Der Coup war dem FC Geesdorf gelungen, als er vor einem Jahr seinen neuen Trainer vorstellte: Jannik Feidel, damals 23 Jahre jung und zuvor nicht als Coach einer Aktivenmannschaft in Erscheinung getreten. Damit hatte niemand gerechnet, und in Geesdorf waren sie stolz, die Fachwelt mal wieder überrascht zu haben mit ihren unkonventionellen Lösungen. Auch der vormalige Trainer Hassan Rmeithi war bei seinem Einstieg kaum älter als Feidel. Mit dem Unterschied, dass er die Mannschaft in der Kreisliga übernahm und sie zu einem Landesligisten entwickelte. Feidel ist im vergangenen Sommer angetreten, dieses Werk fortzuführen. Wie interpretiert er seine Rolle als junger Trainer? Was denkt er über die von Felix Magath angestoßene Taktik-Debatte? Und: Wie geht er damit um, dass sein Bruder mit ihm gemeinsam auf dem Feld steht?
Jannik Feidel: Sicherlich braucht es dafür ein ordentliches Maß an Selbstvertrauen. Aber ich hatte zuvor schon mit der U 23 der Würzburger Kickers Erfahrung gesammelt und dort Gelegenheit, ein Jahr den Fußball-Lehrer Rainer Zietsch zu begleiten. Deshalb habe ich mir den Schritt letztlich zugetraut.
Feidel: Als der Anruf kam, haben wir uns getroffen; danach ging alles recht schnell.
Feidel: Im Fußball kann man immer scheitern, so schnelllebig wie das Geschäft ist – dessen war ich mir schon bewusst. Aber ich bin meine Aufgabe mit viel Selbstvertrauen angegangen, und der Verein hat mich bestmöglich unterstützt.
Feidel: Geesdorf ist acht Jahre zuvor einen ähnlichen Weg gegangen. Hassan (Rmeithi) war 24 Jahre, als er als Spielertrainer begonnen hat. Ich war nur ein halbes Jahr jünger – in einer anderen Klasse zwar. Aber die Philosophie des Vereins passte zu mir und zu meiner Person als jungem Trainer. Schließlich ging es ja darum, als Verein wieder für junge Spieler attraktiv zu sein.
Feidel: Ich sehe das nicht so kompliziert. Wo ein Wille ist, da gibt es auch einen Weg, Beruf und Fußball miteinander zu verknüpfen. Ich denke, es wird auch dann noch funktionieren, wenn ich als Lehrer mal verbeamtet bin. Der Fußball begleitet mich mein ganzes Leben. Ich bin mit 13 Jahren auf ein Sportgymnasium gewechselt, habe vier Jahre dort verbracht. Da ist es doch logisch, dass man im Fußball weiterdenkt.
Feidel: Fürs Pädagogikstudium habe ich mich schon bewusst entschieden, weil es gut zum Traineramt passt. Ich will aber nicht ausschließen, irgendwann – nach Abschluss meines Studiums – in einem Profiverein eine Jugendmannschaft zu trainieren, sollte sich eine Möglichkeit dafür ergeben. Das wäre schon noch mal ein interessanter Schritt in den nächsten Jahren und wohl auch mit dem Beruf zu vereinbaren.
Feidel: Das liegt ein bisschen in der Familie. Mein Papa hat selbst Fußball gespielt – und der Ball war für mich schon als Baby das einzige Spielgerät, wie man auf Fotos sieht. Deshalb war es naheliegend, mich als kleinen Jungen in einen Verein zu stecken. Man wächst natürlich auch ins Vereinsleben hinein.
Feidel: Er ist sehr ehrgeizig und hat mir das auch immer vorgelebt. Andererseits steht er für sein Wort ein und hält sich daran. Mit jungen Spielern geht er immer fair um. Er gibt jedem seine Chance. Das ist etwas, was ich zu schätzen gelernt habe. Man sieht, dass man mit dieser Art Erfolg generieren kann.
Feidel: Rumänien ist der Geburtsort meines Vaters, und der Gedanke war, mir gewisse Optionen offenzuhalten. Mein Bruder machte mal einen Lehrgang in der rumänischen U19-Nationalmannschaft. Das wäre auch eine Möglichkeit für mich gewesen, hätte ich hier in der A-Jugend höher als in der Landesliga gespielt. So wurde daraus nichts.
Feidel: In Würzburg. Unsere Familie hat auch noch Verwandtschaft in Rumänien. Es ist aber nicht so, dass wir zu Hause rumänisch miteinander reden.
Feidel: Es stimmt, der Kontakt zum Verein ist über ihn entstanden. Und wir haben das zu Hause auch besprochen. Hätte er damals gesagt, dass er das nicht möchte, wäre das Engagement gar nicht erst zustande gekommen. Wir tauschen uns intensiv aus, dadurch dass wir beide auch noch zu Hause wohnen. Aber auf dem Sportplatz, im Training, im Spiel, ist mein Bruder für mich ein Spieler wie jeder andere.
Feidel: Zu 90 Prozent geht das. Man muss als Trainer ja versuchen, neutral bleiben. Natürlich gibt es manchmal Diskussionen, die dann auch zu Hause weitergeführt werden. Aber in den allermeisten Fällen steht die Sache im Vordergrund. Das weiß er, das weiß ich. Da muss man sein Ego mal kurz hintanstellen. Bisher klappt das wirklich gut.
Feidel: Nein, es ist klar geregelt, was seine Aufgaben sind. Und er gehörte schon in der vergangenen Saison zur Stammbesetzung als groß gewachsener Innenverteidiger. Deshalb gibt es nichts, was von seiner Seite verlangt würde. Es ist umgekehrt eher so, dass ich ihn noch mehr fordern will und ihn gelegentlich stärker kritisiere als andere.
Feidel: Die Situation gibt es ja schon einmal in Geesdorf. Mit Stefan und Simon Weiglein haben wir hier eines der bekanntesten Fußball-Brüderpaare der Region. Natürlich wünsche ich mir, dass der eigene Bruder mit Nachdruck hinter mir steht. Aber ich habe wenig Probleme damit, ihn bei einer sportlichen Entscheidung zu kritisieren – genau, wie er kein Problem damit hat, die Kritik anzunehmen. Ich bin sowieso jemand, der als Trainer viel mit dem einzelnen Spieler redet. Wenn ich eine Entscheidung treffe, muss ich sie erklären können. Das ist mein Verständnis und meine Art zu arbeiten.
Feidel: Von fehlender Autorität habe ich noch nichts gespürt. Mehr erklären muss ich auch nicht. Es ist ja allgemein so, dass von jungen Spielern viel hinterfragt und nicht mehr alles hingenommen wird, wie es noch vor einigen Jahren war. Man sieht mehr, man liest mehr, was auch an den sozialen Medien liegt. Ich gehöre auch zu denen, die vieles wissen wollen. Es gibt andererseits immer Punkte, die ein Spieler anders sieht. Letztlich trage ich als Trainer die Verantwortung, also muss ich entscheiden – manchmal intuitiv oder situativ, manchmal ohne dass groß diskutiert wird. Diese Autorität muss ein Trainer auch ausstrahlen.
Feidel: Um es klar zu sagen: für Ballbesitzfußball und für aggressives Umschalten.
Feidel: Extrem wichtig. Jeder Trainer braucht ein System und einen Matchplan. Nur daraus kann er eine Handschrift entwickeln und seiner Mannschaft ein unverwechselbares Gesicht geben.
Feidel: Ich denke, ich weiß, worauf er hinaus will, und kann ihn auch verstehen: Nur in Systemen zu denken und den Fußballer in ein Schema zu pressen, das funktioniert nicht. Dazu ist der Fußball zu schnelllebig und zu unberechenbar.
Feidel: Situationen lassen sich nicht so exakt definieren, wie sie sich dann auf dem Platz ergeben. Das Entscheidende für mich ist: Viele Handlungsweisen kann ich den Jungs mitgeben, viele taktische Möglichkeiten, so dass sie bestmöglich auf dem Feld agieren und reagieren können. Aber die Freiheit, von der der Fußball auch lebt, darf man nicht zu sehr beschneiden. Erst aus den starren Mustern auszubrechen birgt doch die entscheidenden Momente. Fußball ist nicht nur Schablone – darin gebe ich Felix Magath Recht.
Feidel: Nein, nein (lacht). Ich bin gerade sehr zufrieden mit dem, was ich mache.