Der Umgang mit Pflanzenschutzmitteln, ein Mindestlohn, der den internationalen Wettbewerb verzerrt und eine Bürokratie, die keine verlässlichen Rahmenbedingungen setzt – drei Probleme, die Frankens Winzer beschäftigen, und bei denen sie sich auch vom Bündnis 90/Die Grünen Unterstützung versprechen. In Frickenhausen war Grünen-Co-Vorsitzende Ricarda Lang bei Biowinzern und Vertretern des Fränkischen Weinbauverbands zu Gast, um sich die Sorgen und Nöte der Winzer anzuhören. Die Politikerin aus dem schwäbischen Nürtingen vertritt in ihrer Partei unter anderem das Themenfeld ländlicher Raum.
Kein wirksames Mittel gegen Peronospera im Bioweinbau
Schauplatz des Treffens ist das Weingut Meintzinger. Jochen Meintzinger hat seinen Betrieb vor vier Jahren auf Bioweinbau umgestellt. 20 Prozent der fränkischen Rebfläche werden inzwischen ökologisch bewirtschaftet, auf weiteren 30 Prozent verzichten die Winzer zumindest auf den Einsatz von Pestiziden. Doch der Ökoweinbau hat Grenzen. Peronospera – auch als Falscher Mehltau bekannt – mache den Reben zu schaffen und könne fast zum Totalausfall der Ernte führen, sagt Meintzinger. Weil es für Biowinzer derzeit keine wirksame Gegenmaßnahme gebe, zögerten viele mit der Umstellung auf den ökologischen Weinbau.
Der Wirkstoff Kaliumphosphonat könnte ein Ausweg sein. Früher wurde das als unbedenklich geltende Mittel im Ökolandbau zur Pflanzenstärkung eingesetzt. Bis seine fungizide Wirkung auch im konventionellen Weinbau entdeckt wurde. Seitdem gilt Kaliumphosphat als Pflanzenschutzmittel und darf im Bioweinbau nicht mehr angewendet werden. "Die Biobetriebe dürfen das Mittel, das sie quasi erfunden haben, nicht mehr nehmen", beschreibt Johannes Weickert, Betriebsleiter am Bioweingut Zehntkeller in Iphofen, den Widersinn.
Stattdessen stehen Biowinzern Kupferpräparate zur Verfügung, doch Kupfer sei kaum wirksam gegen den Falschen Mehltau und bleibe im Boden zurück, sagt Biowein-Pionier Manfred Rothe aus Nordheim. Über eine Wiederzulassung von Kaliumphosphonat müsste die EU entscheiden, sagt Ricarda Lang und verspricht, sich bei Landwirtschaftsminister Cem Özdemir für das Anliegen einzusetzen. Auch für Selbstbedienungsautomaten für Wein, deren Aufstellung heute noch mit hohen bürokratischen Hürden verbunden ist, kann sich die Politikerin Lösungen vorstellen. "Da muss sich was machen lassen", sagt sie.
Drohneneinsatz in Steillagen wird durch bürokratische Hürden erschwert
An Wirtschaftsminister Robert Habeck ist die Bitte der Winzer adressiert, den Einsatz von Drohnen zu erleichtern. 80 Prozent der Pflanzenschutzmittel könnten in seinem Betrieb mit ferngesteuerten Fluggeräten ausgebracht werden, sagt etwa Thilo Heuft, Direktor des Staatlichen Hofkellers in Würzburg. Gerade an Steillagen und zur Vermeidung von Bodenverdichtung seien Drohnen vorteilhaft. Doch Drohnen mit einem Gewicht von über 50 Kilogramm gelten als Luftfahrzeug. Deshalb sei für jeden Einsatz eine Genehmigung beim Bundesluftfahrtamt erforderlich – ein riesiger bürokratischer Aufwand. "Dabei wollten wir doch nur über unseren eigenen Weinbergen fliegen", so Heuft.
Drohneneinsatz könnte verhindern, dass immer mehr Steillagen wegen des hohen Personalaufwands aufgegeben werden. Deren Erhalt liegt Weinbaupräsident Artur Steinmann und Verbandsgeschäftsführer Hermann Schmitt besonders am Herzen – auch deshalb, weil das typische Landschaftsbild ein wichtiges Kriterium für den Tourismus sei, der im Fränkischen Weinland einen jährlichen Umsatz von über drei Milliarden Euro generiere. "Die Winzer sind nicht nur Akteure in dieser Kulturlandschaft, sie haben sie geschaffen", sagt Schmitt.
Weinbauverband fordert Änderungen beim Mindestlohn für ausländische Saisonkräfte
Wie viele andere Winzer auch beschäftigt Jochen Meintzinger Saisonarbeiter aus Osteuropa. Wenn sie höchstens 70 Tage in Deutschland arbeiten und in ihrer Heimat einem Haupterwerb nachgehen, erhalten sie den Mindestlohn von derzeit 12,41 Euro ohne Abzug von Steuern und Abgaben. Andreas Oehm, der als Vorsitzender der Winzergemeinschaft Franken GWF rund 850 Winzer und ein Fünftel der fränkischen Anbaufläche vertritt, findet den Mindestlohn für ausländische Saisonkräfte zu hoch, weil er deutlich über den Löhnen in den Herkunftsländern liegt. Gerade für die Genossenschaften, die 70 Prozent ihrer Weine über den Lebensmittelhandel vermarkten, entstehe so ein Kostennachteil gegenüber ausländischen Wettbewerbern. "Für Saisonarbeitskräfte, die nur im Sommer da sind, brauchen wir andere Lösungen", meint auch Verbandsgeschäftsführer Schmitt.
Um Wettbewerbsverzerrungen zu vermeiden, spricht sich Ricarda Lang für eine europäische Lösung aus. Die allgemeine Kaufzurückhaltung, die vor allem die Biowinzer zu spüren bekommen, führt sie auf die allgemeine Verunsicherung in der Bevölkerung zurück. Während der Corona-Zeit sei die Nachfrage nach Bio-Produkten merklich gestiegen. Sie gehe davon aus, dass sich der Markt nach Ende des Ukraine-Kriegs wieder erholen wird.
Am Ende appelliert Ricarda Lang, mit ihr in Kontakt zu bleiben und ihr weitere Beispiele für unnötige Bürokratie zukommen zu lassen. Nach einem Kellerrundgang spricht Verbandsgeschäftsführer Hermann Schmitt von einem sehr guten und konstruktiven Gespräch, um das übrigens die Grünen-Politikerin von sich aus gebeten habe.