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Würzburg
Würzburg: Der CSD stand unter den Vorzeichen der Messerattacke
Warum die Organisatoren zusammen mit Oberbürgermeister Christian Schuchardt entschieden haben, die Veranstaltung im angemessenen Rahmen durchzuführen.
Im Rathausinnenhof in Würzburg trat beim CSD auch Daniel Schuhmacher auf. Die Veranstalter hatten nach längerer Diskussion beschlossen, die Programmpunkte nicht abzusagen, sondern den CSD in angemessenem Rahmen durchzuführen.
Foto: Patty Varasano | Im Rathausinnenhof in Würzburg trat beim CSD auch Daniel Schuhmacher auf. Die Veranstalter hatten nach längerer Diskussion beschlossen, die Programmpunkte nicht abzusagen, sondern den CSD in angemessenem Rahmen ...
Patrick Wötzel
 |  aktualisiert: 12.09.2022 15:26 Uhr

Es sollte ein großes Fest für Gleichberechtigung und gegen Diskriminierung und Ausgrenzung werden, aber auch der Würzburger "Christopher Street Day" (CSD) stand am Wochenende ganz unter dem Eindruck der Messerattacke am Barbarossaplatz. Zwei Stunden nach dem Attentat am Freitag fand die Eröffnung statt und begann mit einer Schweigeminute für die Opfer. Oberbürgermeister Christian Schuchardt betonte dabei, dass es auch angesichts eines schrecklichen Verbrechens mit Todesopfern und Verletzten ein wichtiges Zeichen sei, den CSD in einem der Situation angemessenen Rahmen zu eröffnen.

"Unsere Gedanken sind bei den Opfern und ihren Angehörigen", betonte Schuchardt vor etwa 70 Menschen aus der Würzburger LGTBIQ-Community im Rathaushof. Es sei richtig, den CSD trotzdem zu eröffnen: "Er ist eine hochdemokratische Veranstaltung mit der Forderung, friedlich und anständig miteinander umzugehen".

Eröffnung fand ohne Musik statt

Die Veranstalter hatten sich zuvor mit dem OB und anderen anwesenden Politikern beraten und dann entschieden, die Eröffnung des CSD ohne Musik stattfinden zu lassen. "Wir erleben erneut, dass Hass in unsere Gesellschaft eingreift. Dem müssen wir als Menschen, die in Frieden miteinander auskommen wollen, entgegen treten", begründete Axel Hochrein als Sprecher des Veranstalters "Queer Pride Würzburg e.V." die Entscheidung.

Nicht alle der vergebenen 450 Tickets wurden am Samstag genutzt.
Foto: Patty Varasano | Nicht alle der vergebenen 450 Tickets wurden am Samstag genutzt.

Im Anschluss beschloss das Orga-Team nach längerer Diskussion, auch die weiteren Programmpunkte am Wochenende nicht abzusagen. "Gewalt und Hass sind Themen in der Gesellschaft, und wenn wir den CSD nicht durchführen, ändert sich daran nichts", sagte Queer-Pride-Vorstandsmitglied Heino Gövert im Gespräch mit der Redaktion: "Es ist auch ein Zeichen unserer Community, dass wir für gegenseitigen Respekt und Liebe stehen."

Nicht alle der im Vorfeld vergebenen 450 CSD-Tickets wurden am Samstag genutzt, in den Redebeiträgen zwischen den Show-Acts wurden die tragischen Ereignisse immer wieder thematisiert. Zum Beispiel von Björn Soldner vom "Rosa Hilfe Würzburg e.V." - er wies darauf hin, dass völlig unschuldige Menschen mit Migrationshintergrund als Folge der Messerattacke Misstrauen und Hass erleben müssen. Soldner appellierte an die Stadtgesellschaft, das nicht zuzulassen: "Lasst diese schöne Stadt für alle Menschen, die hier leben möchten, so liebens- und lebenswert sein, wie wir sie alle gerne hätten."

"Danke, dass Ihr unter diesen furchtbaren Vorzeichen sichtbar geblieben seid."
Bündnis-Sprecher Burkhard Hose

Der CSD 2021 stand unter das Motto "Gaymainsam", unter anderem als Aufforderung an die LGBTIQ-Community, "sich nicht in zu viele Schubladen aufzuteilen und dabei die gemeinsamen Ziele aus den Augen zu verlieren", so Mitorganisatorin Martina Kapuschinski. Die Schirmherrschaft hatte das Würzburger Bündnis für Demokratie und Zivilcourage.

Das Bündnis unterstütze ausdrücklich die Entscheidung, den CSD im angemessenen Rahmen durchzuführen, betonte Burkhard Hose als Bündnis-Sprecher vor einer bunten Fahrrad-Demo mit 230 Teilnehmerinnen und Teilnehmern zum Abschluss des CSD am Sonntagnachmittag: "Danke, dass ihr unter diesen furchtbaren Vorzeichen sichtbar geblieben seid. Es ist wichtig, dass wir gerade an diesem Wochenende Solidarität üben und für die Würde aller Menschen eintreten."

Die Stadt soll für alle Menschen lebens- und liebenswert sein, betonten Redner beim CSD.
Foto: Patty Varasano | Die Stadt soll für alle Menschen lebens- und liebenswert sein, betonten Redner beim CSD.

LGBTIQ ist ein Kürzel für Menschen, die sich nicht der heterosexuellen gesellschaftlichen Norm zugehörig fühlen. Der Christopher Street Day erinnert an die ersten Proteste homosexueller Menschen gegen Ausgrenzung und Polizeigewalt am 28. Juni 1969 in der Christopher Street in New York.

Auch 52 Jahre nach den ersten Protesten gebe es in Deutschland viel zu tun, sagte Axel Hochrein am Freitag. Er kritisierte unter anderem, dass in der vergangenen Woche im Bundestag eine Reform des Transsexuellengesetzes oder die Aufhebung des Blutspendeverbots für schwule und bisexuelle Menschen abgelehnt wurde: "In der Verfassung steht nicht, dass alle heterosexuellen Menschen vor dem Gesetz gleich sind, sondern dass alle Menschen vor dem Gesetz gleich sind", betonte Hochrein. Er forderte unter anderem, Artikel 3 des Grundgesetzes um ein Diskriminierungsverbot aufgrund der sexuellen Orientierung zu ergänzen.

 
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