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Würzburg
Zwischen Gaspreis und Personalmangel: Warum es viele Würzburger Kleinbäckereien so schwer haben
In den letzten Jahren schlossen immer mehr Bäckereikleinbetriebe in Würzburg. Gleichzeitig kamen immer mehr Großbäckereien dazu. Doch warum ist das so?
Eine der letzten Familienbäckereien in Würzburg:  Jürgen Thein, Geschäftsführer der Bäckerei Gehrold (rechts), mit Tochter Tanja Fehrer und Sohn Lukas Thein.
Foto: Thomas Obermeier | Eine der letzten Familienbäckereien in Würzburg:  Jürgen Thein, Geschäftsführer der Bäckerei Gehrold (rechts), mit Tochter Tanja Fehrer und Sohn Lukas Thein.
Antonia Röhrer
 |  aktualisiert: 08.02.2024 10:37 Uhr

"Wir kämpfen weiter, mal schauen, wer am Ende gewinnt." Jürgen Thein, Geschäftsführer der Familienbäckerei Gehrold möchte sein Geschäft auf keinen Fall aufgeben. Doch ganz so einfach sei das nicht, wie man an den zahlreichen Schließungen von Kleinbäckereien in Würzburg sieht: Steigerwald, Fröhlich, Zierlein - all dies sind Namen von Bäckereien, die früher fester Bestandteil in der Würzburger Bäckerszene waren und in den letzten Jahren schließen mussten. Dafür tauchen im Stadtbild laut Wolfgang Rhein, Obermeister der Bäcker-Innung Mainfranken, immer mehr Filialen auf, die von Bäckereiketten betrieben werden.

Laut Statistischen Bundesamt ist dieses Problem jedoch nicht nur regional: Von 2003 bis 2015 sank die Zahl der Bäckerunternehmen von rund 18.000 auf knapp 12.600. Dafür stieg der Umsatz pro Unternehmen von 0,83 auf 1,62 Mio. Euro.

Warum die Würzburger Kleinbetriebe verschwinden

Das liege zum einen daran, da die Produktion für Großbetriebe meist günstiger sei, erklärt Wolfgang Rhein. Sie würden außerhalb von Würzburg produzieren lassen, was weniger koste und hätten Zugang zu günstigeren Maschinen. Die letzten Würzburger Familienbetriebe wie Gehrold, Hanselmann, Köhlers, Düll oder Brandstetter würden ihre Backwaren im Gegensatz dazu oft direkt in der Filiale oder in einem Nebengebäude herstellen, was insgesamt teurer wäre. Um dann über die Runden zu kommen, müssten sie die Produkte teurer verkaufen als Großbetriebe. 

Laut Jürgen Thein, Geschäftsführer der Bäckerei Gehrold, der das Gespräch mit dieser Redaktion direkt in der Backstube und im Beisein von drei Familienmitgliedern führt, würden die Kosten der Produktion bei ihm aber kein Problem darstellen. Die Backstube befindet sich direkt hinter dem Verkaufsraum in der Filiale in der Sanderstraße. "Unsere Backstube hat Bestandsschutz. Viele Kleinbäckereien bekommen Probleme mit Anwohnern aufgrund der Gerüche und des Lärms, bei uns ist das aber kein Problem."

Die Backstube befindet sich direkt hinter dem Verkaufsraum in der Sanderstraße.
Foto: Thomas Obermeier | Die Backstube befindet sich direkt hinter dem Verkaufsraum in der Sanderstraße.

Der vierfache Vater sieht auch noch einen anderen Grund, weshalb Familienbetriebe immer öfter schließen würden: Viele würden keine Nachfolger haben. "Keiner will das mehr machen, da der Beruf sehr anstrengend und zeitintensiv ist", sagt Thein. Derzeit arbeiten 22 Personen in der Bäckerei, sechs davon gehören zur Familie. Letztere müsste fast immer Überstunden machen und hätte dieses Jahr das erste Mal seit drei Jahren Urlaub gemacht. Ansonsten stehe er sieben Tage die Woche in der Bäckerei, denn auch Personal im Verkauf fehle.

Wie die Gaspreise Würzburger Bäckereien beeinflussen

Auch die aktuellen Strom- und Gaspreisestellen für die Bäckereien ein Problem dar. Die Bäckerei Gehrold hat noch bestehende Verträge, im nächsten Jahr sollen sich ihre Gaskosten allerdings vervierfachen oder verfünffachen. Das wird auch an den Preisen der Backwaren ersichtlich: "Wir haben die Preise leicht angehoben, aber sind noch im unteren Preisniveau. Bei manchen Ketten kostet das Sesambrötchen 90 Cent, bei uns 55. Da hätte ich ein schlechtes Gewissen. Das geht auch nur, wenn wir als Familie zusammenhalten."

Sowieso wird Familie in der Bäckerei großgeschrieben: Alle vier Kinder des Bäckermeisters arbeiten mittlerweile in der dritten Generation in verschiedenen Bereichen im Betrieb. Und das mit "purer Leidenschaft", denn anders sei das gar nicht möglich, erklärt Thein.

Was die Bürger tun können, um die Würzburger Bäckereien am Leben zu erhalten

"Mit den Preisen, die ein normaler Discounter bietet, kann ein Bäcker nicht mithalten", sagt Rhein, der Obermeister der Bäcker-Innung. Es gäbe einen Trend, dass die Kundinnen und Kunden der Bäckereien immer öfter ihre Backwaren im Supermarkt kaufen. "Die Leute legen mehr Wert auf andere Produkte als auf Essen."

Tanja Fehrer, die Tochter des Bäckermeisters, sieht das anders: "Unser Zulauf ist seit Corona wesentlich besser geworden. Dort standen die Leute sonntags Schlange bis hin zum Sanderring - und das bei Wind und Wetter." Sie vermutet, dass das vor allem mit dem steigenden Bewusstsein für die Umwelt und den Ursprung des Essens zusammenhängt: "Man drückt eben nicht im Discounter auf den Knopf und da kommt das fertige Brot raus. Bei uns sehen die Leute, wie wirklich produziert wird, und das spricht auch immer mehr junge Familien an."

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Um die letzten Würzburger Kleinbetriebe zu retten, sollten diese sich nach den besten Strom- und Gasverträgen umschauen, meint der Obermeister der Bäcker-Innung Mainfranken. Das meiste könnte allerdings die Würzburger Bevölkerung verändern: "Das Wichtigste ist, dass die Leute bei den kleinen Bäckern einkaufen."

 
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  • H. N.
    Bäckerei Körner in Heidingsfeld ist auch ein Handwerksbäcker
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  • H. G.
    Das es auch in Heidingsfeld noch zwei Handwerksbäcker gibt wurde mal wieder bei der Recherche von der Schreiberline vergessen - entweder alle oder keiner aber das kennen wir ja schon immer alles sehr halbherzig
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  • H. F.
    Die kleinen Bäckereien sind nicht zu überbieten. Meine Favoriten sind der Gerold und der Roth in Heidingsfeld. Auf die Backrohlinge aus China bei den Discountern möchte ich verzichten. Und dann noch diese Macherei mit der Zange und der Klappe, die immer zufällt. Nein, danke.
    Ich muss natürlich zugeben, dass die Backwaren bei diesen kleinen Bäckern ihren Preis haben, aber es ist es mir wert.
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  • G. B.
    Laut Umfrage kaufen 74 Prozent der Kunden bei kleinen Bäckereien.
    So lügen sich die Leute mal wieder in die eigene Tasche.
    Man fragt sich, wie die ganzen Toastbrote und Aufbackbrötchen, die in jedem Supermarkt angeboten werden, überhaupt verkauft werden können, wo doch angeblich fast alle bei kleinen Bäckereien kaufen.
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  • G. K.
    @ironoc

    Für mich nicht unbedingt ein Widerspruch, man darf davon ausgehen, daß die Stammkundschaft der Discounter nicht unbedingt zum Abonenntenkreis der MP zählt...
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  • T. M.
    Können Sie belegen was Sie da annehmen? Woher wissen Sie wer MainPost liest und wo einkauft?
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  • T. M.
    „Ich kaufe Backwaren bei kleinen Familienbäckereien. 72,77% (147 Stimmen)“
    Da haben Sie völlig recht. Wenn nur annähernd soviel bei den kleinen Bäckereien kaufen würden hätten diese keine Probleme zu überleben!
    By the way, genau das ist das Problem in Deutschland. Verblendet, verlogen, egoistisch und rennt den falschen Wahrheiten hinterher! Deutschland 2022 ff.
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  • E. H.
    Lieber Herr Rhein,
    warum kann ihre Innung den Mitgliedern bei der Suche nach günstigen Gas- und Stromversorgern nicht helfen? Ich denke an Sammelverträge und ähnliches.

    Wann und wo soll der Bäcker sich denn nach günstigen Verträgen umschauen???
    Das ist zeitaufwendig und nicht jeder ist kaufmännisch so fit um da durchzublicken.
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  • U. A.
    @kujuhi:

    "Wann und wo soll der Bäcker sich denn nach günstigen Verträgen umschauen???
    Das ist zeitaufwendig und nicht jeder ist kaufmännisch so fit um da durchzublicken."

    Als selbständiger Unternehmer sollte man dazu eigentlich schon in der Lage sein. Finden Sie nicht?
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  • E. H.
    Zwischen sollen und können (aus welchen Gründen auch immer) ist halt manchmal ein Unterschied.
    Andererseits bietet die Innung auch Serviceleistungen für ihre zahlenden Mitglieder.
    Immer nur jammern oder anderen gute Ratschläge geben hilft halt zur Zeit überhaupt nicht.
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  • G. R.
    Wie es bei industriellen Großbäckern zugeht kann man immer wieder mal in der Zeitung lesen. Da wird der Betriebsrat verhindert, missliebige Mitarbeiter schikaniert, etc. Allein das ist schon ein Grund derartige Ketten zu meiden. Von der Qualität der Backwaren ganz zu schweigen!!!!! Köhlers, Brandstetter und Co, wir bleiben euch treu!!!
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  • Veraltete Benutzerkennung
    Auch ich kaufe sehr gerne bei der Bäckerei Gehrold ein. Das Preis-Leistungsverhältnis ist mehr als fair. Da kommt kein Discounter und auch keine Bäckereikette mit.
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  • G. K.
    Das ist so traurig - für die Betroffenen, aber auch für die Kunden.

    Denn meiner persönlichen Erfahrung nach können die großen Ketten qualitativ mit einem gut geführten Handwerksbetrieb nicht mithalten ...
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  • M. F.
    Die Brötchen-Qualität und der Geschmack bei der Bäckerei Gehrold schlägt jeden Discounter um Längen und ist es Wert etwas mehr zu bezahlen!
    Das Preis-/Leistungsverhältnis ist auch aktuell fair.
    Der Unternehmerfamilie weiterhin viel Kraft um die Bäckerei durch diese verrückten Zeiten zu führen. Irgendwann wird die Energiekrise auch vorbei gehen und man kann wieder optimistischer in die Zukunft schauen! Und bis dahin muss man durchhalten...
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