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Würzburg
Würzburger Werk steht vor dem Aus, IG Metall appelliert an Brose-Chef: "Eigentum verpflichtet, Herr Stoschek!"
Angst, Wut, etwas Hoffnung bei den Mitarbeitenden des Würzburger Brose-Werks, dem die Schließung droht: Am Donnerstag sprach der Betriebsrat bei einer Betriebsversammlung. 
Hunderte von Brose-Mitarbeitenden kamen am Donnerstag zur Betriebsversammlung:  Dem Werk in Würzburg droht die Schließung.
Foto: Daniel Peter | Hunderte von Brose-Mitarbeitenden kamen am Donnerstag zur Betriebsversammlung:  Dem Werk in Würzburg droht die Schließung.
Manuela Göbel
 |  aktualisiert: 18.02.2025 02:37 Uhr

Drei Grad Celsius und Nebel - genauso trüb wie das Wetter ist am Donnerstagmorgen die Stimmung am Werkstor des Automobilzulieferers Brose in Würzburg. Vor 24 Stunden wurde öffentlich, dass der weltweit tätige Konzern aus Coburg erwägt, das Werk am Standort Würzburg zu schließen. Der Betrieb ist der zweitgrößte industrielle Arbeitgeber der Stadt. Rund 1400 Menschen sind hier beschäftigt.

"Es sieht nicht rosig aus", sagt Thomas Fester aus Gemünden. Seit 16 Jahren ist er bei Brose in Würzburg. Dass er seine Arbeit Ende 2026 verlieren könnte, macht ihm Sorgen. Auch Jens Bönewitz hat Angst um seine Zukunft. "Aber wir hoffen noch auf eine Rettung", sagt der 40-Jährige.     

Angst und Hoffnung - außer diesen beiden Gefühlen spürt man in der Belegschaft auch noch Wut. Mitarbeiter erzählen, sie hätten auf Lohn verzichtet und sehr flexibel gearbeitet. "Wir haben viel Einsatz gezeigt und auch Werke im Ausland mit unserem Fachpersonal aus Würzburg unterstützt", sagt Karahoc Ertugral, der seit 24 Jahren im Würzburger Werk ist und als Teamleiter arbeitet. "Unsere Loyalität und Engagement für diesen Laden sind anscheinend nichts wert", sagt ein anderer langjähriger Mitarbeiter. 

Betriebsratsvorsitzender will für den Erhalt des Würzburger Brose-Werks kämpfen

Im Sommer 2024 hatte der Coburger Konzern mit weltweit etwa 32.000 Beschäftigten noch angekündigt, in Würzburg lediglich 120 Stellen in der Verwaltung abbauen zu wollen. Im Dezember wurde dann von weitergehenden Sparplänen gesprochen, nachdem der Umsatz mit 7,7 Milliarden Euro drei Prozent unter dem des Vorjahres gelegen hatte. Doch mit der Schließung des Würzburger Werks rechnete kaum jemand. 

Fotoserie

Wie man dessen Schließung noch verhindern will, erklärt an diesem Donnerstagmorgen Betriebsratsvorsitzender Yves Weinberger.  "Wir müssen jetzt kämpfen", ruft Weinberger ins Mikro. Hunderte Mitarbeiter haben sich auf dem Brose-Gelände zur Betriebsversammlung unter freiem Himmel versammelt.           

Betriebsratsvorsitzender: Aus für den Standort wäre Katastrophe

Laut Weinberger hat die Belegschaft in den vergangenen Jahren "Höchstleistungen erbracht und Innovationskraft bewiesen". Das Ende des Standorts wäre ein katastrophales Signal für alle Brosianer und eine Katastrophe für die gesamte Region, sagt der Betriebsratschef. Er setzt darauf, dass alle Beschäftigten an diesem Samstag zur Demonstration durch die Würzburger Innenstadt kommen, zu der die IG Metall aufruft. Das Motto: "Brose-Aus? Wir lassen das nicht zu!"  

Norbert Zirnsak, Erster Bevollmächtigter IG Metall Würzburg, spricht am Rande der Betriebsversammlung bei Brose mit Medienvertretern.
Foto: Daniel Peter | Norbert Zirnsak, Erster Bevollmächtigter IG Metall Würzburg, spricht am Rande der Betriebsversammlung bei Brose mit Medienvertretern.

Auch der Gewerkschaft sei klar, dass der Autozulieferer aktuell mit großen Herausforderungen zu kämpfen habe, erklärt Sabine Witt von der IG Metall. Aber: "Wir haben die Zahlen analysiert, sie sagen nicht, dass Würzburg defizitär ist." Sie frage sich deshalb: "Warum vertraut Herr Stoschek nicht mehr in Würzburg?" 

Das Unternehmen hatte am Mittwoch auf Anfrage mitgeteilt, "der zunehmend defizitäre Standort Würzburg" stehe auf dem Prüfstand.

Appell der IG Metall an Konzernchef Michael Stoschek

Direkt an Konzernchef Michael Stoschek wendet sich auch Norbert Zirnsak, Erster Bevollmächtigter IG Metall Würzburg, in seiner Rede auf der Betriebsversammlung. Er kündigt an, in die Offensive zu gehen. Man werde das Unternehmen auffordern, einen Sozialtarifvertrag mit langfristigen Beschäftigungsgarantien abzuschließen, über 2030 hinaus. Dann befände man sich in Tarifverhandlungen und könne streiken: "Wir werden Betrieb stilllegen, wenn es sein muss", ruft Zirnsak. Die Zuhörer klatschen.      

Weil die Arbeitsplätze bei Brose für 1400 Beschäftigte und deren Familien sowie für die gesamte Region Würzburg bedeutsam sei, appellierte Zirnsak an den Firmenpatriarch: "Herr Stoschek, Sie haben viel für die Region getan, jetzt tragen Sie Verantwortung, übernehmen Sie sie, denn Eigentum verpflichtet." 

Das Unternehmen äußert sich am Donnerstag nicht. Ein Brose-Sprecher kam zwar zum Werkstor, sagte aber nur, dass es nichts Neues zu sagen gebe.

 
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  • Erich Spiegel
    Jetzt zeigen sich die negativen Folgen des Streiks im letzten Jahr. Man konnte noch einmal 8% Lohnerhöhung durchdrücken. Meiner Meinung waren die Lohnforderungen völlig überzogen. Aber natürlich war der Streik nur das i-Tüpfelchen auf eine langjährige Entwicklung. Die Gewerkschaften sind geistig stehen geblieben. Sie bewegen sich noch im Jahr 1990, aber die Welt hat sich weitergedreht. Inzwischen haben Konzerne Alternativen zur Fertigung und Entwicklung in Deutschland. Sie können (und müssen um zu überleben) in Länder wie Indien und China gehen wo die Arbeitskosten viel niedriger sind als in Deutschland. Länder, die im Jahr 1990 wirtschaftlich keine Rolle gespielt haben, aber inzwischen aufgeholt haben. Mein Rat an die Gewerkschaft mal in sich zu gehen und nachzudenken. Das wäre der erste Schritt für eine Lösung.
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  • Peter Koch
    8% verteilt auf 2 Jahre waren gerade mal, wenn überhaupt, der rückwirkende Inflationsausgleich. Wie sollten sich denn Brose Arbeiter Autos mit Brose Teilen kaufen können wenn der Reallohn jedes Jahr sinken würde. 2022 gab es ja einen Rückgang des Reallohns.
    Aber ja, immer nur feste draufhauen auf die Arbeitnehmer. Die sind ja selbst schuld, dass sie nicht reich sind.
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  • Erich Spiegel
    Das hat nix mit draufhauen zu tun, sondern der Realität ins Auge schauen. Realitätsverweigerung hilft kein bischen. Demnächst können die entlassenen Brose Mitarbeiter sich vom Arbeitslosengeld sicherlich ein neues Auto kaufen. Aber nur, wenn sie im Zelt wohnen und sich die Miete sparen.
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  • Peter Koch
    Meine Antwort auf diesen Zynismus wäre nicht druckreif, also antworte ich nicht.
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  • Dietmar Eberth
    Ja manche meinen einfach nur noch die Hälfte essen um der Inflation ein Schnippchen zu schlagen.

    Lebensmittel sind in den vergangenen drei Jahren um fast ein Drittel teurer geworden
    https://www.tagesschau.de/wirtschaft/verbraucher/inflation-lebensmittel-preisanstieg-100.html
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  • Hubert Endres
    Auto, Energie und Urlaub aber auch. Mal daran gedacht ?
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  • Kurt Redelberger
    "Wir werden Betrieb stilllegen, wenn es sein muss", ruft Zirnsak. Die Zuhörer klatschen.
    Nicht ihr sondern der Gesellschaftlr will diesen Betrieb stilllegen. Setzt euch zusammen und sorgt dafür daß in Würzburg die Lichter nicht ausgehen, Drohungen sind hierbei nicht hilfreich!
    Vielleicht sollte die Belegschaft eine Delegation wählen die in Coburg verhandelt. Berufsgewerkschaftler die selber nicht bei Brose arbeiten sind hierfür vermutlich nicht die richtigen sonst würden sie solche Aussagen nicht tätigen.
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