einer Stiftung organisiert, habe betont, man habe „die Zusammenarbeit mit mir als Geschäftsführerin sehr geschätzt,“ beton sie auf Anfrage. „Das kann ich von meiner Seite ebenso bestätigen.“
Die SMT – Mittler zwischen Sportlern und Sponsoren, aber schon zu Becks Zeiten ein Quell der Unruhe – soll wieder direkt an den Verein angedockt werden. In Gesprächen sei König jetzt deutlich geworden, „dass der FC Tauberbischofsheim eine andere strategische Sichtweise hat als ich,“ heißt es in ihrer Erklärung.