"Unsere Kulturszene ist heute größer, vielfältiger, aktiver und kreativer denn je, deshalb möchten wir auch dieses Jahr wieder besondere Menschen dafür auszeichnen, dass sie das Leben unserer Stadt gestalten", sagte Oberbürgermeister Christian Schuchardt in seiner Begrüßung zur Kulturpreisverleihung der Stadt. Alle Generationen der Würzburger Kulturszene sind gekommen. Der Ratssaal war voll besetzt.
Insgesamt sieben Auszeichnungen waren zu vergeben, der Höhepunkt kam ganz zum Schluss: Der Puppenspieler, Puppenbauer, Regisseur, Intendant und Texter Thomas Glasmeyer hat in diesem Jahr den mit 5000 Euro dotierten Kulturpreis der Stadt Würzburg erhalten.
Die Wahlerfolge der AfD treiben Thomas Glasmeyer um
"Ich freue mich unbändig über den Kulturpreis. Es ist mir eine enorm große Ehre, ihn entgegen nehmen zu dürfen, da kommen schon mächtig Gefühle hoch", sagte Glasmeyer. In seiner Dankesrede machte er auch an anderer Stelle keinen Hehl aus seiner Gefühlswelt angesichts der jüngsten Wahlerfolge der AfD: "Es macht einem als Künstler zum Teil Angst, was passieren kann, wenn die falschen Leute das Sagen haben, auch in der Kultur."
Nachdem er bereits Mitte der 1980-er Jahre zum ersten Mal am Würzburger Stadttheater inszeniert hatte, machte sich der 1956 in Bochum geborene Thomas Glasmeyer 1990 als freischaffender Puppenspieler und Puppenbauer selbstständig. Bei den Stücken des "piccolo teatro espresso", viele davon für Kinder, einige für die ganze Familie und andere für ein erwachsenes Publikum, wird aus Glasmeyer "eine Figur, die gleichzeitig mehrere Rollen übernimmt", sagte Daniel Osthoff in seiner Laudatio: "Er bewegt die Puppen, spricht ihren Text, verknüpft als Erzähler Textpassagen und interagiert als außenstehender Kommentator mit dem Publikum."
Glasmeyer sei mit dem Kulturpreis, der seit 1965 vergeben wird, in den kulturellen Olymp der Stadt Würzburg erhoben worden: "Wo Du zu Recht hingehörst", betonte Osthoff. Thomas Glasmeyer hat bereits den Kulturpreis des Bezirks Unterfranken erhalten. Mit der städtischen Auszeichnung wurde sein 35-jähriges Wirken mit mehr als tausend selbst geschaffene Figuren gewürdigt: Seine unzähligen Inszenierungen "offenbaren tiefgründige Geschichten, facettenreiche Charaktere und die außergewöhnliche Gabe, den kindlichen und humorvollen Blick auf die Welt niemals aus den Augen zu verlieren", heißt es im Text der Kulturpreis-Urkunde.
Der Maler Max Gehlofen bekommt einen Förderpreis
Glasmeyer hatte zuvor den Preisträgern der drei Kulturförderpreise gratuliert und dabei durchblicken lassen, dass er sich über diese Auszeichnung in der Vergangenheit auch gefreut hätte. Die Förderpreise werden seit 1982 in sehr unregelmäßigem Abstand vergeben. Sie sind mit einem Preisgeld von 2.500 Euro verbunden und gehen an Künstlerinnen und Künstler, die "erste förderungswürdige professionelle künstlerische Leistungen" vorweisen können. Das gilt nach Ansicht der Jury in diesem Jahr für den Maler und Bildhauer Max Gehlofen. das Illustratoren- und Künstler-Duo "ATE" und die junge Post-Hardcore-Metal-Band "Call It A Day".
Gehlofen ist für seine Arbeiten bereits mehrfach ausgezeichnet worden, 2020 zum Beispiel mit dem Debütantenpreis des Freistaats Bayern. Er hatte eine kleinere Stein-Skulptur zum Anfassen mitgebracht, die während der Laudatio durch das Publikum wanderte. "Wenn Kunst keine Plattform hat, schafft Max eine", so Laudatorin Marina Breitschaft. Gehlofen bringe nicht nur seine künstlerische Handschrift in die Soziokultur Würzburgs ein, er unterstütze auch andere junge Künstlerinnen und Künstler bei ihren ersten Schritten in der Kunstwelt.
Wandfüllende Kunstwerke von Ate Crew
Die Arbeiten von Christian Schlosser und Simon Schacht, besser bekannt als "Ate Crew", gibt es nicht nur in Würzburg, hier aber besonders häufig zu sehen: Es sind wandfüllende Kunstwerke wie am Siebold- oder am Dag-Hammarskjöld-Gymnasium und an der Grombühlbrücke, oder kleinere Bilder wie müllfressende Monster auf den Mülltonnen der Alten Mainbrücke. "Sie haben ihren eigenen Stil mit hohem Wiedererkennungswert", sagte Ingolf Stöcker, stellvertretender Leiter des städtischen Kulturamts.
Die jüngsten Förderpreisträger, erst vor zwei Jahren gegründet, in diesem Jahr aber bereits auf dem Umsonst & Draussen und dem Taubertal-Festival auf der Bühne, spielten einen ihrer Songs, dem Ambiente entsprechend in einer akustischen Version ohne Verstärker. Normalerweise sind "Call It a Day" in einer Musikrichtung abseits des Mainstreams zuhause, die laut Laudator Lukas Esslinger "irgendwo zwischen wütendem Punk und emotionalem Hardcore ihren Platz gefunden hat". Dabei geht es vor allem um die Botschaft: Die Band bezieht klar Position für Vielfalt, Toleranz, Akzeptanz und gegen den zunehmenden politischen Rechtsruck und erhielt vor allem dafür viel Applaus.
Begonnen hatte die Verleihung mit der Vergabe von drei Kulturmedaillen, mit denen das Engagement von "Macherinnen und Machern" aus der Kulturszene gewürdigt werde, so der OB. "Sie krempeln sprichwörtlich die Ärmel hoch."
Würzburger Filminitiative als Macher in der Kulturszene ausgezeichnet
Das tut die Filminitiative Würzburg e.V., die Ende Januar zum 51. Internationalen Filmwochenende einlädt, ehrenamtlich seit inzwischen fünf Jahrzehnten mit großen Engagement und Herzblut. Gegründet wurde die Film-Ini 1974 von filmbegeisterten Studierenden, das Filmwochenende wurde danach schnell zu einem Filmfestival mit hervorragendem Ruf in ganz Deutschland und darüber hinaus.
Das von der Band "Inswingtief" ehrenamtlich organisierte Projekt "Gipsy Jazz Jam Session" hat sich seit 2017 ebenfalls zu einem einzigartigen Bestandteil der Würzburger Kulturszene entwickelt. Bei den inklusiven Jam Sessions im Keller "Z87" stehen Gastbands aus ganz Deutschland zusammen mit Amateur-Musikern auf Augenhöhe auf der Bühne.
Kulturinitiative des Augustinerkloster bietet kostenfreien Zugang zu Kultur
Auch die Kulturinitiative des Augustinerklosters erhielt eine Kulturmedaille. Der Orden ermöglicht mit seinem Kulturprogramm allen Menschen, unabhängig von ihrer sozialen oder finanziellen Lage, einen kostenfreien Zugang zu Kultur. Dabei wird die Augustinerkirche mitten in der Stadt zum Kulturort mit Konzerten, Ausstellungen und Diskussionen.