Die Energiekrise trifft auch die Gartenbaubetriebe in Unterfranken: Die Kosten für Gas, Öl und Strom steigen und noch ist nicht sicher, wie und in welchem Umfang im Winter und im Frühling die Produktion weiter laufen soll. "Besondere der Unterglas-Anbau mit seinem hohen Energiebedarf ist massiv von den Kostensteigerungen im Energiesektor betroffen", sagt Claudia Taeger, Abteilungsleiterin Gartenbau am Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Kitzingen- Würzburg.
Müssen Hobbygärtnerinnen und Hobbygärtner deshalb bald auf Pflanzen verzichten? Wie gehen unterfränkische Betriebe mit der Situation um? Antworten auf die aktuellen Fragen zur Produktion in den Gärtnereien geben Claudia Taeger und Gärtnerin Petra Gammanick aus Waldbüttelbrunn (Lkr. Würzburg).
Inwieweit sind Gartenbaubetriebe von der Energiekrise betroffen?
Gärtnereien mit Unterglas-Anbau sind besonders betroffen, da hier die Heiz- und Stromkosten sehr hoch sind. In Unterfranken gibt es 234 reine Zierpflanzenbaubetriebe und etwa 50 Betriebe mit energieintensiver Unterglas-Produktion von Gemüse und Kräutern. "Einfach weniger heizen, das geht bei uns Gärtnerinnen und Gärtnern nicht", sagt Petra Gammanick. Gewächshäuser müssten in der Regel auch über den Winter hindurch zumindest frostfrei gehalten werden, um Schäden an der Konstruktion zu verhindern. "Wir versuchen schon seit Jahren Energie zu sparen. Mehr geht nicht mehr", sagt die Gärtnerei-Inhaberin.
Machten Heizen und Strom bislang etwa zehn Prozent des Gesamtumsatzes in normalen Jahren aus, werde der Anteil durch hohen Energiepreise deutlich steigen, sagt Claudia Taeger. Dazu komme, dass die Kunden schon jetzt deutlich weniger Pflanzen kaufen.
Wie werden Gewächshäuser in der Regel beheizt?
Unterglas-Betriebe heizen vorrangig mit Gas und Öl, einige mit Kohle, wenige mit Holz. "Wenn schnell viel Wärme benötigt wird, zum Beispiel bei sehr starkem Frost, ist in der Regel auch bei allen ein Gas- oder Öl-Brenner vorhanden", sagt Claudia Taeger. Für Folientunnel mit Veilchen stünden Gaskanonen zur Verfügung, die bei Bedarf Frostfreiheit garantieren.
Auch für die Gartenbaubetriebe, die andere Energiequellen nutzen, stelle sich die Frage, wie wirtschaftlich der Anbau einer Kultur über das Winterhalbjahr noch sein kann, heißt es beim bayerischen Landwirtschaftsministerium. Denn auch durch gravierende Preiserhöhungen bei Dünger, Pflanzenschutz und anderen Verbrauchsmaterialien stiegen die Produktionskosten enorm.
Können Gewächshäuser in diesem Winter beheizt werden?
"Gewächshäuser müssen sogar beheizt werden, selbst wenn die Gärtnerei die Produktion einstellt", sagt die Gartenbauexpertin. Das Wasser dürfe nicht einfrieren, deshalb halte man die Häuser frostfrei. "Auch wenn es schneit und die Schneelast 75 Kilogramm pro Quadratmeter übersteigt, muss das Gewächshaus beheizbar sein, um den Schnee abzutauen." Nicht zu heizen sei keine Option, bei strengen Frösten könne das sonst sehr teuer werden.
"Der Gartenbau muss beim Bezug von Energie priorisiert werden, um die Infrastruktur zu schützen", so die Forderung von Claudia Taeger. Die Bundesnetzagentur, die bei einer Gasmangellage für die Zuteilung der verfügbaren Gasmengen zuständig ist, müsse da die richtigen Entscheidungen treffen, sagt eine Sprecherin des Landwirtschaftsministeriums.
Gibt es für Gärtnereien Zuschüsse vom Landwirtschaftsministerium?
Für die Umstellung der Heizsysteme auf regenerative Energieträger gibt es Förderprogramme des bayerischen Ministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten sowie des Bundes. Zusätzlich gewährt das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft Unternehmen aus besonders betroffenen Sektoren kurzfristige Kleinbeihilfen, um den Preisanstieg bei Energie, Futter- und Düngemitteln abzumildern.
Wird sich das Sortiment an Pflanzen verändern?
"Es wird sicher weniger Weihnachtssterne für den späten Verkaufszeitraum nach dem zweiten Advent geben, da diese Kultur noch mehre Energie braucht als der erste Satz vor dem Advent", sagt Petra Gammanick. Primeln für das Frühjahr seien bereits getopft, Gänseblümchen, Narzissen und Viola folgen demnächst. "Aber es wird mit Sicherheit überall weniger produziert, so dass im Frühjahr nicht alles sofort für den Verbraucher erhältlich sein wird", sagt die Gärtnerin aus Waldbüttelbrunn. "Wir hoffen trotzdem, dass die Kunden weiter bei den Gärtnereien vor Ort kaufen, denn nur so können die kleinen Betriebe erhalten bleiben."
Würden bei einer Gasmangellage nur Unternehmen der Lebensmittelproduktion eine Gaszuteilung erhalten, würde voraussichtlich ein Teil der heimischen Zierpflanzenproduktion wegfallen, lautet die Prognose aus dem Landwirtschaftsministerium.
Können die Gärtner mehr Blumen aus dem Ausland bestellen?
Etwa 40 Prozent der Zulieferbetriebe in den Niederlanden würden die Produktion zumindest teilweise bereits einstellen, sagt Claudia Taeger. Deshalb gebe es auf dem Markt weniger Blumen für den Zukauf. Bei Schnittblumen sei das Angebot wegen Problemen mit den Lieferketten schon knapp. "Wärmeintensive Kulturen wie Rosen, aber auch Chrysanthemen oder Gerbera werden regional schwieriger zu produzieren sein und auch im Zukauf teurer, wenn sie überhaupt in bestimmten Mengen verfügbar sind."
Müssen Kunden mit höheren Preisen rechnen?
Die Preise für Blumen steigen "definitiv", sagt Claudia Taeger. Auch deshalb, weil der Mindestlohn steige und durch Pandemie und Lieferketten-Verschiebungen Material wie Töpfe, Erden oder Dünger teurer geworden sei. Insgesamt erwarte sie Preissteigerungen von mindestens 20 Prozent, bei gleichzeitig verkleinertem Sortiment: "Bei Weihnachtssternen und Schnittblumen können auch höhere Anstiege nötig sein", sagt die Gartenbauexpertin. Es gehe um Kostendeckung bei den Gärtnern, nicht um Gewinnsteigerung. "Die Gärtner rechnen damit, dass Kunden insgesamt weniger kaufen werden und der Umsatz zurückgehen wird."