Christian Gündling sitzt vor seinem Computer und flickt wieder einmal am Dienstplan, um die Personallücken in der Kita zu füllen. Es ist die dritte Woche, in der der Leiter der Kita an der Löwenbrücke in Würzburg hin und her rechnet, Springkräfte und Aushilfen abtelefoniert, Krankmeldungen einsortiert, seinen Teammitgliedern gute Besserung wünscht. Es ist die dritte Woche, in der an die Eltern appelliert wird, wenn irgend möglich ihre Kinder zuhause zu betreuen.
Der Grund: Der zweigruppigen Kita fehlt das Personal. Allein vergangene Woche waren drei von vier Mitarbeiterinnen der Krippengruppe krank. Sowohl die Betreuungszeit bei den Kleinen wurde beschränkt als auch die Gruppe von 13 auf fünf Kinder reduziert.
"Wir müssen auf das Verständnis der Eltern bauen, wohlwissend, welchen Rattenschwanz ein Betreuungsausfall für die Familien nach sich zieht", sagt Gündling. Bislang sei die Stimmung in der Einrichtung noch gut. "Die Eltern sind hier nah dran, wir leben als Elterninitiative Transparenz, das hilft." Tragbar sei die Situation trotzdem nicht – und droht gleichzeitig zu einem Dauerzustand zu werden.
Personalschlüssel lässt keinen Raum für gute Betreuung
"Auf dem Papier stimmt unser Personalschlüssel", sagt Gündling und muss selbst kurz verzweifelt lachen, als er die Übersicht zeigt. "Aber der staatlich geförderte Schlüssel geht gänzlich an der Realität vorbei, es ist keinerlei Puffer für Krankheitsausfälle oder auch Fortbildungen eingerechnet. Das heißt, nur wenn das ganze Jahr über niemand je krank ist und keiner eine Fortbildung macht, funktioniert das System." Der Personalschlüssel lässt laut Gündling kaum Raum für eine gute Betreuung.
Und ist seiner Ansicht nach zu knapp bemessen, um den Anforderungen an die Arbeit in der Kita gerecht werden zu können. Nur mit Praktikanten, Springkräften, Azubis oder Bundesfreiwilligendienstleistenden lasse sich an der Löwenbrücke die Betreuungs-Qualität aufrecht erhalten. "Wir wollen die Kinder nicht nur 'aufbewahren', wir wollen ihnen eine gute Umgebung für ihre individuelle Entwicklung bieten." Und: "Gleichzeitig muss ich aufpassen, meine Leute nicht zu verheizen. Wenn sie durch zusätzliche Stunden bei knappem Personaleinsatz den Betrieb aufrechterhalten, sind sie dann bald die nächsten, die ausfallen."
Kita St. Hildegard erstellt Notfallplan
Auch Petra Karl aus der Würzburger Kita St. Hildegard klingt angespannt. "Bei uns herrscht akuter Personalmangel und das nicht erst seit gestern." Corona, aber auch die hohe Belastung über die ganze Pandemiezeit hinweg, hätten viele Erzieherinnen und Erzieher in den Krankenstand geführt, "diejenigen, die arbeiten, sind am Limit, weil sie mit weniger Personal die gleiche Anzahl Kinder zu betreuen haben", so die stellvertretende Kita-Leitung.
Noch versuche man das System irgendwie aufrecht zu erhalten, aber es sei kaum schaffbar. "Wir haben an manchen Tagen Eltern angefragt, ob sie ihre Kinder auf freiwilliger Basis zu Hause betreuen können." Zudem herrscht momentan Aufnahmestopp für neue Kinder. Petra Karl versteht dabei den Unmut der Eltern, am Ende habe dies natürlich auch Auswirkungen auf den gesamten Arbeitsmarkt, "da Eltern, die ihre Kinder betreuen müssen, wieder an ihrem Arbeitsplatz fehlen".
Inzwischen habe man auch Probleme, pädagogische Fachkräfte zu finden, weil die Rahmenbedingungen nicht stimmen, berichtet Karl. Lange Ausbildungszeiten, keine ausreichend gute Bezahlung und chronische Unterbesetzung: "Selbst viele der jungen Berufseinsteiger wollten diese Arbeit nicht in Vollzeit ausüben, sondern halten Ausschau nach Teilzeitstellen." Momentan sei ihre Kita St. Hildegard dabei, einen Notfallplan zu erstellen – gemeinsam mit dem Träger der Einrichtung und dem Elternbeirat.
Ratlose Stimmung auch in Kitas im Landkreis Würzburg
Im Landkreis Würzburg herrscht ebenso ratlose Stimmung in den Kitas. So ist in der Kita St. Johannes in Margetshöchheim das Thema Personalnot immer wieder präsent. Wie Leiterin Ursula Schleyer berichtet, sei sie oft am Hin-und Her-Jonglieren des Personals und springe selbst in den Gruppen ein, um die Betreuungszeiten erfüllen zu können. Einerseits spiele Corona eine Rolle und dadurch bedingte längere Ausfälle, andererseits passe der Betreuungsschlüssel einfach nicht mehr. "Das Netzwerk Kita funktioniert so nicht mehr", sagt sie.
Seit mehr als 30 Jahren arbeitet sie in dem Beruf als Erzieherin, am Betreuungsschlüssel habe sich seitdem nicht viel getan. Aber: "Die Bedingungen und Anforderungen haben sich verändert", so Schleyer. Von der Politik wünscht sie sich, dass diese den Stellenwert einer Kita-Betreuung im Leben der null- bis sechsjährigen Kinder erkennt. "Da passiert so viel im Leben eines Kindes, was Entwicklung und Lernen angeht. Da sollte es doch Ziel sein, dass Kitas die Kinder optimal fördern können." Ihr Appell: "Nicht in Kriegsausrüstung investieren, sondern in Personal und Ausstattung von Schulen und Kitas."
Neue Ausbildung, die Quereinstieg ermöglicht
Die stellvertretende Leiterin der Kita Maria Theresia in Ochsenfurt Christina Brach spricht ebenfalls von einem Balanceakt. Gruppenangebote müssten eingeschränkt werden, auf einzelne Bedürfnisse der Kinder könne nicht vollumfänglich eingegangen werden. "Wir müssen immer wieder neu flexibel reagieren. Ein 'normal' gibt es schon lange nicht mehr." Noch habe man den Betrieb aufrecht erhalten können, Teilzeitkräfte hätten beispielsweise aufgestockt, andere Mitarbeitende Überstunden getätigt, berichtet sie.
Bei der Stadt Würzburg ist man sich des Problems bewusst. Monika Kraft, stellvertretende Fachbereichsleitung Jugend und Familie, sagt: "Ich bin froh, dass jetzt auch mal öffentlich über das Thema Fachkräftemangel in Kitas gesprochen wird." Dies sei längst überfällig, die Rahmenbedingungen des Berufs und auch die Wertschätzung, die Erzieherinnen und Erziehern entgegengebracht werde, bemängele sie schon lange. "Was beispielsweise rechtfertigt, dass Erzieher und auch Grundschullehrer so viel weniger verdienen als beispielsweise Lehrkräfte am Gymnasium?"
Es müsse mit Nachdruck daran gearbeitet werden das System zu stärken. "Leider wird es schnelle Lösungen nicht geben", so Kraft. Es brauche die Geduld von Eltern und auch Arbeitgebern. Längerfristig dagegen steuern will die Stadt Würzburg auch mit einer neuen Weiterbildung, "die wir nach Würzburg geholt haben". Im Mai 2023 wird für 16 Bewerber und Bewerberinnen die Weiterbildung "Fachkraft mit besonderer Qualifikation", die den Quereinstieg in den Kindergarten ermöglicht, starten. Auch eine dritte Fachakademie (des Diakonischen Werkes) sei vor Kurzem eröffnet worden.
Christian Gündling, der neben seiner Position als Kita-Leiter auch Sprecher der Fachgruppe sozialpädagogische Berufe der GEW Würzburg ist, reicht das alles nicht: "Wir von der GEW fordern, dass schnell etwas passiert. Wir brauchen einen besseren Personalschlüssel, dem eine realistische Kalkulation mit Krankheits- und Fortbildungstagen zu Grunde liegt."
Außerdem müssten im Ausland erworbenen Abschlüsse schneller anerkannt werden. "Besonders Bayern tut sich da extrem schwer, in anderen Bundesländern gibt es da wesentlich schnellere Prozesse", so Gündling. Und ja, natürlich müsse der Beruf auch finanziell attraktiver werden: "Es braucht dringend eine bessere Eingruppierung, die Ausbildung zum Kinderpfleger muss bezahlt werden und darf nicht auch noch kosten." Seiner Meinung nach wären die finanziellen Mittel da: "861 Millionen wurden vom Bund über das Gute-Kita-Gesetz bereitgestellt. In Bayern wurde ein Großteil der Kosten als Beitragsermäßigung an die Eltern weitergeleitet - was den Kitas an Qualität rein gar nichts gebracht hat."
Was Schwerter zu Pflugscharen bringt sieht man in der Ukraine die ohne die Militärhilfe der USA und der Europäer fast vor die Hunde gegangen wäre!
Es ist erschütternd das immer noch Menschen in einem Elfenbeinturm wohnen und die Realität von Potentaten und Terroristen komplett ausblenden können!
Wollen sie ihre Kinder diesen schlechten Menschen den zum Fraß vorwerfen bzw. ungeschützt lassen?
bei uns auch
Bei uns hat es gelangt, wenn der Vater zum Geldverdienen gegangen ist - da kommen Sie heute nicht mehr weit.
Aber trösten Sie sich: Leute die rechnen können, schaffen sich gar keine Kinder mehr an, da ist dann auch der Staat nicht gefragt. Was ich mich halt frage ist, wer dann diesen Leuten später mal die Renten zahlen soll? Und sagen Sie nicht: private Vorsorge, denn da kassieren unterm Strich nur die Finanzdienstleister, die Leute hingegen haben zweimal nix: das erste Mal, wenn sie die Beiträge bezahlen, und das zweite Mal, wenn die Inflation das Gesparte aufgefressen hat. Ich halte das - auch im Sinne der "übrigen Wirtschaft" - für ein ganz schlechtes Geschäft.
Das einzige was sich heutzutage noch lohnt, ist, bereits Geld zu haben und für sich arbeiten zu lassen, damit man daheimbleiben und sich um die Kinder kümmern kann. Das aber schaffen hierzulande wohl nur die wenigsten Familien...
"Ich studiere, ich habe studiert, was studierst Du?, gegen "ich mache eine Ausbildung"
Hebammen machen inzwischen ein duales Studium!
Anscheinend braucht'das!!
Hauptsache man studiert, auch wenn ich zu blöd bin einen Nagel gerade in die Wand zu hauen (im übertragenen Sinn), Hauptsache ich hab einen Titel!
Am Geld liegt es nicht, wir haben genug. Sondern nur an der Verteilung und die ist von Lobbyarbeit abhängig. Wer am lautesten schreit, den Schnabel am weitesten aufsperrt, der bekommt ihn gefüllt. Aber wenn Eltern die Erzieher und Grundschullehrer als Dienstboten ansehen, wird sich kaum etwas ändern.
1. wir haben keinen Sozialismus
2. es gibt Tarifverträge
3. Gym-Lehrer haben die eindeutig bessere Lobby
4. Gym-Lehrer sind meist Beamte (siehe 3.)