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WÜRZBURG
Zimmerer: Presseberichte von 1962 bis 1984 (37/52)
Wolfgang Jung
Wolfgang Jung
 |  aktualisiert: 07.04.2020 10:36 Uhr
Ohne Datum, Autor(en) unbekannt: Textbuch des Stegreifspiels

"Der aufhaltsame Aufstieg des Herrn Zimmerer"



Nach den Vorfällen um den Gedenkzug für Robert F. Kennedy gingen Würzburger Studenten mit einem Stegreifspiel auf die Straße, in dem sie mit bösem Humor auf Zimmerers Vergangenheit anspielten. Auf dem Domvorplatz und am Vierröhrenbrunnen erlebte das Publikum das Stück „Der aufhaltsame Aufstieg des Herrn Zimmerer“. Das Textbuch befindet sich im Archiv der Main-Post.

 
"Vertr. des Chors:  (…)
Wir zeigen Ihnen heute den aufhaltsamen Aufstieg des Herrn Zimmerer. ein Stück, direkt aus dem Leben gegriffen.
 
Ag. (Agigator, d. Red.):     
In wenigen Wochen werden wir in dieser Stadt Oberbürgermeisterwahlen abhalten. Wir wollen heute dazu beitragen, dass die Wähler möglichst gut informiert ihre Entscheidungen treffen können. Um eine gewiss bestehende Informationslücke auszufüllen, werden wir im Folgenden einen der zur Wahl stehenden Kandidaten näher vorstellen. Nämlich Herrn Helmut Zimmerer (Schild umhängen).
 
Gleichzeitig darf ich Sie mit dem Leiter einer lokalen Ordnungsmacht bekannt machen. (Schild umhängen)
 
Zum Schluss sehen Sie hier noch den Vertreter einer Minderheit, über deren Wert Herr Zimmerer sich in seiner Doktorarbeit von 1936 ausführlich Gedanken gemacht hat.
 
Ob. (Oberbürgermeister, d. Red.):    
Die rassengebundene Volksseele ist das Maß des Denkens. Rasse und Volk müssen Grundelemente des staatlichen Aufbaus sein.
 
Dazu kommt noch die Verhinderung des Einströmens fremder Rasse und fremden Blutes und die Ausschaltung rassefremden Einflusses.
 
Chor:  
Blut und Boden schätzt er sehr,
doch den Führer noch viel mehr.
 
Ag.:     
Im November 1938 wurde die Kristallnacht als erste Stufe zur Endlösung des Judenproblems in Szene gesetzt.
 
(Pfiff vom Ob. Der Polizeidarst. greift ein.)
 
Ag.:     
Herr Zimmerer hatte dies schon vorausempfunden.
 
Ob.:    
Die Rassenpflege des Staates, ,der als Wahrer einer 1000jährigen Zukunft‘ auftritt, d. h. die Anwendung der Forschungsergebnisse der Rassenkunde zwingt uns zur Ausschaltung rassefremden, politischen, geistigen und wirtschaftlichen Einflusses.
 
Ag.:     
Herr Zimmerer konnte zufrieden sein. Seine theoretischen Forderungen wurden in jeder Hinsicht Genüge getan: In Auschwitz, Treblinka und Dachau.
 
(Ob. pfeift Polizei in Aktion)
 
Ob.:    
Die rechtspolitische Idee der Aufnordung, die Vermehrung der nordrassischen Bestandteile, bestimmt wesentlich die Ausleserichtung im Volk.
 
(Polizei greift ein. Jude stirbt.)
 
Chor:  
Die damals auf den Führer schworen,
sind heute unsere Professoren.
Und mancher braune Hosenscheißer
ist heute Oberbürgermeister.
 
(Jude wird aufgehoben vom Polizeidarst. und vom OB zum Studenten gemacht.)
 
Chor:  
Was früher die Judenfrage
ist heute die Studentenplage.
 
Ag.:     
Gegen ein System, das es ermöglicht, dass Herren mit Nazivergangenheit wie Helmut Zimmerer Oberbürgermeisterposten bekleiden, fangen zu einer Zeit, da sich Tendenzen einer verstärkten Faschisierung in der Bundesrepublik abzeichnen, fangen kritische Studenten damit an, mit Demonstrationen die Bevölkerung aufmerksam zu machen.

Die Herrschenden wie z. B. Herr Zimmerer erkennen die Gefahr, die ihnen durch eine Bewusstwerdung der Bürger droht, und ersticken die Versuche der Studenten schon im Keim. Sie sind bestrebt, einen Keil zwischen Arbeiter und Studenten zu treiben und mit Hilfe der hörigen Presse und anderer Kommunikationsmittel setzen sie, wie im dritten Reich, alles daran, eine Minderheit zu verteufeln und sie als die wahren Feinde der Demokratie zu diffamieren.
 
Chor:  
Das Reich verging – der Ungeist blieb,
auch blieb mancher brauner Streiter,
Herr Zimmerer singt sein altes Lied,
als Bürgermeister weiter,
als Bürgermeister weiter.
 
Ob:     
Durch rassehygienische Maßnahmen hat der Staat die minderwertigen und verdorbenen Elemente der eigenen Rasse und Blutsgemeinschaft auszumerzen.
 
Ag.:     
So Zimmerer 1936.

Aus dieser Erkenntnis zieht Herr Zimmerer heute schon wieder die praktischen Konsequenzen.
 
(Bürgerm. pfeift) Transparent!
 
Ag.:     
Die Rechtssituation dabei ist ihm ohnehin seit über 30 Jahren klar.
 
Ob.:    
Die Aufgaben des Rechts werden mittels des Staates erfüllt.
 
Chor:  
Herrn Zimmerer den Alt-Faschisten
verwirren auch die Jung-Marxisten.
 
Ag.:     
Wie schrieben Sie schon 1936?
 
Ob.:    
So müssen wir hier doch eine Schilderung der marxistischen Staatsideologe geben: Ist ja auch sie eine rassegebundene und zwar die einer uns fremden Rasse, die sich nur aus dem Abgrasungsbrauch des asiatischen Nomadentums erklären lässt.
 
Ag.:     
Auch aus dieser Erkenntnis zieht Herr Zimmerer heute seine praktischen Schlüsse.
 
(P. (Polizist, d. Red.) nimmt Fahne ab. Prügel)
 
Ob.:    
Was hätte die Bevölkerung morgen gesagt, wenn wir heute nicht mit Hilfe der Polizei gegen das Tragen von roten Fahnen vorgegangen wären?
 
Ag.:     
Z. (sic!) damals:
 
Ob.:    
Dagegen ist die Gleichberechtigung aller Staatsangehörigen ein zu beseitigender Fehler.
 
Chor:  
Die Bilder gleichen sich verdächtig,
Ist Zimmerer seines Geists noch mächtig?
 
Ag.:     
Meine Damen und Herren: Urteilen Sie selbst.
 
Ob.:    
Der gesamte Volks- und Staatsaufbau darf nur noch Nationalsozialisten in die Hand gegeben werden.
 
Ag.:     
Bitte erinnern Sie sich an diese Aufforderung, die Herr Zimmerer 1936 in seiner Doktorarbeit mit so viel Nachdruck vertrat, auch bei den kommenden Bürgermeisterwahlen."
 
 
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