Jörg Ammon ist Präsident des Bayerischen Landessportbunds (BLSV).Er ist sozusagen der Chef aller in Bayern aktiven Sportler, denn der BLSV vereint alle Fachverbände im Freistaat unter seinem Dach. Ein Ehrenamt, das der Nürnberger seit 2018 ausführt. Außerdem ist er Sprecher aller deutschen Landessportbünde und in dieser Funktion auch an der Suche des neuen Präsidenten des Deutschen Olympischen Sportbunds (DOSB) beteiligt.
Er würde gerne bei der Mitgliederversammlung des DOSB am Sonntag zum Vizepräsidenten gewählt werden und damit eine Funktionärskarriere fortführen, wie sie im Buche steht. Doch genau jetzt hat Ammon eine Strafanzeige am Hals. Drei Präsidiumsmitglieder des BLSV haben ihn angezeigt, die Staatanwaltschaft ermittelt, und in einem offenen Brief fordert der Sportbeirat, dass der Präsident zunächst alle Ämter ruhen lässt. Fragen und Antworten zu einem im Sport nicht ganz untypischen Fall.
Was wird Ammon vorgeworfen?
Recherchen des Nachrichtenmagazins „Der Spiegel“ haben ergeben, dass Ammon bereits in seiner Zeit als Vizepräsident Finanzdienstleistungen für das Projekt „Matterhorn“ an die SMB GmbH vergeben hat. Dabei war die SMB GmbH bei der Ausschreibung nur der drittbeste Kandidat. Ammon, der auch als Steuerberater arbeitet, scheint jedoch gute Kontakte zu der erst kurz vor der Ausschreibung gegründeten Firma gehabt zu haben. 4,5 der neun Millionen Euro, die „Matterhorn“ kosten sollte, hat Ammon angeblich ohne Ausschreibung und möglicherweise falsch vergeben. Ammon selbst sagt, dass dafür keine Ausschreibung nötig wäre.
Was ist das Projekt "Matterhorn"?
Bei "Matterhorn" geht es um die Digitalisierung des BLSV und letztlich des gesamten Sports in Bayern. "Matterhorn" soll der Zettelwirtschaft ein Ende machen und digitale Anträge, beispielsweise für den Sportstätten-Neubau oder Ehrungen in Vereinen, ermöglichen, erklärt Günther Jackl, der Bezirksvorsitzende für Unterfranken im BLSV. Außerdem soll es Kreis- und Bezirksvorsitzenden die Arbeit erleichtern, indem Mitgliederzahlen oder die Zahl der Übungsleiter in Vereinen besser einsehbar sind. Die Digitalisierung war aber nur ein Teil des Projektes "Matterhorn". Intern wurde der gesamte Verband umstrukturiert.
Wie schätzt Jackl den BLSV-Präsidenten ein?
Zu den Forderungen des offenen Briefs des Sportbeirats möchte sich Jackl nicht äußern, solange er seine Kenntnisse nur aus der Presse hat. Er sei 2018 nicht ohne Grund aus dem Präsidium des BLSV ausgeschieden, sondern gerade wegen des Projekts „Matterhorn“. Denn das sah der Betriebsrat aus Ebelsbach (Lkr. Hassberge) von Beginn an kritisch. „Klar braucht man für IT-Dienstleistungen Berater, aber ich habe damals auf die Kosten hingewiesen.“ Dass sie so hoch seien, sei ihm aber nicht bekannt gewesen, sagt Jackl. Die Strafanzeige der Präsidiumsmitglieder sei insoweit nachvollziehbar, da diese persönlich haften. Um an die entsprechenden Unterlagen zu kommen, hätten diese auch bereits anwaltliche Hilfe ersucht, ehe die Papiere zur Verfügung gestellt wurden, berichtet Jackl.
Warum sind Sportverbände so anfällig für Machtmissbrauch?
Grundsätzlich, sagt Jackl, sei es schwierig mit ehrenamtlichen Strukturen einen Verband mit 4,5 Millionen Mitgliedern zu führen. Das funktioniere nur, wenn man als absoluter Teamplayer auftrete. Dass es in Sportverbänden immer wieder zu Intrigen und Machtmissbrauch kommt, stimmt Jackl traurig.
