
Warum sind viele Felder zurzeit mit Vlies bedeckt? Warum ist die Landschaft im Frühjahr nicht mehr braun wie die Erde oder grün von der frischen Saat sondern weiß vom Vlies? Das hat wahrscheinlich mit den vielen wärmeliebenden Sonderkulturen zu tun. Und damit, dass Verbraucher immer früher im Jahr mit frischen Ernteprodukten versorgt werden wollen. Moderne Landwirte reagieren auf diesen Verbraucherwunsch.
240 000 Gurkenpflanzen hat Biobauer Richard Konrad aus Hausen in den letzten Tagen mit Helfern aus Polen gesetzt. Gesetzt, nicht gesät! „Wir pflanzen unsere Kümmerli, weil die konventionellen Samen mit Insektiziden und Fungiziden gebeizt sind und wir diese Mittel auf unserem Hof nicht einsetzen“, erläutert der Biobauer.
Außerdem seien die Gurken beim Keimen sehr empfindlich. Sie brauchen Wärme, damit sie gut aufgehen. Deshalb verbringen die Biogurken ihre Kinderstube in einer Bioland-Gärtnerei. Erst wenn sie die ersten Blätter zeigen und etwas robuster sind, werden sie auf die Felder gebracht. Ohne die Hilfe polnischer Mitarbeiter könnte sich Konrad seinen Betrieb nicht mehr vorstellen. Er braucht sie nicht nur zum Ernten seines Gemüses wie Rhabarber, Zwiebeln, Kartoffeln, gelbe und rote Rüben, den „Kümmerli“ oder neuerdings auch den Kräutern und der Brennnessel. Schon im Frühjahr hat er Helfer aus Osteuropa auf seinem Hof. „Wir pflanzen unsere Gurken mit sechs Leuten und schaffen etwa drei Hektar am Tag“, erklärt der Biobauer. Zwölf Hektar Feld hat er dieses Jahr für die Gurken vorgesehen.
Mit dem Pflanzen allein ist es nicht getan. Die Gurken müssen sofort bewässert werden. „Dazu legen wir einen Tropfschlauch unter die Mulchfolie“, gibt Konrad Auskunft. Über die Tröpfchenberegnung und mit der Vliesfolie sei eine gleichmäßige und warme Feuchte garantiert. Vier Wochen etwa bleibt das Vlies auf den Feldern. Dann muss es abdeckt werden, damit das Unkraut zwischen den Reihen gehackt werden kann.
Schließlich wird das Vlies erneut bis zur Ernte über die Gurkenreihen gelegt. Dann beginnt eine besonders arbeitsintensive Zeit auf dem Biobauernhof. Je 24 Erntehelfer werden für die zwei Gurkenflieger gebraucht. Es wird in Schichten gearbeitet und mit der Hand gepflückt. Dann werden die Gurken in einer Halle nach Größe sortiert, verpackt, gekühlt und verladen.
„Unsere Kümmerli gehen vor allem nach Thüringen und Baden-Württemberg, zum Teil auch nach Holland, Dänemark und Schweden“, beschreibt Konrad die Weiterverarbeitung. In Deutschland gebe es nur fünf Betriebe, die Biogurken anbauen. Die Nachfrage sei entsprechend gut. In den Konservenfabriken werden die Gurken in Gläsern eingemacht.
Könnte Biobauer Konrad das Wetter beeinflussen, würde er sich für seine Gurken während der Wachstumszeit viel Sonne und viel Wasser wünschen. Zur Erntezeit dürften die Tage schließlich etwas kühler sein, vielleicht ab und an mit einem kurzen Gewitterregenguss durchsetzt. Während der Ernte sollen die Gurken nämlich nur noch langsam wachsen. Sie müssen möglichst klein gepflückt werden, damit sie in die Gläser passen. Kleine, knackige, schmackhafte Gurken – dazu noch aus biologischem Anbau – das liegt auch im Trend des Verbrauchers.