Die linke Außenbahn ist sein Revier. Wenn er mit dem Ball am Fuß an seinem Gegenspieler vorbeizieht, ahnen Torhüter nicht selten, was auf sie zukommt. So war es in Augsfeld, so war es beim FC Sand und so ist es seit vergangenem Sommer in Trossenfurt. Thorsten Schlereth, beim Gegner gefürchtet wegen seines Antritts und seiner körperlichen Wucht, hat sich vor dieser Saison aus dem höherklasigen Fußball verabschiedet, spielt statt Bayernliga nun Kreisklasse.
Der Höhenflug des FC Augsfeld, gekrönt mit dem Aufstieg in die Landesliga in der Saison 2011/12, wäre ohne ihn wohl nicht so erfolgreich verlaufen. Der freiwillige Rückzug der Augsfelder führte die Fußball-Familie Schlereth, neben Thorsten auch Bruder Danny und später Vater Dieter, dann 2013 zum 1. FC Sand und ein Jahr später in die Bayernliga.
Sieben Spielzeiten wirbelte Thorsten Schlereth in Sand die Seitenlinien entlang, erzielte in fünf Jahren Bayernliga und 145 Spielen 18 Tore für die Korbmacher und bereitete unzählige vor. Nun also Trossenfurt, vier Spielklassen weiter unten, Fatschenbrunn und Unterschleichach statt Würzburg und Bamberg – aber immer noch linke Außenbahn und immer noch die Rückennummer sechs. Der freiwillige Abstieg eines Fußballers, der durchaus auch einen anderen Weg hätte einschlagen können. Hätte, weil Thorsten Schlereth 2010 ein Angebot des FC 05 Schweinfurt ausschlug.
"05-Trainer Frank Lerch wollte mich damals holen, mitten hinein kam aber der Trainerwechsel in Schweinfurt zu Klaus Scheer, und da war ich mir nicht sicher, ob der mich auch wollte", erinnert sich der Augsfelder an die Zeit, in der er dem FC Augsfeld beinahe den Rücken gekehrt hätte. Hätte, denn Schlereth blieb beim FCA, erlebte mit seinem Heimatverein kurz darauf die Höhen und die Tiefen.
"Ich bin jetzt 38, habe eine kleine Tochter, da sind mir sowohl drei Trainingseinheiten pro Woche als auch die Auswärtsfahrten quer durch Nordbayern einfach zu viel", begründete der Augsfelder im Mai letzten Jahres seinen Schritt in den Steigerwald. Außerdem wolle er "etwas Neues ausprobieren". Und das war dann eben Trossenfurt. Schlereths jahrelanger Freund Uli Loeper, Spielertrainer des Kreisklassisten und ehemaliger Mitspieler in Augsfeld, fädelte den "Deal" ein.
Mit seinem neuen Verein steht Schlereth in der Winterpause auf Platz eins in der Kreisklasse Schweinfurt 3. Vier Punkte Vorsprung hat der SC Trossenfurt-Tretzendorf auf Verfolger Obertheres/Dampfach II, die einzige Mannschaft, die den Steigerwäldern bislang eine Niederlage beibrachte. Neun der 39 erzielten Tore gehen auf Schlereths Konto, darunter der so wichtige Siegtreffer beim 3:2-Auswärtssieg in Fatschenbrunn.
"Ich hatte mir das schon alles ein wenig leichter vorgestellt", gibt der 39-Jährige zu. Ich dachte, ich komme dahin, mache mal schnell 15, 20 Tore. Aber auch in der Kreisklasse musst du fit sein, um Leistung zu bringen." Und an der Fitness hapere es ein wenig bei ihm, denn "ich habe keine Lust mehr zu joggen" – zumindest nicht in der Winterpause.
"Es hat schon ein wenig gedauert, bis mich mich an die Kreisklasse gewöhnt hatte. Du hast andere Mitspieler, andere Gegenspieler, natürlich auch eine andere Geschwindigkeit. Auch das taktische Verhalten wird in der Bayernliga natürlich ganz anders trainiert", macht der Offensivspieler den wohl größten Unterschied zwischen Sand und Trossenfurt klar.
Dass die Gegenspieler ihm aufgrund seiner fußballerischen Vergangenheit mit Respekt begegnen, weiß Schlereth. Aber auch, dass sie dabei nicht in Ehrfurcht erstarren. "Ich lasse mir den Bayernliga-Spieler aber auch nicht raushängen", trägt er wie alle anderen auch die Tore auf den Platz und pumpt die Bälle auf.
Die Aufregung ist immer noch da
Der Enddreißiger ist trotz jahrelanger Erfahrung "vor dem Anpfiff in Trossenfurt noch genau so aufgeregt wie in den Jahren in Sand, was ich selbst nicht verstehe. Ob da jetzt der TV Haßfurt als Gegner kommt oder Bayern Hof – das Lampenfieber, aber auch die Freude ist immer noch die gleiche", zeigt sich der Antialkoholiker selbst ein wenig überrascht, dass sich das mit zunehmendem Alter nicht gelegt hat.
"In Sand musste ich jedes Mal an meine Leistungsgrenze oder darüber hinaus gehen, um mithalten zu können", weiß Schlereth, dass diese körperliche Beanspruchung vier Ligen weiter unten nicht mehr unbedingt nötig ist. "Da kann ich mich auch mal zwischendurch ausruhen." Und den jüngeren Spielern auch mal den einen oder anderen Tipp geben.
Denn natürlich greifen die Mitspieler auf seine Erfahrung zurück, auch wenn er offiziell nur als Spieler gelistet ist. "Wenn ich um Rat gefragt werde, helfe ich natürlich", gibt der Industriemechaniker sein fußballerisches Wissen auch regelmäßig weiter.
Thorsten Schlereth fühlt sich in Trossenfurt wohl und sich selbst auch ohne winterliche Joggingrunden immer noch topfit. Fit genug, um noch eine weitere Saison dranzuhängen. Vielleicht dann ja wieder in der Kreisliga: der Klasse, in der vor 20 Jahren in Augsfeld alles begann.