Hans Sartoris, Geschäftsführer des kommunalen Unternehmens Stadtbau Würzburg GmbH, wird auf eine Million Euro Schadensersatz verklagt. Wie die Pressestelle des Würzburger Landgerichts auf Anfrage dieser Redaktion bestätigt, gibt es ein Zivilverfahren der Stadtbau gegen den 63-Jährigen, "in dem Schadensersatz von über einer Million Euro im Zusammenhang mit einem Bauvorhaben geltend gemacht wird".
Bei dem Bauvorhaben geht es um den ersten Bauabschnitt des Stadtteil Hublands. Die Stadtbau hat 2016 entlang der Landebahn des Landesgartenschaugeländes für rund 40 Millionen Euro neun Häusern mit 175 Wohnungen gebaut. Was ist damals schief gegangen?
OB und Geschäftsführer schreiben Brief an die Mitarbeiter der Stadtbau
Nachdem die Redaktion vor zwei Wochen der Pressestelle des Rathauses detaillierte Fragen zu der juristischen Auseinandersetzung mit Geschäftsführer Sartoris gestellt hatte, informierte man am 19. April die rund 100 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Stadtbau über den "Sachverhalt Brochier".
In einem von Geschäftsführer Sartoris und Aufsichtsratsvorsitzenden OB Christian Schuchardt unterzeichneten Brief steht, dass vor Weihnachten 2016 eine Baufirma kurzfristig von der Stadtbau eine Bürgschaft, eine sogenannte Bauhandwerksicherheit, verlangt hatte. Als sie diese nicht fristgerecht bekam, habe die Baufirma den Vertrag für Baumaßnahmen im Quartier Hubland I gekündigt.
Stadtbau Würzburg muss Ersatzzahlungen und Folgekosten zahlen
Die Stadtbau versuchte in der Folge vergeblich, die Kündigung mit juristischen Mitteln zu verhindern. Doch das Landgericht Würzburg sah diese als rechtens an. Deshalb musste die Stadtbau Ersatzzahlungen an die Baufirma leisten und Folgekosten bei der Fertigstellung des Bauvorhabens tragen.
Informiert werden die Stadtbau-Mitarbeiter weiter darüber, dass Geschäftsführer Sartoris mit einer Haftpflichtversicherung für Unternehmensleiter gegen "durch solche Sachverhalte entstandene Schäden grundsätzlich versichert" sei. Allerdings könne die Stadtbau ihre Ansprüche nicht direkt gegen die Versicherung geltend machen. "Deshalb ist beabsichtigt, zwischen allen Beteiligten möglichst zeitnah eine einvernehmliche Regelung zu finden," schreiben Sartoris und Schuchardt.
Was die Stadtbau-Beschäftigten nicht erfahren
Über einiges werden die Beschäftigten in dem Brief, den die Pressestelle des Rathauses dieser Redaktion zur Verfügung stellte, nicht informiert: Zum einen fehlt, dass die Stadtbau den Geschäftsführer verklagt hat. Zum anderen wird die Höhe des Schadens, der der Stadtbau und damit der Stadt entstanden sind, verschwiegen. Laut Landgericht Würzburg geht es um über eine Million Euro, die die Stadtbau von ihrem Geschäftsführer beziehungsweise dessen Versicherung fordert. Ein Verhandlungstermin steht bislang noch nicht fest.
Laut Gesetz haftet der Geschäftsführer einer GmbH persönlich, wenn durch seine Pflichtverletzungen der Gesellschaft Schäden entstanden sind. Welche Pflichten Sartoris verletzt haben soll, beantwortet die Pressestelle des Rathauses mit Hinweis auf das schwebende Verfahren nicht. Nach Informationen dieser Redaktion soll er dafür verantwortlich gewesen sein, dass die Bürgschaft nicht fristgerecht zur Verfügung stand und in Folge der Vertrag mit der Baufirma nichtig wurde. Sartoris will sich zu der Sache nicht äußern.
Welche Auswirkungen hat der Rechtsstreit der Stadtbau mit ihrem Geschäftsführer auf dessen aktuelle Tätigkeit? Diese Frage könnten die Mitglieder des Stadtrats beantworten, die im Aufsichtsrat der Stadtbau den Geschäftsführer kontrollieren. Doch da alle Details des Vorgangs "streng nichtöffentlich" behandelt werden, bekommt die Redaktion darauf keine Antwort. Den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des kommunalen Immobilienunternehmens, das über 5500 Wohnungen in Würzburg besitzt, versichern OB und Sartoris, dass sich an einer "vertrauensvollen Zusammenarbeit" nichts ändere.
Es gab schon einmal eine Klage gegen Geschäftsführer und Aufsichtsräte der WVV
Ein ähnlicher Fall hatte 2010 Schlagzeilen gemacht: Damals ging es um Millionenverluste der Würzburger Versorgungs- und Verkehrs-GmbH (WVV) aus risikoreichen Zinswetten. Zwischen 2002 und 2005 hatte die WVV dabei über vier Millionen Euro verloren. Diese wollte man teilweise von Geschäftsführern und Aufsichtsräten der WVV – beziehungsweise ihrer Versicherung – zurück haben und zog vor Gericht. Die Klage vor dem Landgericht Würzburg endete 2012 mit einem Vergleich.
So war es wohl auch bei Herrn Winterkorn von VW, halt nur mit wesentlich höheren Schadenssummen nach dem Dieselskandal.
https://www.northdata.de/Stadtbau+W%C3%BCrzburg+GmbH,+W%C3%BCrzburg/HRB+81