Am Dienstagmorgen reiht sich Feuerwehrauto an Feuerwehrauto im historischen Hof der Kartause Engelgarten in Estenfeld. Um 5.31 Uhr ging ein Notruf wegen Rauchentwicklung bei den Einsatzkräften ein – es dauerte nicht lange, bis ein Teil der alten Gemäuer lichterloh brannte. „Bei unserem Eintreffen stand der untere Teil des historisch wertvollsten Gebäudes schon in Flammen“, sagt Einsatzleiter Konrad Hasch von der Feuerwehr Estenfeld. Er ist froh, dass der Brand so schnell gemeldet wurde. „Sonst hätte das hier ganz anders ausgehen können.“
Zwar konnten die rund 80 Feuerwehrmänner aus Estenfeld, Mühlhausen und Kürnach das Feuer relativ schnell löschen, sie waren jedoch den ganzen Tag noch mit Nachlöscharbeiten beschäftigt. Die Einsatzkräfte mussten überwachen, dass die historischen Lehm-Stroh-Decken durch die Resthitze kein Feuer mehr fangen. „Das Feuer hat sich durch zwei Decken durchgefressen, der Dachstuhl ist beschädigt und Dachbalken teilweise abgebrannt“, so der Feuerwehrkommandant über den Zustand des Gebäudes, das vorerst nicht betreten werden darf.
Hinweise auf Brandstiftung
Verletzt wurde bei dem Brand im Ort zum Glück niemand. „Die Bewohner aus dem Nachbargebäude, das nicht unmittelbar zum Kartausenhof gehört, wurden informiert, dass sie Fenster und Türen geschlossen halten müssen“, so der Kommandant. „Nach ersten vorsichtigen Schätzungen dürften die Schäden im sechsstelligen Bereich liegen“, informiert Björn Schmitt vom Polizeipräsidium Unterfranken. Die Kriminalpolizei Würzburg ermittelt – und hat Hinweise, dass der Brand vorsätzlich gelegt worden sein könnte. Die Kripo hofft nun auf Hinweise aus der Bevölkerung.
Um die Zukunft des gemeindeeigenen historischen Wirtschaftshofes der Kartause Engelgarten wird in Estenfeld heftig gestritten. Zwei Fraktionen im Gemeinderat hätten dort gern ein Kultur- und Bürgerzentrum mit integriertem Rathaus (SPD, UWG), eine Fraktion (CSU) neben Kultur und Begegnung anstelle des Rathauses eine Ausbildungsstätte für das Handwerk. Weil mittlerweile ein Bürgerbegehren für zulässig erklärt wurde, das sich gegen einen Rathaus-Neubau auf dem Areal ausspricht, werden bis Ende April die Estenfelder per Bürgerentscheid über die Zukunft der Kartause zu entscheiden haben.
Hitzige Diskussion um die Kartause
Dass das Feuer gerade in dem historisch wertvollsten Gebäude gewütet hat, ist ein großer Verlust für die Kartause, erklärt Matthias Kehl, der als Bauingenieur der Firma Mittnacht die Statik untersucht hat. „In einem der wenigen Bereiche, die noch die originale Bausubstanz hatten, hat es nun gebrannt.
“ Dieser Ansicht schließt sich auch Bürgermeisterin Rosi Schraud (CSU) an. „Durch das Feuer wurde viel zerstört, was unwiederbringlich verloren ist.“
Sie sieht jedoch keinen Zusammenhang zwischen einer möglichen Brandstiftung und der hitzigen Diskussion um das historische Areal. „Die Nutzung dieses Gebäudeteils ist unstrittig gewesen“, erklärt Schraud. In der Remise, die jetzt dem Brand zum Opfer gefallen ist, sollte ein Café mit Biergarten kommen, in die oberen Geschosse ein kleines Museum, so Schraud. Die Teile des Areals, um die im Ort gestritten wurde, sind vom Feuer verschont geblieben.
Das Original ist für immer verloren
„Es ist furchtbar, wenn es tatsächlich Brandstiftung wäre“, sagt sie. „Dann hat man der Dorfgemeinschaft mit Absicht ein Stück ihrer Geschichte genommen.“ Zwar wurden bereits Gebäudevermessungen durchgeführt, sodass die verlorene Architektur wieder rekonstruiert werden kann, erklärt sie. „Aber leider ist es dann eben nicht mehr das Original.“
„Es ist sehr bedauerlich und ganz schlecht für Estenfeld“, sagt Joachim Iwanowitsch, Vorsitzender des Freundeskreises der Kartause, über den Brand. Er hofft nach dem Vorfall nun auf eine Versachlichung der Diskussion, wenn es um die Zukunft des Areals geht. „Man muss sich zusammen an den Tisch setzen und ohne Emotionen Argumente abwägen – das ist bis jetzt nicht passiert.“ Schließlich sei es doch im Sinne aller Estenfelder die Kartause zu retten.
Wer hat etwas beobachtet? Zeugen werden gebeten, sich bei der Kriminalpolizei unter Tel. (0931) 457 17 32 zu melden.