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Würzburg
Würzburger Mozartfest mit den Bamberger Symphonikern: Polizei rettet "Bruckner im Dom"
Dass das Traditionskonzert im Würzburger Kiliansdom nicht kurzfristig platzte: ein Verdienst der Polizei. Und auch Domorganist Stefan Schmidt war voll im Einsatz.
Fast auf der Autobahn stecken geblieben, dann doch noch rechtzeitig zum Konzert da: Die Bamberger Symphoniker unter der Leitung von Christoph Eschenbach am Samstag beim Würzburger Mozartfest mit 'Bruckner im Dom'.
Foto: Janina Hupfer | Fast auf der Autobahn stecken geblieben, dann doch noch rechtzeitig zum Konzert da: Die Bamberger Symphoniker unter der Leitung von Christoph Eschenbach am Samstag beim Würzburger Mozartfest mit "Bruckner im Dom".
Elke Tober-Vogt
 |  aktualisiert: 08.02.2024 12:49 Uhr

Wenn Konzertverantwortliche das noch leere Podium betreten, kann das von einer freundlichen Begrüßung bis zur Hiobsbotschaft alles bedeuten. Evelyn Meining, Intendantin des Mozartfests Würzburg, begann im Kiliansdom am Samstag mit Ersterem und blickte dann auf die Wiedereröffnung des Doms 1967 mit den Bamberger Symphonikern sowie die 2014 begründete Tradition von "Bruckner im Dom" beim Würzburger Festival zurück.

Stau auf der Autobahn - und Hilfe von der Polizei

Dann folgte Unerwartetes: Autobahn-Vollsperrung, sagte Meining. Die Bamberger Musiker saßen fest. Dass das Ensemble knapp vor Konzertbeginn doch in Würzburg eintrafen - die Polizei habe es möglich gemacht und die Orchester-Busse durch die Rettungsgasse geleitet, so die Intendantin.  Applaus im gut besetzten Kirchenschiff.

Ein wenig Zeit blieb dem Orchester noch. Denn den Anfang des Konzerts machte Domorganist Stefan Schmidt, auch in diesem Jahr wieder mit einem Solowerk von György Ligeti. Die Viertelstunde rauschhafte "Volumina" - eine Herausforderung für Zuhörende wie Interpreten. Da brausen naturgewaltig Klangstürme auf, bei denen man unwillkürlich an einen Dammbruch denken muss. Dahinter breiten sich spiegelglatte Flächen aus, grelle Cluster verengen und erweitern sich. Die Musik blubbert, wuselt, bäumt sich auf - und bohrt bis an die Schmerzgrenze.

Herausforderung für den Organisten: Spielanweisungen statt Noten 

Schade nur, dass man nicht sehen konnte, mit was sich Schmidt da auseinandergesetzt hatte und mit welchem Körpereinsatz. Die Partitur hat nämlich keine Noten, sondern Spielanweisungen für den Organisten: "ein sehr dichtes labyrinthisches Klanggewebe entwickeln", "derselbe Cluster wie in der linken Hand, auf einem anderen Manual" oder "beide Hände … äußerst schnell … luftig, unregelmäßig verteilt, auf dem ganzen Umfang der Manuale" und immer wieder "den Motor ausschalten". Dazu finden sich grafische Elemente zur Visualisierung - Striche zum Beispiel, Gewebe wie Spinnennetze, Balken.

Würzburgs Domorganist Stephan Schmidt war tief in das Werk eingedrungen und brachte neben seinem Können gut hörbar die Bereitschaft zu einer exzessiven Interpretation mit. Für seine großartige Leistung gab es hier Begeisterung, da Kopfschütteln. Und Applausverweigerung, wohl weniger für den phänomenalen Interpreten als aus Unverständnis für die Komposition.

Die Bamberger Symphoniker mit Bruckner: Nebulöser Beginn - dann ein gewaltiges Spiel

Mit den Bamberger Symphonikern betrat dann der 83-jährige Dirigent Christoph Eschenbach die Bühne. Anton Bruckners Sinfonie Nr. 3 begann reichlich nebulös und unkonturiert, und das nicht nur aufgrund der halligen Akustik des Doms. Erst nach einigen Minuten stabilisierte sich das Geschehen, entwickelte sich das gewaltige Brucknersche Spiel mit Formen, Farben, Motiven und Themen.

Eschenbach ist ein erfahrener Dirigent, der voll innerer Spannkraft am Pult steht. Mit dem in Bestform spielenden Bamberger Orchester gelang es ihm, die radikale Kompromisslosigkeit des Komponisten aufzuzeigen, Nuancen auszuloten, Extreme zu forcieren, Steigerungen zur Explosion zu treiben und Momente höchster Innigkeit und Ruhe zu schaffen. Dass das Konzert fast am Stau gescheitert wäre - vergessen.  

 
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  • Presse.Mozartfest
    Aber es wurde zu keinem Zeitpunkt die Rettungsgasse zweckentfremdet. Es wurde extra eine Fahrspur freigemacht.
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  • giacomo
    Ich finde auch, dass das durchlotsen der Busse durch die Rettungsgasse völlig daneben war. Eine Rettungsgasse ist nicht dafür da, ein Konzert im Dom zu retten. Entweder müssen die Leute im Dom warten bis das Orchester angekommen ist (auch wenn es Stunden dauert) oder man muss das Konzert halt absagen! Wie viele der Dombesucher, die für die Aktion applaudiert haben, haben vor ein paar Monaten die Aktion der Polizei mit den Bayernbussen noch heftig kritisiert? Wer jetzt sagt, man könne das nicht vergleichen: Doch! Das kann man!
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  • steve67
    Durch die Rettungsgasse zu leiten ist wahrlich keine Heldentat. Bei Vollsperrungen verstehe ich immer noch nicht, weshalb man nicht organisiert drehen lässt und bei der vorhergehenden Ausfahrt ausleitet. Braucht natürlich Organisation und Ordnungskräfte - würde aber sehr viel Stauzeit sparen!
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  • seniorR
    Ob für Konzerte, wie bei diesem Beispiel oder für Fußballspiele, wie jüngst bei einem Spielerbus: Wie soll so jemals eine Rettungsgasse klappen? Wer ist wichtiger, der Dirigent, der Arzt der seinen Dienst nicht rechtzeitig antreten kann und zu spät die OP beginnt, der Filialleiter der eine Filiale nicht aufschließen kann oder der kleine Arbeiter der einen Anschiss vom Chef bekommt weil er zu spät den Dienstantritt?

    Was uns fehlt ist bei der Planung von Baumaßnahmen UND bei kurzfristigen Staus ein wesentlich besseres Staumanagement.

    Jeder Stau erzeugt persönliche, ökologische und volkswirtschaftliche Schäden!

    Es ist immer weiter zu sehen, dass man an Autobahneinfahrten noch Autofahrer in stundenlange Staus hinfahren lässt! Nach Bergung der Verletzten und Beseitigung der unmittelbaren Gefahr muss schneller der Verkehr zum laufen gebracht werden!

    Andere europäische Länder (z. B. Niederlande) haben dies längst erkannt und die Stauvermeidung und Stauauflösung haben Vorrang !
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  • m.schmitt.stadtlauringen@gmail.com
    Als der Bus eines bekannten bayerischen Vereins vor ein paar Monaten der Polizei , vermutlich missverstündlich in bzw. durch die Rettungsgasse folgte wurde das sehr kritisch seitens der Medien gesehen. Hier beim Traditionskonzert scheinbar sehr wohlwollend.

    Gleiches Recht für alle - insofern passt es ja.

    Allerdings darf man sich schon fragne ob gewisse Teile der Gesellschaft gleicher sind als andere! Wer weiß schon aus welchem Anlass mancher Autofahrer unterwegs ist der möglicherweise stundenlang im Stau steht. Da gibt es sicher einige die man ebenfalls durch die Rettungsgasse lotsen könnte. Vielleicht geht es um einen letzten Besuch im Krankenhaus etc.
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  • manfred-englert@hotmail.de
    Ich denke, dieser im Stau Stehende würde im Ernstfall genauso von der Polizei durch den Stau gelotst werden. Alles eine Sache der Kommunikation und des dringenden Falls.
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