Seit eine Kundin dieser Tage in einem Hamburger Edeka eine Gurke zum stolzen Preis von zwei Euro entdeckt hat und eine Kundin in Offenbach für eine einzige Gurke sogar 2,39 Euro bezahlen musste, sind Gurkenpreise ein bundesweites Wut-Thema. Verbraucherinnen und Verbraucher ärgern sich, Einkaufszettel mit exorbitanten Gurkenpreisen werden in sozialen Medien gepostet. Wie ist die Gurken-Lage in Unterfranken?
In einem bekannten Einkaufsmarkt in Würzburg kostet bei der Stichprobe in der Wochenmitte eine schlichte Schlangengurke genau 1,99 Euro. Bei großen Discountern im Würzburger Umland liegen die Preise des Gemüses niedriger: Der Stückpreis beträgt mal 1,59 Euro, mal 1,39. Günstig ist das nicht. Warum hat der Gurkenpreis insgesamt so stark angezogen?
Wer das Gemüse im Gewächshaus anbaut, hat dieses Jahr hohe Heizkosten
"Schauen Sie sich doch mal das Wetter an!" In der frostigen Winterluft deutet die Würzburger Gärtnerin Andrea Adelmann auf steinhart gefrorenen Boden. Sie selbst baut keine Gurken an: "Aber würde ich's tun, ich müsste auch zwei Euro pro Stück verlangen." Warum nur? "Gurken", sagt Adelmann, "brauchen richtig viel Wärme." Wer das Gemüse im kalten Deutschland im Gewächshaus anbaue, der "heizt sich zu Tode". Denn bei den extrem gestiegenen Energiepreisen kostet die Produktion heuer viel mehr als sonst.
Was bedeutet das für unterfränkische Gurkenanbauer wie den Familienbetrieb Busigel aus Albertshofen (Lkr. Kitzingen), in dessen Gewächshäusern pro Jahr 1,5 Millionen Kilo Salatgurken wachsen? Dicht an dicht streben dort die Gurkenpflanzen in langen Reihen zum Licht. Was sie brauchen ist neben Wärme sehr viel Beleuchtung. "Gerade die Beleuchtung ist wegen der Energiekrise heuer viel teurer als sonst", sagt Gärtner André Busigel. "Wir haben, um Wärme- und Beleuchtungskosten zu sparen, in diesem Winter einen Teil der Gurken rund eineinhalb Wochen später gepflanzt als sonst."
Für viele Gärtnereien aus den Niederlanden lohnt sich die Gurkenproduktion nicht mehr
Auf späteren Produktionsbeginn aber setzt nicht nur der Albertshöfer Betrieb, darauf setzten auch viele Gärtnereien aus den Niederlanden, spezialisiert auf großflächigen Gurkenanbau in Gewächshäusern. "Aus den Niederlanden kommt heuer viel weniger Ware als sonst, weil sich dort die Produktion wegen der hohen Beleuchtungskosten nicht gelohnt hat", sagt Busigel. Gleichzeitig falle aktuell in Spanien die Gurkenernte viel spärlicher aus als sonst – wegen einer Kältewelle. "Es ist also europaweit weniger Ware als sonst auf dem Markt – und wenn das Angebot gering ist, dann steigen eben die Preise."
Heimischer Gurkenbauer gibt hohe Energiekosten an den Handel weiter
Für ihn als Anbauer ist das nicht negativ. Er habe höhere Produktionskosten, sagt der Gärtner, aber die gebe er an den Handel weiter –und der Handel verlange dann höhere Preise vom Verbraucher. Was für die Gurken gilt, lässt sich laut Busigel auch auf Gemüsesorten wie Tomaten oder Paprika übertragen: Auch sie lieben Wärme und Licht und brauchen im Winter entsprechend viel Zufuhr. Wegen der exorbitanten Energiekosten müssen Kunden eines Würzburger Einkaufsmarkts für ein Kilo rote Paprika deshalb beispielsweise aktuell 7,98 Euro und für ein Kilo Riesentomaten 5,99 Euro berappen.
Kleiner Trost vom Albertshöfer Gärtner: "Der Gemüsemarkt ist sehr dynamisch. Spätestens ab Ostern sind diese Gurken, Tomaten und Paprika wegen niedrigeren Produktionskosten und höherem Angebot wieder billiger."
Feldsalat, Portulak, Rote Beete: Einkaufszettel und Speiseplan saisonal anpassen
Statt über teure Gurken Anfang März zu jammern, kann man sich natürlich auch fragen, ob der deutsche Kunde im Vorfrühling unbedingt Gurken essen muss. "Was jetzt von unseren deutschen Äckern kommt, sind etwa Feldsalat oder Rote Beete", sagt Gemüsebauer Richard Konrad aus Hausen (Lkr. Würzburg). Gemüsesorten, die Kälte tolerieren und damit in der Produktion anders als Tomaten oder Gurken kaum Energie verbrauchen. "Der Verbraucher sollte in Zeiten wie diesen mal überlegen, ob er sein Essverhalten nicht saisonal anpassen möchte", meint Konrad.
Der Hausener Landwirt baut auch Gurken an – er hat sich aber nicht auf Gewächshaus-Schlangengurken spezialisiert, sondern auf kleine Einlegegurken. Die wachsen im Freiland und sind im Juni reif. "Wer auf Gurken steht, könnte bis zum Sommer warten und dann im Hofverkauf jene Gurken erwerben, die fürs Einlegen im Glas zu groß sind", schlägt Konrad vor.
Energiesparender Anbau ist auch für die Würzburger Gärtnerin Andrea Adelmann wichtig. Sie setzt im Winter seit jeher auf Feldsalat und Portulak: "Diese Gemüsesorten wachsen kühler, brauchen nicht viel Wärme, sind in der Produktion dann auch energieverträglicher." Gesünder für die Umwelt ist das auch: Laut der Bayerischen Verbraucherzentrale verursacht Freilandgemüse beim Anbau bis zu 30-mal weniger klimaschädliche Gase als Produkte aus beheizten Gewächshäusern.
Deren meist nordafrikanischen Wanderarbeiter sehen den spanischen Mindestlohn in Höhe von etwa 7 Euro/Stunde kaum, müssen sich überwiegend selbst versorgen und unterbringen.
Als Kitzinger Kunde sollte man sich beim Einkauf bewusst sein, ob man dieses Unrechtssystem, oder die ehrlichen, regionalen Bauern unterstützt ..
Statt dümmliche Fotos von Einkaufslisten zu machen, wäre es sinnvoller, mal in sich zu gehen und zu hinterfragen, ob das alles noch so sein muss.
Ähnliches hatten wir vor einigen Jahren schon mit dem Aussehen der Gurken. Es ist ein Gemüse, das wächst, wie es ihm passt und nicht, wie wir es gerne hätten. Schmeckt und nährt so oder so. Also mal langsam Ansprüche runter schrauben und über den Tellerrand hinaus blicken und handeln!
Dem steht entgegen, dass die Folien etwa alle 3 Jahre erneuert werden müssen, Wasser wird meist mit enormen Energieaufwand (Meerwasserentsalzung) gewonnen, und die Produkte mit dem Lkw etwa 2000 Kilometer weit nach Deutschland transportiert.
Welche Gurke hat die bessere Energiebilanz ??