Für den TSV Karlburg ist die erste Halbserie in der Fußball-Bayernliga vorbei. Mit 18 Punkten und Nichtabstiegsplatz 13 steht der Vorletzte der Abbruchsaison 2019/21 besser da, als viele ihm das vorher zugetraut hatten. Zur sportlichen Zwischenzeugniszeit vor dem ersten Rückrundenspiel an diesem Samstag, 23. Oktober, zuhause gegen den SV Seligenporten (Anstoß 14 Uhr) finden Sie hier die Einträge aus dem (natürlich imaginären) Karlburger Klassenbuch.
Leistungsstand vor dem "Schuljahr"
Akut versetzungsgefährdet! So sahen viele das TSV-Team, das in seiner ersten Bayernliga-Saison von 2019 bis 2021 nur mit einigem Glück dem Abstieg entgangen war. Das begann damit, dass es durch den Rückzug des U-23-Teams des FC Würzburger Kickers nur einen Direktabsteiger gab und mit Viktoria Kahl eine Mannschaft in der Klasse spielte, die nach dem durch die Corona-Pandemie bedingten Rundenabbruch einen Punktschnitt auswies, der noch unter dem bescheidenen Karlburger Wert von 0,56 lag. Durch den Abbruch entfielen dann auch noch für Karlburg und die anderen auf den Relegationsplätzen liegenden Teams die Entscheidungsspiele, die über Auf- und Abstieg entschieden hätten. All dies bescherte dem TSV-Team einen höchst glücklichen Erhalt der Bayernliga. Und da zur aktuellen Saison überwiegend Nachwuchskräfte und Fußballer aus unteren Klassen zum TSV stießen, war Skepsis vielerorts groß, ob die Mannschaft von Trainer Markus Köhler ihr Klassenziel wieder würde erreichen können.
Arbeitseinstellung
Kein Zweifel: Die Tabelle lügt nicht, Karlburg hat nach nun 17 absolvierten Partien bereits vier Punkte mehr auf dem Konto als in den 25 Spielen in der Abbruchsaison. Und auch spielerisch hat sich das Team verbessert. "Mit harter Arbeit", wie der seit 2019 amtierende Trainer Köhler klarmacht. Zwar liegt das Hauptaugenmerk weiter auf der Defensivarbeit, doch anders als in der Premierensaison, als oft lang nach vorne geschlagene Bälle wie von einer Gummiwand in die Karlburger Spielhälfte zurückprallten, findet das Team nun zunehmend auch spielerische Lösungen, wenn es um den eigenen Spielaufbau geht. Die Spieler sind offenbar lernfähig.
Musterschüler
Als Jan Wabnitz 2015 aus dem Nachwuchs von Viktoria Aschaffenburg nach Karlburg gekommen ist, war er ein fußballerisch begabtes Talent. Weil der nur 1,72 Meter großer Linksfuß sich aber in jungen Jahren schwer tat, sich im Mittelfeld zu behaupten, spielte er häufig als Außenverteidiger. Doch in dieser Saison ist der nunmehr 24-Jährige zum Leistungsträger im zentralen Mittelfeld aufgestiegen, körperlich robuster geworden, ein kluger Einfädler von Offensivaktionen und ein wirkungsvoller Balleroberer.
Ein weiterer Aufsteiger ist Torwart Marvin Fischer-Vallecilla, der, als er 2019 aus Rimpar gekommen ist, bereits ein reaktionsschneller Schlussmann war, aber seine Probleme hatte, wenn er in den Spielaufbau eingebunden wurde. Mittlerweile ist der 22-Jährige im Passspiel wesentlich sicherer geworden und bewahrt auch die Ruhe, wenn ihn gegnerische Angreifer anlaufen.
Und nicht zuletzt ist da Sebastian Fries: Zwar ist der 28-jährige Ex-Profi sicher schon über den Höhepunkt seines sportlichen Schaffens hinaus. Doch fürs Team ist der spielende Co-Trainer, der bisweilen lange Zeit klaglos gegen den Ball arbeitet, ohne das Spielgerät selbst einmal am Fußball zu haben, ungemein wichtig. Sollte auf einer Defensivposition ein Teamkollege ausfallen, übernimmt Fries dessen Part sofort, um ein Gegentor verhindern.
Soziales Miteinander
"Positiv an der Mannschaft sind die Mentalität und der Zusammenhalt", versichert Markus Köhler. Nach Siegen, wie beim 1:0 beim damaligen Spitzenreiter FC Eintracht Bamberg, als es anschließend in die Brauerei nach Arnstein ging, fällt das Feiern ja immer leicht. Schwieriger wird's, wenn es mal nicht läuft. Um nach Rückschlägen wieder in die Spur zu kommen, hilft Köhlers eher sachliche Art in der Ansprache und die soziale Kompetenz eines Sebastian Fries, der gerade weniger gelungene Begegnungen mit jüngeren Teamkollegen unmittelbar nach Abpfiff auf dem Spielfeld nachbespricht. Pädagogische Kompetenz besitzt der Lehrer ja qua Beruf, und da eines seiner Fächer Katholische Religionslehre ist, weiß er auch, dass die Vergebung von Fehlern eine wichtige Sache sein kann.
Mathematik
Wer mit 18 Punkten nach Ende der Hinrunde auf einem Nichtabstiegsplatz steht, dem sollten am Ende 36 Zähler reichen, oder? "Nein", sagt Trainer, "ich gehe davon aus, dass wir mindestens 40 Punkte brauchen." Er könne so viel passieren: "Eine Mannschaft, die hinter uns steht, spielt eine Rückrunde mit 26 Punkten." Oder Teams, die im gesicherten Mittelfeld stehen, fahren die letzten sieben Spiele mit halben A-Jugend-Mannschaften durch die Gegend und lassen Abstiegskandidaten unverhofft zu Punkten kommen. Doch Markus Köhler ist ohnehin kein Freund von Punkte-Hochrechnungen und hat deshalb auch keine Vorgaben gemacht, wie viele Zähler sein Team bis Weihnachten einfahren soll.
Die Defizite
Eines hat sich seit der Abbruchsaison nicht geändert: Karlburg erzielt zu wenig Tore, es waren in 17 Partien bisher nur 14 Treffer. Zwar verfügt der TSV über zahlreiche bewegliche Offensivkräfte, der klassische Knipser ist jedoch nicht dabei. Ferner tut sich die Mannschaft schwer, wenn sie selbst das Spiel machen muss, was sich dadurch dokumentiert, dass sie alle drei Saisonsiege auf fremden Plätzen geholt und zu Hause ihren letzten Bayernliga-Erfolg am 5. Oktober 2019 gefeiert hat. Besonders in der Zeit bis zur Winterpause wird Köhlers Team verstärkt selbst die Initiative ergreifen müssen, denn in diesem Jahr geht es ausschließlich nur noch gegen direkte Konkurrenz aus der unteren Tabellenhälfte.
Die Perspektiven
Angesichts von vier Punkten Vorsprung auf den Relegationsplatz sind die Chancen, auf den direkten Klassenerhalt weiter gut. Das bleiben sie allerdings nur, wenn der TSV in den nächsten Wochen, in denen es bis Ende November gegen drei hinter ihm platzierte Teams geht, gelingt, das Punktepolster zumindest zu behaupten.