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WÜRZBURG
WVV: Swap-Affäre geht zu Ende
Von unserem Redaktionsmitglied Ernst Jerg
 |  aktualisiert: 30.06.2012 12:04 Uhr

Die Affäre um die hochrisikoreichen Zins Swap-Geschäfte der Würzburger Versorgungs- und Verkehrs-GmbH (WVV) scheint sich dem Ende zuzuneigen. Der kommunale Umweltkonzern hatte bis 2005 mit diesen Zinswetten auf künftige Entwicklungen einen Verlust von 4,1 Millionen Euro eingefahren.

Auf der Gewinnseite standen 1,2 Millionen, wurden also noch 2,9 Millionen in den Sand gesetzt. Seitdem versuchen WVV und Stadt Würzburg als Gesellschafterin, dieses verlorene Geld zurückzubekommen. Bis auf 600 000 Euro scheint das nach aktuellen Entwicklungen auch gelungen zu sein.

2,1 Millionen Euro flossen zurück in die WVV-Kassen nach einem zähen Ringen mit dem beratenden Kreditinstitut, der Deutschen Bank (wir berichteten). Diese Deals lagen vor der Zeit des jetzigen Konzern-Geschäftsführers Thomas Schäfer, der den Vergleich mit der Deutschen Bank im Dezember 2011 abschließen konnte. Die WVV war zuvor mehrmals vor Gericht gescheitert und hatte dann gegen eine Versagung zur Revision vor dem Bundesgerichtshof geklagt.

Auch andere in der Swap-Falle

Insider vermuten, die Deutsche Bank habe sich gegen ihre bisherige Politik bewegt, um ein höchstrichterliches Urteil in Sachen Swap-Beratung zu vermeiden. Denn hinter der WVV stehen noch viele weitere Stadtwerke und Kommunen in Lauerstellung, die ebenfalls in die Swap-Falle tappten.

Aber es gab noch einen zweiten Handlungsstrang, der bisher offen blieb: Handelnde Personen aus dem Konzern und Aufsichtsräte – darunter viele Stadträte – bekamen im Sommer 2010 Post vom Würzburger Landgericht mit einer Schadensersatzklage über eben diese 2,9 Millionen Euro. Wenn schon damals nicht die Bank, dann sollte wenigstens dieser Personenkreis zahlen, natürlich über die kommunale Versicherung, die jedoch zu dem Zeitpunkt abwinkte: Der Anspruch sei nicht nachvollziehbar.

Als der Vergleich mit der Bank zu Stande kam, reduzierte die WVV die Klage um 2,1 Millionen auf 800 000 Euro. Und um die gingen die Verhandlungen mit der Versicherung.

Nun beschäftigte sich der Stadtrat in nichtöffentlicher Sitzung am Donnerstag Nachmittag mit dem Thema eines neuen Vergleiches. Da ist nach Main-Post-Informationen nur noch von 200 000 Euro die Rede, 600 000 Euro muss die WVV dann wohl als Verlust abbuchen. Wie weit sind denn nun die Verhandlungen mit der Versicherung gediehen, wollte die Redaktion von Schäfer wissen, doch der verwies auf das noch schwebende Verfahren: Keine Auskünfte.

16 Beklagte atmen auf

Doch nach Insider-Informationen ist der Weg nun folgender: Der Stadtrat hat mit Mehrheit am Donnerstag dem Vergleich zugestimmt. Schon am 21. Mai gab es das Ja vom WVV-Aufsichtsrat. Nun fehlen nur noch die Unterschriften der 16 Beklagten als Zustimmung zum Vergleich, dann wird die Klage am Landgericht zurückgezogen, ein Schlussstrich ist gezogen. Die Versicherung hat nach Main-Post-Informationen ihre Zustimmung signalisiert. Zwei besonders prominente Beklagte sind der ehemalige WVV-Geschäftsführer Herbert Wolf und die damalige Oberbürgermeisterin der Stadt Würzburg, Pia Beckmann.

Die beratende Anwaltskanzlei hat den Vergleich befürwortet und der Stadt einige Argumente dafür mitgeteilt. So sei das Prozessrisiko und damit auch die entstehenden Kosten stark angestiegen nach dem Vergleich mit der Deutschen Bank, denn der könne vor dem Landgericht als Eingeständnis des Kreditinstitutes gewertet werden. Dann träfe die Aufsichtsräte keine Schuld mehr. Außerdem stehe einer Klage ein Spannungsverhältnis im Wege zwischen den haftungsrechtlichen Risiken eines Aufsichtsratsmandates und einem Wählerauftrag als Stadtrat und damit auch als Aufsichtsrat mit gleichzeitiger Einflussnahme der Stadt auf das kommunale Unternehmen.

 
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  • gudrun_aus_zell
    Die Aussage "Diese Deals lagen vor der Zeit des jetzigen Konzern-Geschäftsführers Thomas Schäfer" ist falsch. Denn Herr Schäfer hat mit Herrn Dr. Menke die Zinsderivate in „Verhandlungen über die Restrukturierungsvereinbarung vom 24.02.2006“ umgestaltet. Dadurch ist der Schaden um 0,6 bis 1,2 Mio. Euro vergrößert worden.

    Das lässt sich aus em Urteil 4 U 92/08 des OLG Bamberg vom 11.5.2009 herleiten, juris-Randnummern 243 und 54, sowie aus der folgenden Bemerkung der Staatsanwaltschaft Würzburg aus dem Bescheid vom 18.9.2012. Demnach hatte der CMS-Spread-Ladder-Swap „zum 24.2.2006 einen negativen Marktwert in Höhe von 2.009.412 Euro zu Lasten der WVV“, so die Staatsanwaltschaft Würzburg unter Punkt 5 auf Seite 10 ihres Bescheids vom 18.9.2009.

    Wer die genaue Herleitung der Schadenshöhe bekommen möchte, für die Herr Schäfer verantwortlich ist, kann sich per Mail an mich wenden.

    Viele Grüße
    Lothar Gutsche
    Email: Lothar.Gutsche@arcor.de
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  • schuema@web.de
    restlichen 600 TEUR wenigstens von den ehemaligen GFs geholt oder gilt der geschlossene Vergleich auch für diese Pseudoführungskräfte?
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  • gudrun_aus_zell
    Im Main-Post-Artikel steht die Antwort: "Da ist nach Main-Post-Informationen nur noch von 200 000 Euro die Rede, 600 000 Euro muss die WVV dann wohl als Verlust abbuchen." Allerdings ist fraglich, ob die Management-Versicherung überhaupt zahlt. Denn mit der hatte ich vor etwa anderthalb Jahren Kontakt aufgenommen und sie mit Belegen aus dem Urteil des OLG Bamberg eindringlich mit einem 12 Seiten langen Brief und mit einem längeren Telefonat darauf hingewiesen, dass in Würzburg vorsätzlich spekuliert wurde und dass das Risikomanagement vorsätzlich mangelhaft war. ImÜbrigen hätten die Verantwortlichen mehrere Warnhinweise bewusst übergangen.

    Während die Versicherung bei Fahrlässigkeit oder grober Fahrlässigkeit zahlen müsste, dürfte sie es bei Vorsatz nicht. Doch jetzt beträgt die Schadenssumme nur noch 200.000 Euro. Vielleicht übernimmt die Versicherung das aus Kulanz und macht einen Deal durch neue Verträge - eine Hand wäscht die andere.

    Lothar Gutsche
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  • gudrun_aus_zell
    Was soll der letzte Satz in dem Artikel sagen? "Außerdem stehe einer Klage ein Spannungsverhältnis im Wege zwischen den haftungsrechtlichen Risiken eines Aufsichtsratsmandates und einem Wählerauftrag als Stadtrat und damit auch als Aufsichtsrat mit gleichzeitiger Einflussnahme der Stadt auf das kommunale Unternehmen." Hat es etwa einen Auftrag der Stadt Würzburg an die früheren Vorstände der Stadtwerke gegebenen, jetzt einmal ein wenig mit Zinsderivaten herumzuspekulieren und mit den Gewinnen die leeere Stadtkasse aufzufüllen?

    Wenn man Seite 4 der Stellungnahme der Staatsanwaltschaft Würzburg vom 18.9.2009 glauben darf, dann lautet die Antwort "ja". Ja, die Stadtwerke und die Heizkraftwerk GmbH sollten als private Kapitalgesellschaften im Auftrag der Stadt spekulieren. Denn die Kommune war wegen des Bayerischen Derivaterlasses am Spekulationen gehindert und konnte nur so das Kommunalrecht umgehen.

    Viele Grüße
    Lothar Gutsche
    Email: Lothar.Gutsche@arcor.de
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  • schneiderassa
    Wenn Sie gewählt sind wird die Macht an sich gezogen. Muß überhaupt die Städtische AG WVV diese Menge an Aufsichsräten haben ? Genügt nicht ein Gesamtaufsichtsrat für das komplette Unternehmen. Jetzt kommen wieder 4 Aufsichtsräte und ein Vorsitzender dazu. Ich schätze dass auf diese Art und Weise 60 bezahlte Posten vorhanden sind. Die Kosten die wir alle dafür aufbringen liegen ungefähr bei 300.000 Euro im Jahr. Stadträte in den Aufsichtsräten von WVV werden bezahlt und sollen dafür haften - Keiner der im Stadtrat ein Mandat sollte in einem Aufsichtsrat der WVV sitzen. Wie ein solcher bezahlter Posteninhaber abstimmt haben wir oft genug zu spüren bekommen. Der Stadtrat soll die Geschäfte der WVV kontrollieren in Wahrheit aber wird hier die Aufsichtspflicht mit Vorsatz nicht erfüllt
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  • peterlesbub
    indem man Leute als Aufsichtsräte einsetzt, die von ihrer beruflchen Qualifikation das Amt des Aufsehers überhaupt nicht sachgerecht erfülen können. Für diese Posten sind externe Experten gefragt, die zwar einiges mehr kosten, aber dafür ein vielfaches an Schaden verhindern können. Die Zeit der Grüßauguste sollte vorbei sein.
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  • karl_graf@gmx.net
    Obwohl selbst Aufsichtsrat (Trinkwasser, und von den Swaps nicht betroffen) grundsätzlich Zustimmung. Das Problem ist jedoch wer dann? Die Stadt ist Eigentümer und mag das nicht in fremde Hände geben. Angestelle/Beamte aus der Verwaltung - auch keine gute Lösung. Die Anforderungen an den Aufsichtsrat sind hoch. Er müsste die Geschäftsvorfälle ohne fremde Hilfe beurteilen können. Es sind neben den ökonomischen und juristischen Kenntnissen je nach Unternehmen z B. spezielle Kenntnisse über den Strom- Gasmarkt , Wasser, erforderlich - und zugegeben, da haperts schon mal.

    Karl Graf, Mitglied des Stadtrats
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  • peterlesbub
    die Verantwortung über das "große ganze" aus der Hand zu geben, genau dafür sind gewählte Stadträte als Vertreter des Eigentümers gefragt. Meine Kritik geht dahin, dass diese sich aber externen Rat bei Entscheidungen, die sie nicht überblicken können, holen müssten (wirtschaftlich, juristisch, selbstverständlich hier auch technisch). Danach können die Entscheidungen unter Abwägung der Expertenmeinung(en ) besser getroffen werden. Wenn erst der Wirtschaftsprüfer nach einem Jahr das Testat verweigert ist es halt zu spät.
    Ich bin selbst Verbandsrat in einem kommunalen Zweckverband im Landkreis und wundere mich regelmäßig über Kollegen, die im Eilverfahren die Hand zu Entscheidungsvorlagen heben mit dem Ziel, möglichst bald den Heimweg anzutreten.
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  • Wenn so ein Spannungsverhältnis zwischen Wählerauftrag und hafttungsrechlichen Risiken eines Aufsichtsratsmandats die Einklagung von Schäden für die Öffentlichkeit erschweren, dann liegt es doch nahe, daß die Haftung auf die Parteien (SPD und CSU) übergeht, die diesen Zustand herbeigeführt haben.

    Wer meint, er müsse seine eigenen Leute kontrollieren für den sollte es doch selbstverständlich sein für den Schaden, den er angerichtet hat auch gerade zu stehen!
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  • schuema@web.de
    haben auch Stadträte für den Vergleich gestimmt, die selbst betroffen sind. Oder haben die sich aus Hygienegründen enthalten? Wenn nicht ist das alles ein großer Witz, wenn sie sich enthalten haben sollten, hat es dennoch ein erhebliches G´schmäckle - und 600000 Euro Schaden für uns Steuerzahler! Irgendjemand muss doch haften, es geht nicht an wirtschaftliche Unbedarftheit zu sozialisieren.
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  • karl_graf@gmx.net
    Die Gemeindeordnung ist da sehr klar. Wer selbst betroffen ist darf weder an der Debatte noch an der Abstimmung teinehmenl.
    Karl Graf, Mitglied des Stadtrats
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  • schneiderassa
    Da tritt der WSB Aufsichtsratvorsitzender Herr Pilz als dieser auch auf in der Stadtratsitzung und spricht auch noch in dieser Eigenschaft. Zuletzt ganz groß am 30.03.2012 als es um die Schließung Oegg - Tor ging. Gesteren wieder als es um die Ablehnung des vom Bund geförderten Test mit drei Hybridbussen ging Die Stadträte in der WVV WSB werden auch noch dafür bezahlt.
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  • karl_graf@gmx.net
    Da sind sie ja nicht persönlich betroffen!
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  • schneiderassa
    Wenn ich Stadtrat bin und im Aufsichtsrat der WSB sitze - dann bin ich wohlweislich ein Betroffener. Ich stimme über Anträge der WSB ab und sitze in deren Aufsichtsrat ! Werden hier die Gestzte so ausgelegt, wie es mittlerweile der neuen Bevölkerungsschicht " Politiker " in den Kram paßt ? Eine Frage am Rande, hat eigentlich noch jder Stadtrat seinen Parkplatz in der Tiefgarage wie früher ? Ist zwar nicht relevant aber interessant.
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  • karl_graf@gmx.net
    nein. Wenn ich im Aufsichtsrat und im Stadtrat sitze bin ich dadurch nicht Betroffener. Das ist ja keine Angelegenheit wo die eigenen, persönlichen Interessen berührt werden. Ich empfehle die Meinung eines mit Verwaltungsrecht vertrauten Juristen einzuholen.

    Zur zweiten Frage: Städträte können einen Parkplatz in der Tiefgarage anmieten. Sie bezahlen einen relativ günstigen Preis. Ich hab keinen!
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