Vegan. An dem Wort allein scheiden sich die Geister. Auf der einen Seite stehen die überzeugten Fleischesser, aus denen Sprüche wie "Schmeckt das Essen oder ist das vegan?" nur so raussprudeln. Auf der anderen Seite stehen Veganer, die ihre Gründe für diese Ernährung oft unaufgefordert anderen Menschen Preis geben. Ich würde meine Einstellung als "dazwischen" bezeichnen. Ich esse Fleisch, Fisch und alle anderen tierischen Produkte. Aber in Maßen.
Die vegane Ernährung interessiert mich schon lange. Seit knapp vier Jahren koche ich zu Hause fast ausschließlich nur mit pflanzlichen Zutaten. Doch ich war nie streng mit mir, ab und an konnte ich dann doch nicht auf die Pasta mit Garnelen und Sahne verzichten. Und im Restaurant habe ich mir sowieso das bestellt, auf was ich gerade Lust hatte.
Das Jahr 2022 beginnt für mich mit einer Herausforderung. Einen Monat lang möchte ich rein pflanzliche Nahrungsmittel zu mir nehmen. Jegliche tierische Produkte sind tabu. Der Anlass dafür ist der "Veganuary" – eine Wortmischung aus "Vegan" und "January". Der Veganuary ist eine Internet-Challenge, die Menschen weltweit inspirieren soll, sich im Januar und darüber hinaus vegan zu ernähren.
"Wir wollen eine vegane Welt", schreiben die Organisatoren des "Veganuary", "eine Welt ohne industrielle Tierhaltung und Schlachthöfe. Eine Welt, in der die Nahrungsmittelproduktion keine Wälder zerstört, Flüsse und Ozeane verschmutzt, den Klimawandel verschärft und zum Aussterben von Wildtierpopulationen beiträgt."
Humus ersetzt den Frischkäse, Kaffee bleibt schwarz
Und genau dies sind auch die Gründe, warum ich mich für die pflanzliche Ernährung interessiere. Vegane Sneaker trage ich bereits und auch fair hergestellte Kleider. Auch Kosmetika landet ausschließlich vegan und ohne Tierversuche in meinem Badezimmerschrank. Nun kommt also auch eine strikte vegane Ernährung hinzu. Ich habe Respekt davor, doch Vorbereitung brauche ich nicht wirklich – kenne ich schließlich bereits viele pflanzliche Nahrungsmittel. Bei neuen Produkten checke ich das "vegan"-Label oder schaue auf die Zutatenliste. Es läuft also.
Bei einem Kochkurs im Jahr 2012 lernte ich einen Koch kennen, aus dessen Mund immer wieder vegan-feindliche Sprüche kamen. Ich habe damals mitgelacht. Heute, fast genau zehn Jahre später, bin ich weiter – doch leider auch der Klimawandel. Bereits vor dem "Veganuary" habe ich allgemeine Gewohnheiten geändert: Humus ersetzt meinen Frischkäse. Kuhmilch trinke ich seit Jahren nicht mehr, meinen Kaffee schwarz oder mit einem Schuss Hafermilch. Schwachstellen bleiben mein Rührei in meinem Lieblingscafé und Lachs. Doch im Januar verbanne ich auch dies.
Das gilt auch für meinen geliebten Thunfisch. Er bekommt schon lange keinen Platz mehr in meiner Speisekammer. Dafür sind die veganen Fischstäbchen aus Weizeneiweiß, die ich Anfang Januar im Supermarkt entdeckt habe, mit mir nach Hause geschwommen. Fazit: schmeckt! Sie sind ein pflanzliches Ersatzprodukt von vielen, die pünktlich zum veganen Monat auf den Markt gebracht wurden: Veganer Ei-Ersatz aus Kichererbsen, Gyros aus Lupinen oder Bratwurst aus Seitan. Zwar verwende ich diese Ersatzprodukte nicht häufig, dennoch erleichtern sie mir im "Veganuary" den Umstieg.
Im Krankenhaus kommt die Herausforderung
Bei einer Nacht im Krankenhaus Mitte Januar werde ich erstmals mit Schwierigkeiten des Vegan-Seins konfrontiert. Es scheint ein Fehler unterlaufen zu sein. Noch groggy und voller Schmerzmittel nach der Operation steht ein Tablett mit Wurst und Streichkäse zum Abendbrot auf dem Nachtschrank neben meinem Bett. Mein Magen ist leer, musste ich doch den ganzen Tag bis zum Eingriff nüchtern bleiben.
Doch ich bleibe standhaft, rühre den Teller nicht an. Hoffe jedoch gleichzeitig, dass das Essen im Anschluss nicht weggeworfen wird. Das Tablett wird abgeholt, Gewissensbisse plagen mich. Verschiedene Gedanken schwirren durch meinen Kopf: "In anderen Ländern würden sich die Menschen über jeden Bissen freuen und ich lasse den Teller unangerührt weggehen."
Studie: Zwei Tonnen Treibhausgase spart jeder vegan lebende Deutsche ein
Zugegeben, auch ich habe früher vegan lebende Menschen belächelt. Mir kommt ein Spruch eines Bekannten in den Kopf: "Wenn es kein Fleisch mehr gibt, esse ich Veganer." Heute sehe ich das ganz anders. Ich bewundere die Menschen, die strikt vegan leben. Der Ökologe Joseph Poore von der britischen Oxford-Universität hat für das Spiegel-Magazin berechnet, dass jeder Mensch in Deutschland durchschnittlich elf Tonnen Treibhausgase jährlich produziert. Wer vegan lebe, spare jedes Jahr zwei Tonnen ein, darunter 670 Kilogramm CO2. Bei seiner Berechnung ging Poore unter anderem davon aus, dass die Herstellung von veganen Lebensmitteln deutlich weniger landwirtschaftliche Fläche braucht.
Diese Informationen bestätigen mich in meiner Entscheidung des veganen Januars. Sie schenken Kraft und Durchhaltevermögen... mit einer Ausnahme: Wein. Als waschechte Fränkin liebe ich ab und zu den Schluck Scheurebe in meinem Glas. Doch genau genommen ist dieser nicht vegan. Winzer setzen tierische Klärmittel ein, um Weine zu filtrieren. Etwa mit Gelatine aus Knochen, der getrockneten Schwimmblase von Fischen oder Hühnereiweiß. Es gibt auch vegane Weine, doch auf meinen Lieblingswein kann und will ich einfach nicht verzichten. Habe ich versagt? "Sei nicht zu streng mit dir selbst", lese ich auf der "Veganuary"-Website. Das beruhigt.
Auch Würzburger Restaurants waren Teil des "Veganuary"
2022 berichtet die Organisation von mehr als 629 000 Anmeldungen beim "Veganuary". Seit der Gründung der Kampagne 2014 machten damit länderübergreifend mehr als zwei Millionen Teilnehmende bei der Neujahrs-Challenge mit.
Mit dem veganen Trend wächst auch der vegane Markt. Auch einige Würzburger Restaurants haben beim "Veganuary" mitgemacht und neue pflanzliche Gerichte auf ihre Speisekarte gesetzt. Das "Burgerheart" in der Neubaustraße ist bereits zum zweiten Mal dabei. "Wir konnten sogar eine Steigerung der Verkaufszahlen zum letzten Jahr verzeichnen", erklärt Marketing-Leiterin Theresa Hußenöder. Wichtig sei den Restaurantleitern hierbei auch Fleischesser anzusprechen und "tolle Alternativen zu bieten, die gut schmecken und Lust auf eine vegane Ernährung machen." Die positiven Auswirkungen auf die Umwelt stünden dabei ganz oben, so Hußenöder.
Das Restaurant Locanda am Alten Kranen bietet jeden Monat neben der normalen Speisekarte auch ein veganes Menü an. Das Angebot werde das ganze Jahr über "sehr gut" angenommen, erklärt Restaurantleiter Marvin Wernitz.
Fazit: Niemand ist perfekt
Auch ich bin im Januar beim Auswärts-Essen in den Genuss verschiedener veganer Angebote in Würzburg gekommen. Es gab einen Burger aus Süßkartoffel und Kidneybohnen oder ein asiatisches Curry mit Linsen und Gemüse. Veganismus wird oft durch das definiert, was wir nicht essen. Ich habe festgestellt: Vegan ist so viel mehr als nur Tofu.
Mit diesem Fazit beende ich auch meinen veganen Monat. Einzige Ausnahme: der Wein. Doch ob man versehentlich etwas Nicht-Veganes gegessen oder einfach der Versuchung nachgegeben hat – das ist okay und bedeutet nicht, dass man versagt hat. "Niemand ist perfekt", heißt es in den Tipps der "Veganuary"-Organisation. Das denke ich mir auch, während ich diesen Text verfasse und an mein Glas Scheurebe und mein geliebtes Rührei in meinem Lieblingscafé denke.
"Humus ersetzt den Frischkäse" - mein Beileid und Respekt. Humus würde ich nicht runterbringen, es sei denn, es ist "Hummus" gemeint
Genauso regt es mich auf, wenn über veganes Essen hergezogen wird, denn "vegane" Speisen hat jeder in irgendeiner Form im Speiseplan, oder sollte es haben. Die meisten essen zusätzlich Milchprodukte und Eier, viele essen darüber hinaus Fleisch und Fisch. Es kommt auf das Maß an. Das Nachhaltigkeitsproblem ist auch durch die Maßlosigkeit entstanden.
Vegan ist im Übrigen nicht gleichzusetzen mit gesund, Zucker ist auch vegan....
Oder Urwälder gerodet werden.
Der Veganuary ist eine Internet-Challenge
So ein Geschwurbel
Das viele Pflanzen teilweise genmanipuliert sind , chemische Zusatzstoffe
als Geschmacksverstärker hinzugefügt werden und wieviel Grundwasser
in vielen Ländern für gewisse Früchte verbaucht werden interessiert kein Mensch.
Leider ist es wie bei anderen Produkten auch so dass Hersteller irgendwelche Modewörter verwenden um Gesundheit und Umweltschutz vorzutäuschen.
Obwohl Interessierte diese Täuschungen leicht durchschauen können wären leicht verständliche Angaben für alle Lebensmittel wünschenswert.
Keine Aussage dazu...ein nichtsagender Bericht- hätte man sich sparen können.
Reißzähne, wie Löwe, Wolf,…
Dass menschliche Gebiss ist für Obst, Pflanzen und Nüsse entwickelt worden,….
Das sagt doch alles.
Der Mensch ist per se kein "Fleischfresser", sondern ein "Allesfresser". Da können Sie, um bei Ihrem Tiervergleich zu bleiben, einfach mal schauen welche Großsäugetiere es alleine durch vegetarische Ernährung schaffen am Ende des Tages nicht Tod umzufallen. Auch unter Topathleten gibt es mittlerweile viele Veganer.
Von "Chemie" im Essen zu sprechen ist auch sehr unspezifisch. Was soll das sein? Zusatzstoffe finden Sie in eigentlich jedem verarbeiteten Lebensmittel, das ist kein Phänomen der veganen Ernährung. Und wenn man Mal schaut was in der Fleischproduktion alles zugefüttert wird ist das Argumente sowie obsolet.
Um das abschließend klar zustellen. Ich ernähre mich selbst nicht vegan und oftmals auch nicht so gesund wie ich sollte. Aber alles andere als "Humbug" abzutun und dann selbst solche haltlosen Behauptungen in den Raum zu stellen... Da wollte ich mich dann doch Mal äußern.