Giebelstadts Zukunft liegt auf der Alm. So nennen Einheimische eine Fläche am nördlichen Ortsrand, die zur Baulandreserve der Marktgemeinde für die kommenden Jahrzehnte werden soll. Zehn Hektar Land im Geviert zwischen Levi-Strauss-Straße und B 19 hat die Gemeinde vor drei Jahren erworben. In einem Planungswettbewerb soll nun ein Rahmenplan für die schrittweise Erschließung des Areals erarbeitet werden.
Die Einwohnerzahl von Giebelstadt hat sich von rund 4400 im Jahr 2003 auf inzwischen über 5700 erhöht. Und die Marktgemeinde wächst weiter, das zeigt die jüngste Baulanderschließung am Ingolstadter Grund. Die 40 von der Gemeinde angebotenen Grundstücke waren dreifach überzeichnet, sagt Bürgermeister Helmut Krämer.
Neues Bauland gab es zuletzt nur durch Ortsabrundungen
In den vergangenen Jahren ging es bei der Ausweisung neuen Baulands hauptsächlich um Ortsabrundungen. "Darüber hinaus haben wir uns auf die Innenentwicklung konzentriert", so Krämer, "doch das geht nur, wenn du ein Grundstück hast."
Mit dem Erwerb der Fläche "An der Alm" – so die offizielle Bezeichnung – könnte nun ein Befreiungsschlag gelingen und die städtebauliche Entwicklung für viele Jahre sichern. "Als sich die Chance geboten hat, die Fläche zu erwerben, mussten wir zuschlagen", so der Bürgermeister. Doch der Deal birgt auch Risiken. "Wir dürfen nicht der Versuchung nachgeben, große Flächen auf den Markt zu werfen, weil das unsere Infrastruktur sprengen würde."
Soziale Infrastruktur muss mit der steigenden Einwohnerzahl Schritt halten
Schul- und Kindergartenplätze, die sozialen Einrichtungen, all dies müsse mit bedacht werden. Schließlich ist auch der Standort an sich nicht konfliktfrei. Im Westen führt die Bundesstraße vorbei, für die die Gemeinde seit Jahren eine Umgehung fordert, im Osten die Hauptzufahrt zum Industriegebiet Airpark, wo gerade auf 18 Hektar Fläche ein Industrie- und Logistik-Campus entsteht, der weiteren Verkehr anziehen wird. "Wir müssen zweigleisig planen, einmal mit der B19 und perspektivisch ohne", sagt Helmut Krämer.
Dies alles ist in den Ausschreibungsunterlagen für den Planungswettbewerb berücksichtigt, der kürzlich veröffentlicht wurde. Auch die Erschließung in mehreren Bauabschnitten, die am Ende eine schlüssige Einheit ergeben sollen, ist Teil der Aufgabenstellung. Ebenso wie eine Bebauung nach dem sogenannten Schwammstadt-Prinzip, das die Auswirkungen des Klimawandels berücksichtigt.
Bis November haben die teilnehmenden Planungsbüros nun Zeit für einen Rohentwurf. Krämer rechnet mit 20 bis 25 Teilnehmern. Eine Jury aus fünf Fachleuten und vier Vertretern der Gemeinde wird aus den eingereichten Beiträgen fünf auswählen, die in der zweiten Wettbewerbsphase mit vertiefenden Aufgaben betraut werden. Am Ende winken Preisgelder von 70.000 Euro und dem Gewinner die Zusage, dass sein Rahmenplan weiter verfolgt wird. Insgesamt investiert die Gemeinde rund 170.000 Euro in den Planerwettstreit, ohne einen Cent Zuschuss.
Gemischte Bebauung mit Ein- und Mehrfamilienhäusern erwünscht
Eine Fläche von zehn Hektar, noch dazu ein topfebenes Rechteck – theoretisch ließen sich hier mindestens 100 Einfamilienhäuser unterbringen. Die Gemeinde setzt aber auf eine gemischte Bebauung. "Wir wollen eine Mischstruktur, in der es Ein- und Zweifamilienhäuser geben soll, aber auch Geschosswohnungsbau, weil es einen großen Bedarf an Mietwohnungen gibt", so der Bürgermeister. "Was das einmal an Einwohnern ausmachen könnte, interessiert mich heute nicht."
Fest stehe aber, dass es Jahrzehnte dauern soll, bis das Gelände voll erschlossen ist. "Unser Planungshorizont liegt bei 30, vielleicht auch 40 Jahren." Lediglich der erste Bauabschnitt soll schon bald erschlossen werden, "aber da reden wir auch von Minimum fünf Jahren", so Krämer.
Doch sind solche großflächigen Erschließungen angesichts ihres Flächenverbrauchs noch zeitgemäß? Die Frage bejaht der Bürgermeister eindeutig. Giebelstadt bekenne sich weiterhin eindeutig zur Innenentwicklung und zur Aktivierung von Leerständen. Aber eine Erhebung der Allianz fränkischer Süden habe ergeben, dass der künftige Wohnraumbedarf in Giebelstadt weit höher liegt als durch Leerstände zu gewinnen wäre.
"Wir fördern keine Leerstände, indem wir Bauland ausweisen", ist der Bürgermeister überzeugt, außerdem scheitere Leerstandsmanagement häufig am fehlenden Verkaufsinteresse der Eigentümer oder überhöhten Preisvorstellungen. "Ich kriege ständig Anfragen von Kaufinteressenten, die ich weitergebe". Auch die Leerstandsmanagerin an der Regierung von Unterfranken habe Bedenken vorgebracht, die er zerstreuen konnte. so Krämer weiter.
Das Vorhaben erinnert an den Ochsenfurter Dümmersberg
Im Grunde ähneln die Pläne einem Vorhaben der Stadt Ochsenfurt, die auf dem Dümmersberg ebenfalls eine große Fläche als Baulandreserve für die kommenden Jahrzehnte ausweisen wollte. Die Pläne entfachten eine kontroverse Diskussion in der Bevölkerung und scheiterten letztlich an einem Bürgerentscheid. In Giebelstadt befürchtet Bürgermeister Helmut Krämer kein ähnliches Schicksal. Er will die Bürger frühzeitig einbinden und etwa die Wettbewerbsbeiträge veröffentlichen und zur Diskussion stellen. "Man muss die Bevölkerung natürlich mitnehmen", so Krämer.