96 Länderspiele hat Carlos Prieto für Spanien bestritten, 2008 in Peking die olympische Bronzemedaille und dreimal die Champions League gewonnen. Das bislang letzte Mal auf einem Handballfeld stand der Kreisläufer an einem warmen März-Samstag, als er mit dem TSV Lohr das Bayernliga-Spiel bei der zweiten Mannschaft des TuS Fürstenfeldbruck mit 31:25 gewann.
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Dann brach die Corona-Epidemie aus und brachte jeglichen Sport hierzulande zum Erliegen. Da könnte einem 40-jährigen Sportler wie Prieto auch der Gedanke kommen, dass es das war mit dem aktiven Handballsport. Doch der 2,03 Meter große Hüne hat die Hoffnung auf eine Rückkehr aufs Spielfeld nicht aufgegeben: "Wir kriegen individuelle Trainingspläne. Ich konzentriere mich drauf, dass ich fit bleibe und bereit bin." Freilich betont er: "Wichtig ist erst einmal die Gesundheit. Das andere kommt dann Schritt für Schritt. Wir müssen optimistisch, aber auch realistisch sein."
Gegenwärtig unterliegt der mit seiner Familie im mittelhessischen Dutenhofen lebende Prieto natürlich ebenso den verhängten Kontaktbeschränkungen wie andere Menschen auch. Doch untätig ist er deshalb nicht. Zum einen ist er Repräsentant der Spielergewerkschaft "Goal", zum anderen hat er die NGO "share and play" gegründet, die an Schulen bei Kindern für Sport und gesunde Ernährung wirbt sowie Profis auf ihr Leben nach der Handballkarriere vorbereitet.
"Im Augenblick kann ich mit meiner gemeinnützigen Organisation nicht viel machen. Die Schulen sind ja zu, die Kinder zu Hause. Ich habe aber trotzdem viel zu tun gehabt, Aktionen der Organisation für EU-Projekte im nächsten Jahr anzumelden", berichtet Prieto. Viel Papierkram sei das gewesen.
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Natürlich hält der 40-Jährige, der unter anderem für den FC Barcelona, Ciudad Real, die Rhein-Neckar Löwen und zum Ende seiner Profi-Karriere für die HSG Wetzlar spielte, auch intensiven Kontakt in seine spanischen Heimat. Prieto stammt aus Merida in der dünn besiedelten Extremadura im Südwesten des Landes, die von Corona nicht ganz so schwer getroffen ist wie Ballungsräume mit den Metropolen Madrid und Barcelona.
Trotzdem seien die Verhältnisse wesentlich schwieriger als in Deutschland: "Da ist die Lage ganz anders als hier. Die Einschränkungen sind viel, viel größer. Leute dürfen nur allein zum Einkaufen und nicht zum Laufen oder raus mit dem Rad in den Wald", berichtet Prieto.
Die Heimat von Carlos Prieto: Merida in der Provinz Extremadura
Zwar hofft er darauf, in den Sommermonaten seine Familie in der Heimat besuchen zu können. Doch ob das etwas wird, weiß er noch nicht: "Du kannst fliegen oder mit dem Auto fahren. Und dann weißt du nicht, ob du auch zurückkommst", macht er darauf aufmerksam, dass derzeit immer die Gefahr von Streichung von Flügen oder Grenzschließungen bestehe. "Außerdem sind unsere Eltern schon älter, da muss man auch vorsichtig sein", gibt er zu bedenken.
Ein Glücksgriff
Auch mit seinen Lohrer Teamkollegen hat er derzeit keinen persönlichen Kontakt: "Wir tauschen uns über WhatsApp aus", berichtet Prieto, der im Sommer 2019 zum TSV gewechselt und der die rund 120 Kilometer von seinem hessischen Wohnort zu Trainingseinheiten und Spielen gependelt war. Trotz dieses Aufwands und des Umstands, dass Prieto aufgrund beruflicher Verpflichtungen bei den Übungseinheiten noch immer anwesend sein konnte, wurde der Spanier für den TSV Lohr zum Glücksgriff. Der Routinier gab mit seinem klugen Spiel in der Defensive jüngeren Akteuren Halt und leistete auch mit großer sozialer Kompetenz einen Beitrag dazu, dass das Team nach zwei Jahren des Abstiegskampfes die nun abgebrochene Bayernliga-Runde auf Rang vier abschloss.
So kann sich Prieto auch noch ein weiteres Jahr in Lohr vorstellen: "Es hat mir sehr gut gefallen. Ich möchte dem Verein helfen, und wir sind in gutem Kontakt. Aber wir müssen aber abwarten." Schließlich weiß noch keiner, ob die Lohrer nach der Coronakrise noch in der Lage sind, ein Engagement des dreimaligen Champions-League-Siegers zu finanzieren. Doch Carlos Prieto ist guter Hoffnung, dass sein Auftritt in der oberbayerischen Kreisstadt Fürstenfeldbruck nicht sein letztes Handballspiel gewesen ist.