Ich will nicht an den Schlauch, dann lasst mich lieber sterben." - Seit vier Tagen liegt die Frau gemeinsam mit ihrem Mann auf der Covid-Station der Main-Klinik in Ochsenfurt (Lkr. Würzburg). Beide sind über 80 und schwer an Corona erkrankt. Beide wurden bereits im Frühjahr zweifach geimpft. Aber der Impfschutz hat nachgelassen, auch weil beide Vorerkrankungen haben und Medikamente nehmen müssen, die ihre Immunabwehr schwächen. Der Mann leidet außerdem unter Demenz.
Wenn sich ihr Zustand weiter verschlechtern sollte, müssen sie auf die Intensivstation, sagt Stationsärztin Dr. Bernadette Wagner. In ihrer Patientenverfügung haben beiden 80-Jährigen eine invasive Beatmung ausgeschlossen. Bei der Visite erklärt Wagner der Patientin die Situation. Und sie fragt nach, ob sie ihre Entscheidung aufrecht erhält. Die Patientin bejaht. Und sagt, auch ihr Mann wolle nicht unnötig leiden.
Dem Außenstehenden gehen solche Gespräche unter die Haut. Für die Pflegekräfte sind sie inzwischen Alltag geworden.
"Die Pflegekräfte leisten mehr als das, was im Normalfall zu leisten möglich ist", sagt Bernadette Wagner. "Was man dabei oft nicht sieht, ist die hohe emotionale Belastung. Wir sind alle keine Maschinen." Katrin Hörlin ist froh, dass auch die Arbeit auf der Covid-Normalstation in den Fokus gerückt wird: "In Medien hört man immer nur von der Überlastung der Intensivstationen", sagt die Krankenpfegerin, "wir arbeiten auf der Normalstation ebenfalls am Limit und tun alles Mögliche, damit die Patienten nicht auf die Intensivstation müssen."
Katrin Hörlins Arbeitstag hat um sechs Uhr begonnen. Nach der Übergabe durch die Nachtschicht hat sie mit zwei Kolleginnen den ersten Durchgang durch die Station gemacht. Die sogenannten Vitalparameter der Patientinnen und Patienten werden überprüft, allem voran die Temperatur und die Sauerstoffsättigung im Blut. Vor jedem Betreten der Isolierstation wird neue Einweg-Schutzkleidung angelegt - Kittel, Haube, Handschuhe, FFP2-Maske. Nach jedem Patientenkontakt muss die Schutzkleidung erneuert werden.
Alle zwei Stunden gehen die Pflegekräfte durch die Zimmer, um frühzeitig erkennen zu können, wenn sich der Zustand eines Erkrankten verschlechtert. In der Zwischenzeit bleiben die Patientinnen und Patienten meist allein. "In der Isolation leiden die Menschen nochmal mehr", sagt Ärztin Bernadette Wagner. Aber durch die Schutzmaßnahmen, die jeder Kontakt erfordert, sei es nicht möglich, öfter bei ihnen zu sein.
Was Ärzte und Pflegekräfte zusätzlich belaste, sei die Hilflosigkeit gegenüber der Covid-Erkrankung, sagt Stationsleiterin Susanne Saemann. "Wir lindern die Symptome, können fiebersenkende Medikamente geben, Inhalation oder Sauerstoff, um dem Patienten das Atmen zu erleichtern", sagt sie. "Aber sonst haben wir gegen Covid nichts in der Hand."
Acht Patienten liegen an diesem Tag auf der Covid-Normalstation in der Main-Klinik, vier von ihnen sind ungeimpft, die übrigen hochbetagt und größtenteils vorerkrankt. Eine Frau musste in der Nacht auf die Intensivstation verlegt werden. Bereits seit Wochen wird dort ein 76-jähriger Covid-Patient aus Augsburg invasiv beatmet. Er ist umgeimpft und war im Zuge des landesweiten Verteilverfahrens nach Ochsenfurt verlegt worden, weil in Augsburg die Intensivkapazitäten erschöpft waren.
Für Christian Schell, den Geschäftsführer der Main-Klinik, zeigt das Beispiel, wie wichtig kleine Krankenhäuser für die medizinische Versorgung sind. "Wir stehen in engem Austausch mit den großen Kliniken in Würzburg und agieren absolut auf Augenhöhe", sagt Schell. Und: "Wir tun alles, um ihnen den Rücken frei zu halten."
Auf der Station bereitet man sich inzwischen auf die Übergabe an die Spätschicht vor. Wieder werden Informationen über die Erkrankten ausgetauscht und über ihre Verfassung diskutiert, bevor für die Frühschicht ein aufreibender Arbeitstag endet. Dabei gibt es auch erfreuliche Nachrichten. Ein weiteres Ehepaar, das seit zwei Wochen gemeinsam auf der Isolierstation lag, ist so weit genesen, dass die Entlassung vorbereitet werden kann. Das Gesundheitsamt wird dann entscheiden, ob die beiden auch aus der häuslichen Isolation entlassen werden können.
"Zwischendurch sah es nicht gut aus", sagt Susanne Saemann. Inzwischen haben die beiden die Infektion besiegt. "Die Impfung hat ihnen das Leben gerettet", ist Dr. Bernadette Wagner überzeugt. Ihr Appell könnte deshalb kaum eindringlicher sein: "Lassen sie sich impfen, impfen, impfen, impfen. Ich kann nur immer wieder dieses Wort wiederholen."