Die Rückkehr zum FC Sand stellt für den Haßfurter Dieter Schlereth eine Herzensangelegenheit dar. Als ehemaliger Spieler und Jugendtrainer verbrachte Schlereth eine lange Zeit bei den Korbmachern. Im Interview spricht der 56-Jährige über die Sander Chancen in der kommenden Spielzeit.
Frage: Durch Ihren Wechsel bekommen Danny und Thorsten Schlereth ihren Vater als Trainer. Bricht nun Chaos oder eher Begeisterung zu Hause am Küchentisch aus?
Dieter Schlereth: Die beiden kennen mich ja als Trainer, da ich sie jahrelang in der Jugend und beim FC Augsfeld trainiert habe. Von daher ist es nichts Neues. Gerade für Thorsten, der sich im Herbst seiner Karriere befindet, ist es vielleicht noch mal ein Ansporn, von seinem Vater trainiert zu werden. Was genau die beiden darüber denken, weiß ich auch nicht.
Wie wird im Hause Schlereth Fußball gelebt? Gibt es da große Unterschiede zwischen Ihnen und Ihren Söhnen?
Schlereth: Fußball besitzt bei uns in der Familie allerhöchste Priorität. Thorsten war gerade mal sechs Jahre alt, da war ich sein erster Trainer in der Jugend beim FC Sand. Fußball wird bei uns immer großgeschrieben. Auch in Augsfeld hatten wir eine gemeinsame Zeit. Seit ich in meiner Jugend mit dem Fußballspielen angefangen habe, gibt es nichts anderes in meinem Leben. Mit dem Alter sei ich etwas ruhiger geworden – so wird es mir zumindest gesagt, ich bin da anderer Meinung (lacht).
Und wie kommt Ihre Frau damit klar?
Schlereth: Meine Frau unterstützt uns Männer, wo sie nur kann. Ich war 16, sie 13 Jahre alt, als wir uns kennengelernt haben. Damals spielte ich in der Jugendmannschaft des FC Haßfurt. Von Anfang an war klar, dass Fußball unser Leben bestimmt. Meine Frau steht voll dahinter, sonst würde das Ganze gar nicht funktionieren. Fußball ist die Leidenschaft von uns allen.
Mit der SG Eltmann sind Sie in der abgelaufenen Spielzeit auf Platz 10 in der Kreisliga II gelandet. Warum sind gerade Sie der ideale Mann für den FC Sand?
Schlereth: Ob ich der ideale Trainer bin, weiß ich nicht. Ich habe eine lange Zeit beim FC Sand genießen dürfen, kenne viele der aktuellen Spieler und kann mit ihnen umgehen. Ich habe fast meine komplette aktive Karriere beim FC Sand verbracht. Mit 22 Jahren bin ich zum FC Sand gewechselt, habe über 300 Pflichtspiele für den Verein absolviert und blieb auch ungefähr elf Jahre in Sand. Als „Auswärtiger“ war ich mit am längsten beim FC Sand. Ich habe die Jugend trainiert, kenne viele Verantwortliche und Fans – die Verbundenheit ist tief und ich kann mich mit dem Verein identifizieren. Back to the roots – sozusagen.
Wie nahmen die Verantwortlichen in Eltmann die Entscheidung auf?
Schlereth: Ich habe sofort mit den Verantwortlichen gesprochen und erklärt, dass ich das Angebot aus Sand gerne annehmen möchte. Die Einstellung der Spieler in der Bayernliga ist verglichen mit der Kreisliga einfach etwas disziplinierter. Ich hoffe, dass mir das die Arbeit als Trainer erleichtert.
Joe Bechmann kritisierte öffentlich, dass der Verein versuche mit minimalstem Aufwand die Klasse zu halten. Zwei Trainingseinheiten pro Woche seien ihm zu wenig auf diesem Niveau. Allgemein fehle es an Professionalität. Ist der FC Sand überhaupt bayernligatauglich?
Schlereth: Ich finde, dass das eine ganz unglückliche Aussage ist. Als Joe beim FC Schweinfurt 05 gespielt hat, war die finanzielle Ausgestaltung vielleicht auch anders. In der Vorbereitung trainieren wir fast täglich, während der Saison zwei Mal pro Woche, je nach Bedarf auch ein drittes Mal – mehr geht nicht. Wir sind Vollblutamateure. Ich muss den Spielern nach dieser anstrengenden Relegation auch eine Pause geben, viele haben Familie, sind Schichtarbeiter und andere studieren. Wenn man das berücksichtigt, ist diese Aussage einfach unberechtigt. Die Verantwortlichen geben alles, seit über 30 Jahren ist der FC Sand die Nummer eins im Landkreis – ich glaube da wird vieles richtig gemacht. Wenn mehr Geld da wäre, würden wir natürlich auch gerne professioneller arbeiten. Mit den gegebenen Mitteln müssen wir einfach auskommen. Der Verein kann nicht mehr ausgeben, als er hat.
Wie schätzen Sie den Sander Kader ein? Wo werden sie bei der Mannschaft ansetzen und wo sehen Sie besonderen Verbesserungsbedarf?
Schlereth: Es ist verdammt schwierig. Die Vorbereitung ist sehr kompliziert, da die Spieler bedingt durch die Relegation kaum Zeit zur Regeneration hatten. Hinzu kommt, dass ich eine vollkommen neue Mannschaft vorfinde, die ich nach zwei Wochen im Training noch nicht gut genug einschätzen kann. Wir haben schon viele Spieler gefragt, einige trauen sich nicht, andere sind zu bequem. Wir sind froh über die bisherigen Neuzugänge, aber natürlich versuchen wir uns noch zu verstärken. Die finanziellen Möglichkeiten lassen allerdings keine Wahnsinnstransfers zu. Ich würde auch gern einen Ribéry nehmen, der vielleicht jetzt bei Bayern auf der Bank sitzt, aber das ist einfach utopisch. Wir müssen realistisch bleiben und das Beste aus der schwierigen Situation machen.
Abgesehen von der Relegation zeigte der FC Sand eine schwache Leistung. Die katastrophale Chancenverwertung war die größte Schwäche. Auch das Gegenpressing ließ oft zu wünschen übrig. Wie lautet Ihre taktische Marschroute, damit die Fehler aus der letzten Saison der Vergangenheit angehören? Mit welchem System?
Schlereth: 39 Tore sind natürlich zu wenig, da ist noch viel Luft nach oben. Die Konstellation ist kompliziert, ich muss die komplette Abwehr neu aufbauen. André Karmann wird zum Beispiel in die Abwehr gehen. Der FC Sand spielte in der letzten Saison mit einem 4-2-3-1 und ich werde nicht das komplette System auf den Kopf stellen. Selbstverständlich kann sich das von Spiel zu Spiel ändern, so dass wir hinten auch mal mit einer 3er oder 5er Kette spielen. Wir wollen flexibel sein und passen unser Spiel dem Gegner an. Ich sag mir immer: Lieber 5:3 als 1:0 gewinnen. Allerdings können wir in dieser Saison unter diesen Bedingungen keinen Hauruck-Fußball spielen. Ich bin Realist. Wir werden erst mal hinten gut und tief stehen und dann durch schnelles Umschaltspiel und Konter unsere Chance zu suchen. Wir wollen wie Mexiko spielen und die Favoriten ärgern (lacht).
Gerade die Abgänge von Stefan Nöthling, Florian Gundelsheimer, Simon Mai und Manuel Müller schmerzen sehr, waren diese doch Stammkräfte im Sander Kader. Sind solche Leistungsträger mit den Ihnen zur Verfügung gestellten Mitteln überhaupt zu ersetzen?
Schlereth: Ich war schon etwas geschockt, dass so viele Spieler dem FC Sand den Rücken zukehren. Diese absoluten Stammspieler kann man nicht ersetzen. Die jetzt nachkommenden Jugendspieler sind zwar talentiert, brauchen aber noch viel Zeit, um auf dieses Level zu kommen. Mittel- und langfristig wollen wir auf junge Talente setzen, auch wenn diese Arbeit erst in ein paar Jahren Früchte tragen wird.
In der Offensive wurde bereits zugeschlagen: Mit Philipp Markof vom TV Königsberg konnte der Verein den mit 20 Treffern viertbesten Angreifer der Kreisliga verpflichten. Was erwarten Sie sich von Markof?
Schlereth: Philipp ist junger Fußballer, der sich auch erst mal an das höhere Niveau in der Bayernliga gewöhnen muss. Allerdings bin ich froh, dass er das Risiko eingeht und sich der Herausforderung stellt. Es ist nicht selbstverständlich, dass ein regionales Talent wie er diesen Schritt geht. Er weiß selbst, dass das ein riesiger Sprung für ihn ist. Egal was dabei rauskommt, von so einer Möglichkeit kann er nur profitieren.
Man hört immer wieder, wie wichtig Ihnen Jugendförderung ist. Aus den A-Junioren stoßen Kevin Moser und Simon Flachsenberger in den Bayernliga-Kader. Beide sind gerade mal 18 Jahre alt. Sind die beiden sowohl psychisch als auch physisch reif genug, um sich langfristig durchzusetzen?
Schlereth: Alle Jugendspieler weisen jede Menge Potenzial auf, was ein 18-Jähriger daraus macht, liegt zum Teil auch in seiner Verantwortung. Oft ist es problematisch, weil sich die Spieler einfach nicht mehr die Zeit nehmen. Ich versuche die Jungs so gut wie es geht zu unterstützen, was daraus wird, kann ich jetzt noch nicht einschätzen. Ich achte auf Disziplin, lege aber auch sehr viel Wert auf Kameradschaft. Besonders bei Jugendspielern achte ich darauf, dass die Jungs bodenständig bleiben.