WÜRZBURG
Zimmerer: Presseberichte von 1962 bis 1984 (36/52)
Ohne Datum:
Am 6. Juni 1968 gedachten viele Würzburger des ermordeten Robert F. Kennedy. In einem Trauerzug, den Zimmerer anführte, gingen Leute mit, die rote Fahnen in den Wind hielten. Zimmerer befahl der damals noch städtischen Polizei, die Fahnen zu konfiszieren.
Die Proteste gegen Zimmerers Eingriff in die Meinungs- und Demonstrationsfreiheit beschäftigte Politik und Medien.
Zimmerer erklärte dazu:
"Zu Beginn der dem Schweigemarsch vorausgehenden Kundgebung hatte eine Studentengruppe im Anschluss an die übrigen Kundgebungsteilnehmer auf der linken Seite des Ehrenhofes Aufstellung genommen. Diese Gruppe führte neben verschiedenen Plakaten rote Fahnen mit, die von den Veranstaltern zunächst nicht bemerkt werden konnten, weil sie offensichtlich im Hintergrund gehalten wurden. Dagegen machten sofort Teilnehmer der Kundgebung auf dem Residenzplatz ihrem Unmut über die roten Fahnen Luft durch Äußerungen 'das sei eine Unverschämtheit' (sic!), ,dass so etwas geduldet werde‘ (sic!) und 'rote Fahnen gehörten nicht hierher' (sic!). (…) Der Unmut von Beobachtern der roten Fahne ist verständlich, wenn man weiß, dass rote Fahnen bei einem Großteil unserer Bevölkerung Assoziationen zu anderen roten Fahnen (…) wecken, und weil vor allem rote Fahnen auf Grund der Aktivität gewisser Studentengruppen in den Augen vieler heute zum Symbol der revolutionären Auflehnung gegen die bestehende durch das Grundgesetz begründete Gesellschaftsordnung angesehen werden. Damit aber waren die roten Fahnen insbesondere bei dieser Kundgebung, die die Teilnehmer über alle parteipolitischen Anschauungen hinweg zu einem gemeinsamen Bekenntnis zusammenführen wollte, und deren Teilnehmer zum weitaus überwiegenden Teil sich aus Anhängern anderer politischen Anschauungen als sie die Studentengruppe vertritt, zusammensetzte, zu einem Faktor der ,Störung‘ geworden. Gerade in diesem konkreten Fall mussten die roten Fahnen provozierend wirken. Da auf Grund der genannten Äußerungen auch damit gerechnet werden musste, dass sich Unmut in Tätlichkeiten entladen würde, war die Polizei verpflichtet, den 'Störer' zu entfernen. Daher forderte ein Polizeibeamter die Fahnenträger dreimal zur Entfernung der Fahnen auf. Die Polizei konnte auf Grund der Tatsache, dass bei vorausgehenden Veranstaltungen Studentengruppen Aufforderungen der Polizei ohne Widerstand nachgekommen waren, annehmen, dass auch die Fahnen ohne Schwierigkeiten entfernt würden. Dies geschah jedoch nicht. In der Zwischenzeit setzte sich der Schweigemarsch in Bewegung. Der Leiter der Polizei, der von der Weigerung, die Fahnen zu entfernen, erfuhr, forderte nun von der Hauptwache die Besatzung eines Polizeiwagens an, um der Forderung nach Entfernung Nachdruck zu verleihen. Der Wagen traf in Höhe des Stadttheaters auf die fahnentragenden Zugteilnehmer, die wiederum mehrmals zum Einrollen der Fahnen aufgefordert wurden. Hier versucht nun einer der Veranstalter sowohl auf die Fahnenträger wie auf die Polizei einzuwirken, und zwar, wie er sagte, 'um des lieben Friedens willen'. Die Fahnen wurden auch anscheinend eingerollt; jedenfalls bestätigte das der oben genannte Veranstalter. Sie tauchten erst an der Ecke Juliuspromenade/Schönbornstraße wieder auf. Hier war in der Zwischenzeit der vom Polizeieinsatzleiter angeforderte zweite Polizeiwagen eingetroffen. Sein Führer forderte wiederum zum Einrollen oder Entfernen der Fahnen auf. Dies geschah auch tatsächlich. Aber schon nach etwa 60 – 80 m wurden wie wieder entrollt. Hier griff nun die Polizei ein und nahm die Fahnen weg. Dabei wurde sie von Zugteilnehmern unterstützt. Dabei distanzierte sich einer der Veranstalter der Polizei gegenüber ausdrücklich von den roten Fahnen. Ich selbst konnte die Vorgänge im einzelnen nicht wahrnehmen, da ich an der Spitze des Zuges marschierte, während sich die Träger der roten Fahne etwa im letzten Drittel des Zuges befanden. Als mir der Leiter der Polizei mitteilte, dass die Entfernung der roten Fahnen Schwierigkeiten mache, schlug ich ihm vor, zu versuchen, die Gruppe der Fahnenträger so vom gesamten Zug abzutrennen, dass sie nicht mehr als dessen Bestandteil erschiene. Dazu war es aber offensichtlich schon zu spät, die Wegnahme war bereits im Gange.
(…)
Die Maßnahmen der Polizei waren rechtmäßig. Die Anordnung, die roten Fahnen zu entfernen, war im Interesse der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung erforderlich; denn das Zeigen roter Fahnen in einem Schweigemarsch zum Gedenken an den ermordeten Senator Kennedy rief Missfallensäußerungen des Publikums hervor und war damit eine Störung, die im konkreten Fall auch die Gefahr von Tätlichkeiten in sich barg. (…)
Es kann keine Rede davon sein, dass das Grundrecht der freien Meinungsäußerung durch die Polizei verletzt wurde.
(handschriftlich) Zimmerer“
Schriftliche Erklärung Dr. Helmuth Zimmerers
zu einem Polizeieinsatz während eines Gedenkzuges für den ermordeten US-Senator Robert F. Kennedy am 6. Juni 1968Am 6. Juni 1968 gedachten viele Würzburger des ermordeten Robert F. Kennedy. In einem Trauerzug, den Zimmerer anführte, gingen Leute mit, die rote Fahnen in den Wind hielten. Zimmerer befahl der damals noch städtischen Polizei, die Fahnen zu konfiszieren.
Die Proteste gegen Zimmerers Eingriff in die Meinungs- und Demonstrationsfreiheit beschäftigte Politik und Medien.
- Die Skandale des Dr. Zimmerer
- Kommentar: Keine Straße für Helmuth Zimmerer
- Dokumentation: Zimmerers Doktorarbeit
Zimmerer erklärte dazu:
"Zu Beginn der dem Schweigemarsch vorausgehenden Kundgebung hatte eine Studentengruppe im Anschluss an die übrigen Kundgebungsteilnehmer auf der linken Seite des Ehrenhofes Aufstellung genommen. Diese Gruppe führte neben verschiedenen Plakaten rote Fahnen mit, die von den Veranstaltern zunächst nicht bemerkt werden konnten, weil sie offensichtlich im Hintergrund gehalten wurden. Dagegen machten sofort Teilnehmer der Kundgebung auf dem Residenzplatz ihrem Unmut über die roten Fahnen Luft durch Äußerungen 'das sei eine Unverschämtheit' (sic!), ,dass so etwas geduldet werde‘ (sic!) und 'rote Fahnen gehörten nicht hierher' (sic!). (…) Der Unmut von Beobachtern der roten Fahne ist verständlich, wenn man weiß, dass rote Fahnen bei einem Großteil unserer Bevölkerung Assoziationen zu anderen roten Fahnen (…) wecken, und weil vor allem rote Fahnen auf Grund der Aktivität gewisser Studentengruppen in den Augen vieler heute zum Symbol der revolutionären Auflehnung gegen die bestehende durch das Grundgesetz begründete Gesellschaftsordnung angesehen werden. Damit aber waren die roten Fahnen insbesondere bei dieser Kundgebung, die die Teilnehmer über alle parteipolitischen Anschauungen hinweg zu einem gemeinsamen Bekenntnis zusammenführen wollte, und deren Teilnehmer zum weitaus überwiegenden Teil sich aus Anhängern anderer politischen Anschauungen als sie die Studentengruppe vertritt, zusammensetzte, zu einem Faktor der ,Störung‘ geworden. Gerade in diesem konkreten Fall mussten die roten Fahnen provozierend wirken. Da auf Grund der genannten Äußerungen auch damit gerechnet werden musste, dass sich Unmut in Tätlichkeiten entladen würde, war die Polizei verpflichtet, den 'Störer' zu entfernen. Daher forderte ein Polizeibeamter die Fahnenträger dreimal zur Entfernung der Fahnen auf. Die Polizei konnte auf Grund der Tatsache, dass bei vorausgehenden Veranstaltungen Studentengruppen Aufforderungen der Polizei ohne Widerstand nachgekommen waren, annehmen, dass auch die Fahnen ohne Schwierigkeiten entfernt würden. Dies geschah jedoch nicht. In der Zwischenzeit setzte sich der Schweigemarsch in Bewegung. Der Leiter der Polizei, der von der Weigerung, die Fahnen zu entfernen, erfuhr, forderte nun von der Hauptwache die Besatzung eines Polizeiwagens an, um der Forderung nach Entfernung Nachdruck zu verleihen. Der Wagen traf in Höhe des Stadttheaters auf die fahnentragenden Zugteilnehmer, die wiederum mehrmals zum Einrollen der Fahnen aufgefordert wurden. Hier versucht nun einer der Veranstalter sowohl auf die Fahnenträger wie auf die Polizei einzuwirken, und zwar, wie er sagte, 'um des lieben Friedens willen'. Die Fahnen wurden auch anscheinend eingerollt; jedenfalls bestätigte das der oben genannte Veranstalter. Sie tauchten erst an der Ecke Juliuspromenade/Schönbornstraße wieder auf. Hier war in der Zwischenzeit der vom Polizeieinsatzleiter angeforderte zweite Polizeiwagen eingetroffen. Sein Führer forderte wiederum zum Einrollen oder Entfernen der Fahnen auf. Dies geschah auch tatsächlich. Aber schon nach etwa 60 – 80 m wurden wie wieder entrollt. Hier griff nun die Polizei ein und nahm die Fahnen weg. Dabei wurde sie von Zugteilnehmern unterstützt. Dabei distanzierte sich einer der Veranstalter der Polizei gegenüber ausdrücklich von den roten Fahnen. Ich selbst konnte die Vorgänge im einzelnen nicht wahrnehmen, da ich an der Spitze des Zuges marschierte, während sich die Träger der roten Fahne etwa im letzten Drittel des Zuges befanden. Als mir der Leiter der Polizei mitteilte, dass die Entfernung der roten Fahnen Schwierigkeiten mache, schlug ich ihm vor, zu versuchen, die Gruppe der Fahnenträger so vom gesamten Zug abzutrennen, dass sie nicht mehr als dessen Bestandteil erschiene. Dazu war es aber offensichtlich schon zu spät, die Wegnahme war bereits im Gange.
(…)
Die Maßnahmen der Polizei waren rechtmäßig. Die Anordnung, die roten Fahnen zu entfernen, war im Interesse der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung erforderlich; denn das Zeigen roter Fahnen in einem Schweigemarsch zum Gedenken an den ermordeten Senator Kennedy rief Missfallensäußerungen des Publikums hervor und war damit eine Störung, die im konkreten Fall auch die Gefahr von Tätlichkeiten in sich barg. (…)
Es kann keine Rede davon sein, dass das Grundrecht der freien Meinungsäußerung durch die Polizei verletzt wurde.
(handschriftlich) Zimmerer“
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