Kein Fleisch, kein Fisch, keine Milchprodukte: Rund 1,41 Millionen Menschen in Deutschland leben vegan. Sie verzichten also auf jegliche tierische Produkte. Zusätzlich kommen die rund 629 000 Menschen, die im Rahmen der Internet-Challenge "Veganuary" den Januar über vegane Ernährung ausprobierten. Veganismus sowie auch Vegetarismus haben in den letzten Jahren an Beliebtheit gewonnen.
Dieser Boom schlägt sich auch auf den Lebensmittelmarkt nieder. Im Jahr 2020 produzierten die Unternehmen hierzulande im Vergleich zum Vorjahr knapp 39 Prozent mehr Fleischersatzprodukte: Von knapp 60,4 Tausend Tonnen stieg die Produktion auf gut 83,7 Tausend Tonnen, wie das Statistische Bundesamt mitteilt.
Constanze Wolz ist staatlich examinierte Diätassistentin. Seit 2020 ist sie für die Gastroenterologie, also die ernährungsmedizinische Ambulanz an der Uniklinik Würzburg tätig. Im Gespräch erklärt die 28-Jährige, welche Vor- und welche Nachteile Veganismus mit sich bringt und wie eine optimale rein pflanzliche Ernährung aussehen könnte.
Constanze Wolz: Wenn wir über eine vegane Ernährung sprechen, die reich an buntem Gemüse, Obst, Hülsenfrüchten, vollwertigen Getreideprodukten, Nüssen und Saaten ist, dann definitiv ja! Pommes frites oder Kartoffelchips sind auch vegane Lebensmittel, enthalten jedoch nur wenig wichtige Nährstoffe. Wurden vor dem Veganuary reichlich fetthaltiges Fleisch und Milchprodukte wie Speck und Sahne verzehrt und dafür wenig Gemüse und Obst, können bereits nach kurzer Zeit der veganen Ernährung positive Effekte zum Beispiel auf die Blutfettwerte und somit das Herz-Kreislaufsystem beobachtet werden.
Wolz: Der positive Aspekt einer veganen Ernährung ist der ernährungsphysiologische Mehrwert, den ein hoher Anteil an pflanzlichen Lebensmitteln mit sich bringt. Die Ballaststoffe aus Gemüse, Obst, Getreide und Hülsenfrüchten sind sehr wertvoll für den Darm. Auch die enthaltenen sekundären Pflanzenstoffe haben vielfältige positive Wirkungen auf den Körper. Sie werden aktuell noch erforscht, jedoch konnte bereits bestätigt werden, dass diese oxidativen Stress (Anmerkung der Redaktion: eine Stoffwechsellage, bei der es zu Schäden von Zellen oder deren Funktionen kommt) ausgleichen und dadurch präventiv vor Krebs schützen oder den Blutdruck auf natürliche Weise regulieren können.
Tierisches Fett fällt bei einer veganen Ernährung komplett weg und somit auch ein Großteil der gesättigten Fettsäuren, die Herz-Kreislauferkrankungen oder rheumatologische Erkrankungen begünstigen können. Als Nachteil könnte man nennen, dass bei einer dauerhaften streng veganen Ernährung Vitamin B12 supplementiert werden muss. Es gibt weitere kritische Nährstoffe wie Eiweiß, Eisen, Jod, Zink, Omega 3 Fettsäuen und Calcium. Hier muss jedoch beachtet werden, dass häufig auch Mischköstler einen Mangel an diesen Nährstoffen haben.
Wolz: Ich finde, das muss jeder für sich persönlich entscheiden. Wir können mit der Ernährung unseren Körper und unsere Gesundheit bestmöglich unterstützen. Daher lautet meine Empfehlung, als Basis eine pflanzlich betonte Kost zu wählen, selbst und mit frischen Lebensmitteln zu kochen und die bunte Vielfalt zu genießen. Wer diese Grundlage mit tierischen Produkten ergänzen möchte, kann dies weiterhin tun, wer lieber komplett darauf verzichtet – auch in Ordnung.
Wolz: Grundsätzlich kann sich jeder Mensch vegan ernähren. Aufgrund der genannten kritischen Nährstoffe ist diese Ernährung jedoch nicht in jeder Lebenslage empfehlenswert. Hier sollte ein Arzt/Ärztin oder eine zertifizierte Ernährungsfachkraft hinzugezogen werden.
Wie man aus der Archäologie weiß, waren schon die ersten Frühmenschen "Allesfresser".
Der Unterschied war nur: Wer sich nur von pflanzlicher Kost ernährt hat, musste den ganzen Tag lang nach Essen suchen, und war den Rest des Tages damit beschäftigt, auf diese Art und Weise genug Kalorien zu sich zu nehmen. Das Leben bestand nur aus Nahrungssuche und kauen.
Mit dem Konsum von Fleisch hat sich der Frühmensch einen Vorteil erlangt, vor allem, nachdem er es dank des Feuers sogar noch garen konnte: In dem Fall konnte er in kürzester Zeit soviel Kalorien aufnehmen, dass ihm noch sehr viel Zeit des Tages für andere Tätigkeiten übrigblieb, die nichts mit Nahrungssuche und Nahrungs-Aufnahme zu tun hatten. Nur diesem Umstand sagt man heute zu, dass unser Gehirn evolutionär so anwachsen konnte, bis der Kopf eines Babys nicht mehr durch das weibliche Becken gepasst hat. Nur deswegen könne wir heute schon zum Mond fliegen!