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Würzburg
Würzburger Stadtbau verklagt ihren Chef: Es geht um Schadensersatz von mehr als einer Million Euro
Das Würzburger Wohnungsbauunternehmen Stadtbau verlor bei einem Bauprojekt über eine Million Euro. Geschäftsführer Hans Sartoris soll für den Schaden haften.
Hans Sartoris ist seit 2006 Geschäftsführer des kommunalen Unternehmens Stadtbau Würzburg.
Foto: Johannes Kiefer | Hans Sartoris ist seit 2006 Geschäftsführer des kommunalen Unternehmens Stadtbau Würzburg.
Manuela Göbel
 |  aktualisiert: 10.02.2024 13:02 Uhr

Hans Sartoris, Geschäftsführer des kommunalen Unternehmens Stadtbau Würzburg GmbH, wird auf eine Million Euro Schadensersatz verklagt. Wie die Pressestelle des Würzburger Landgerichts auf Anfrage dieser Redaktion bestätigt, gibt es ein Zivilverfahren der Stadtbau gegen den 63-Jährigen, "in dem Schadensersatz von über einer Million Euro im Zusammenhang mit einem Bauvorhaben geltend gemacht wird".

Bei dem Bauvorhaben geht es um den ersten Bauabschnitt des Stadtteil Hublands. Die Stadtbau hat 2016 entlang der Landebahn des Landesgartenschaugeländes für rund 40 Millionen Euro neun Häusern mit 175 Wohnungen gebaut. Was ist damals schief gegangen?

OB und Geschäftsführer schreiben Brief an die Mitarbeiter der Stadtbau

Nachdem die Redaktion vor zwei Wochen der Pressestelle des Rathauses detaillierte Fragen zu der juristischen Auseinandersetzung mit Geschäftsführer Sartoris gestellt hatte, informierte man am 19. April die rund 100 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Stadtbau über den "Sachverhalt Brochier".

Diese Häuser der Stadtbau an der Landebahn des Landesgartenschaugeländes wurden 2016 gebaut.
Foto: Patty Varasano | Diese Häuser der Stadtbau an der Landebahn des Landesgartenschaugeländes wurden 2016 gebaut.

In einem von Geschäftsführer Sartoris und Aufsichtsratsvorsitzenden OB Christian Schuchardt unterzeichneten Brief steht, dass vor Weihnachten 2016 eine Baufirma kurzfristig von der Stadtbau eine Bürgschaft, eine sogenannte Bauhandwerksicherheit, verlangt hatte. Als sie diese nicht fristgerecht bekam, habe die Baufirma den Vertrag für Baumaßnahmen im Quartier Hubland I gekündigt.

Stadtbau Würzburg muss Ersatzzahlungen und Folgekosten zahlen

Die Stadtbau versuchte in der Folge vergeblich, die Kündigung mit juristischen Mitteln zu verhindern. Doch das Landgericht Würzburg sah diese als rechtens an. Deshalb musste die Stadtbau Ersatzzahlungen an die Baufirma leisten und Folgekosten bei der Fertigstellung des Bauvorhabens tragen.

Informiert werden die Stadtbau-Mitarbeiter weiter darüber, dass Geschäftsführer Sartoris mit einer Haftpflichtversicherung für Unternehmensleiter gegen "durch solche Sachverhalte entstandene Schäden grundsätzlich versichert" sei. Allerdings könne die Stadtbau ihre Ansprüche nicht direkt gegen die Versicherung geltend machen. "Deshalb ist beabsichtigt, zwischen allen Beteiligten möglichst zeitnah eine einvernehmliche Regelung zu finden," schreiben Sartoris und Schuchardt.

Was die Stadtbau-Beschäftigten nicht erfahren

Über einiges werden die Beschäftigten in dem Brief, den die Pressestelle des Rathauses dieser Redaktion zur Verfügung stellte, nicht informiert: Zum einen fehlt, dass die Stadtbau den Geschäftsführer verklagt hat. Zum anderen wird die Höhe des Schadens, der der Stadtbau und damit der Stadt entstanden sind, verschwiegen. Laut Landgericht Würzburg geht es um über eine Million Euro, die die Stadtbau von ihrem Geschäftsführer beziehungsweise dessen Versicherung fordert. Ein Verhandlungstermin steht bislang noch nicht fest.

Laut Gesetz haftet der Geschäftsführer einer GmbH persönlich, wenn durch seine Pflichtverletzungen der Gesellschaft Schäden entstanden sind. Welche Pflichten Sartoris verletzt haben soll, beantwortet die Pressestelle des Rathauses mit Hinweis auf das schwebende Verfahren nicht. Nach Informationen dieser Redaktion soll er dafür verantwortlich gewesen sein, dass die Bürgschaft nicht fristgerecht zur Verfügung stand und in Folge der Vertrag mit der Baufirma nichtig wurde. Sartoris will sich zu der Sache nicht äußern.

Welche Auswirkungen hat der Rechtsstreit der Stadtbau mit ihrem Geschäftsführer auf dessen aktuelle Tätigkeit? Diese Frage könnten die Mitglieder des Stadtrats beantworten, die im Aufsichtsrat der Stadtbau den Geschäftsführer kontrollieren. Doch da alle Details des Vorgangs "streng nichtöffentlich" behandelt werden, bekommt die Redaktion darauf keine Antwort. Den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des kommunalen Immobilienunternehmens, das über 5500 Wohnungen in Würzburg besitzt, versichern OB und Sartoris, dass sich an einer "vertrauensvollen Zusammenarbeit" nichts ändere.

Es gab schon einmal eine Klage gegen Geschäftsführer und Aufsichtsräte der WVV

Ein ähnlicher Fall hatte 2010 Schlagzeilen gemacht: Damals ging es um Millionenverluste der Würzburger Versorgungs- und Verkehrs-GmbH (WVV) aus risikoreichen Zinswetten. Zwischen 2002 und 2005 hatte die WVV dabei über vier Millionen Euro verloren. Diese wollte man teilweise von Geschäftsführern und Aufsichtsräten der WVV – beziehungsweise ihrer Versicherung – zurück haben und zog vor Gericht. Die Klage vor dem Landgericht Würzburg endete 2012 mit einem Vergleich.

 
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  • festoessel@gmail.com
    Haben der Geschäftsführer eines stadteigenen Unternehmens und die Stadt selbst nicht Juristen im eigenen Hause, die sich bei derartig aufwendigen und teuren Geschäften mit Rat und Tat gegenseitig über die Schulter schauen? Wieso liegt die durchaus übliche Forderung für eine Handwerkerbürgschaft besagten Bauunternehmens als Teil des Vertrages bis auf den letzten Drücker und dann ohne Abschluss oder mit der Bitte um Verlängerung der Abgabefrist in der Schublade? Wenn man schon einmal gutes Geld, wie im erwähnten Fall der WVV, in den Sand gesetzt hat, müsste man daraus doch Lehren gezogen haben können. Oder blickt hierbei der Bürger nur nicht durch, weil das für ihn alles zu komplex, zu kompliziert und von konträren Interessen geleitet ist? Eine Million EUR ist für Konzerne vielleicht nur "ein Milliönchen", das man aus der Portokasse nimmt. Doch eine Million ist kein Pappenstiel, schon gar nicht für den Geschäftsführer, seine Haftpflichtversicherung und auch nicht für die Stadt.
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  • peterlesbub
    Vermute mal, es geht nur darum, dass die Gf-Haftpflichtversicherung den Schaden ersetzt.Für die Versicherungsleistung braucht man halt ein rechtskräftiges Urteil, in dem die Schuld festgestellt ist.
    So war es wohl auch bei Herrn Winterkorn von VW, halt nur mit wesentlich höheren Schadenssummen nach dem Dieselskandal.
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  • rolandroesch@web.de
    Selbsthaftung gehört für alle in den planenden Etagen und Politik ins Gesetzbuch und unser Land hat keine schulten mehr .
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  • p-koch-dettelbach@t-online.de
    Dann wäre kein Mensch mehr so blöd für den Staat oder seine Organisationen zu arbeiten. In der Industrie darf man nämlich mal ungestraft einen Fehler machen sofern hier überhaupt einer gemacht wurde.
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  • Faultier
    ...und unser Land hat bald keine Geschäftsführer und keine Politiker mehr.
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  • christian.papay@stuggi.org
    Was kam beim Vergleich im Fall WVV raus?
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  • p-koch-dettelbach@t-online.de
    Dass eine GmbH ihren Geschäftsführer verklagt ohne ihn zu entlassen ist schon sehr ungewöhnlich. Übrigens hat die Würzburger Stadtbau schön Gewinn eingefahren, da verzeiht man normalerweise einem GF auch mal einen Fehler.
    https://www.northdata.de/Stadtbau+W%C3%BCrzburg+GmbH,+W%C3%BCrzburg/HRB+81
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  • matthiasr
    Und wir wundern uns, warum Bauvorhaben ewig dauern, man wegen jeder Frage Rechtsanwälte einschaltet und die Kosten für alles steigen und keiner mehr Verantwortung tragen will...
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