Markus Wlacil, der Sportvorstand des FC Haßfurt, ist sauer. Sauer auf den Bayerischen Fußball-Verband (BFV), sauer auf die Politik und natürlich sauer auf das Coronavirus. Diese drei verhindern aller Voraussicht nach den Aufstieg des Kreisstadt-Vereins in die Bezirksliga. Das Virus, weil es das sportliche Leben seit nunmehr gut einem Jahr ausbremst. Die Politik, die den Amateursport untersagt. Der BFV, der nun mit der Quotientenregel dafür sorgen könnte, dass der FC Haßfurt nicht wie geplant von der Kreis- in die Bezirksliga aufsteigt.
Statt den Haßfurtern ist die SG Stadtlauringen/Ballingshausen (Quotient 2,53) Nutznießer dieser Regelung, schiebt sich wohl am grünen Tisch von Platz zwei am FCH (2,45) vorbei an die Spitze. Gegen die SG gewann Haßfurt in der Hinrunde zwar noch mit 4:3, das Rückspiel wurde auf Wunsch der Haßfurter verlegt und bis heute nicht mehr ausgetragen. "Jetzt kann ich natürlich sagen, hätten wir da gespielt, wäre Platz eins vermutlich eine klare Angelegenheit gewesen", glaubt der Haßfurter Sportleiter, dass mit diesem "Endspiel" eine sportliche Entscheidung getroffen worden wäre.
Wlacil mag aber nicht verhehlen, dass der FC Haßfurt selbst eine große Teilschuld an dem nun existierenden Dilemma hat. "Unser Unentschieden in Oberschwappach, als wir in der 88. Minute das 1:1 hinnehmen mussten, bringt uns jetzt um den Ertrag", trauert Wlacil diesen zwei verlorenen Punkten nach. Die hätten den eigenen Quotienten deutlich angehoben, dem FC Haßfurt Platz eins und damit den Aufstieg beschert. "Das war quasi die letzte Aktion in diesem Spiel", erinnert sich der 55-Jährige nur ungern an den späten und nun fatalen Ausgleichstreffer der DJK.
Ein Brief an Rainer Koch
"Was soll ich jetzt davon halten?", antwortet Wlacil auf die Frage nach seiner Meinung zur vom Verband präsentierten Lösung, Meister und Aufsteiger über einen Quotienten zu ermitteln. Er hat nach wie die Hoffnung, dass die Saison sportlich zu Ende geführt wird, "auch wenn es sehr unwahrscheinlich ist. Aber man hört ja jeden Tag etwas anderes". Wlacil wollte, so seine Aussage bereits im August vergangenen Jahres, "den Zweikampf mit Verfolger Stadtlauringen auf dem Platz austragen", zumal das Rückspiel ja noch ausstünde. Und nun? "Stadtlauringen freut sich und ich werde der SG gratulieren. Wenn auch mit einem komischen Gefühl."
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Nachdem der Verband sich lange alle Möglichkeiten offen gehalten hatte, wäre es aus Wlacils Sicht nun das fairste, die Saison zu annullieren. "Was wäre daran verkehrt?", fragt er und will sich mit dieser Ansicht auch schriftlich an den BFV-Präsidenten Rainer Koch wenden. "Dann gäbe es keine Gewinner und keine Verlierer. Und wir könnten dann wieder anfangen, wenn wir auch planen können. Wir werden wohl auch nicht die Einzigen sein, die dem Verband das so mitteilen werden."
Bei der vom BFV geplanten Umfrage unter den bayerischen Vereinen wird der FC Haßfurt seine Bedenken, so Wlacil, auch genau so kundtun. "Warum soll ich meinen Unmut dann nicht äußern? Die Quotientenregel kann doch nicht die Lösung sein." Er glaubt nicht, dass das letzte Wort schon gesprochen ist. "Da werden sich viele Kollegen wehren."
Eine Möglichkeit nämlich hätte der BFV verpasst: "Warum wird die Saison nicht mit Hilfe von Schnelltests zu Ende geführt?", hat der Hofheimer auch Kreisspielleiter Gottfried Bindrim gefragt. Dessen Einwand, man könne den Vereinen diesen finanziellen Aufwand nicht zumuten, lässt Wlacil nicht gelten. "Die Zumutung einer Quotientenregel geht aber", klingt Wlacil recht ungehalten. Zumal diese Entscheidung den FC Haßfurt "in eine ganz andere Richtung führt".
Sein Verein habe natürlich schon in Richtung Bezirksliga geplant und mit potenziellen Neuzugängen verhandelt. Die nun aber wohl eher nicht an die Flutbrücke wechseln würden, glaubt der Bauleiter. Wlacil sieht aber – losgelöst von der Aufstiegsfrage – ein ganz anderes Problem: "Die Jungs wieder auf die Reihe zu kriegen, dass die wieder kicken wollen, das wird ein Problem. Es ist einfach zum Kotzen", glaubt der sportliche Leiter des FC Haßfurt, dass allein durch die lange Pause "viel kaputtgeht".
Für ihn stellt sich zudem die Frage, "wer vom aktuellen Kader zurückkommt und akzeptiert, dass das, was passiert ist, nicht mehr zu ändern ist. "Unterm Strich waren wir selbst schuld, weil wir die Ergebnisse – wie im Spiel gegen Aidhausen (1:1, Anm. der Redaktion) nicht mehr geliefert haben. Wer ist dann noch bereit, das zu investieren, was er bis dahin investiert hatte? Da wird man sehen, wer einen Arsch in der Hose hat und weiterhin Erfolg haben will", richtet Wlacil den Blick den Blick schon wieder nach vorne.
In einer ursprünglichen Version hieß es, dass die SG Stadtlauringen/Ballingshausen die Verlegung des Rückspiels beantragt hatte.
Wie will man dem Personal auf den Intensivstationen erklären, dass wir Fussballer noch schnell hunderte von Spielen nachholen wollen.
Den Frust von Herrn Wlacil kann ich nachvollziehen, aber weshalb sollte es fairer sein die Saison komplett zu annullieren? Dann hätte man ausschließlich Verlierer, wenn nicht mal die Tabellenführer nach Quotenregelung aufsteigen dürfen.
Es gibt für die Situation keine perfekte Lösung die alle zufrieden stellt. Aber die Quotenregelung kommt der Wahrheit einer leistungsgerechten Abbildung der Tabelle am nähesten.