
Liebe Leserinnen, liebe Leser!
Silvester ist traditionell die Zeit des Innehaltens und der Rückschau. Wir lehnen uns für ein paar Momente zurück, lassen erfreuliche Ereignisse in Gedanken noch einmal lebendig werden und betrachten selbstkritisch, was nicht gelungen ist. Aus diesen Erkenntnissen ziehen wir Schlüsse fürs neue Jahr. Genauso funktioniert das in Redaktionen.
Natürlich diskutieren wir in Konferenzen täglich über unsere Inhalte. Und Sie können mir glauben: Dabei wird nicht mit Wattebäuschchen geworfen. Wir selbst sind unsere hartnäckigsten Kritiker. Am Jahresende gilt unser Blick dann gewöhnlich dem großen Ganzen. Eine Frage bewegt uns dabei besonders: Was können wir besser machen? Konkrete Antworten darauf möchte ich Ihnen in diesem Beitrag geben. Sie stammen unter anderem von Führungskräften unseres Medienhauses, die einen kritischen Blick auf die Arbeit ihrer Redaktionen gerichtet haben.
Die Pandemie ist kein Ereignis, das wir von außen betrachten. Wir sind mittendrin.
Abermals bestimmte in 2021 Corona unseren privaten und beruflichen Alltag. Die Berichterstattung rund um den Pandemieverlauf rangiert deutlich vor allen anderen Themen. Obwohl wir uns seit fast zwei Jahren intensiv mit SARS-CoV-2 beschäftigen, stellt uns die Dynamik der Entwicklung immer wieder vor Herausforderungen. Deshalb ist es wichtig, unsere Rolle in der Corona-Krise vorbehaltlos zu reflektieren. Der Berliner Virologie-Professor Christian Drosten hat recht, wenn er fordert: "Eine Nachbesinnung ist nicht nur in der Politik und der Wissenschaft, sondern unbedingt auch im Journalismus nötig."
Corona hat unsere Gesellschaft vor bislang nicht gekannte Probleme gestellt. Für uns Journalistinnen und Journalisten bedeutet die weltumspannende Ausnahmesituation die vielleicht größte Bewährungsprobe unseres Berufslebens. Zumal wir nicht nur, wie sonst üblich, Beobachter sind, sondern zugleich Betroffene. Die Pandemie ist kein Ereignis, das wir von außen betrachten. Nein, wir sind mittendrin in diesem komplexen, schwierig durchschaubaren Geschehen. Und das unter völlig veränderten Rahmenbedingungen.

Die meisten Kolleginnen und Kollegen arbeiten im Mobileoffice. Unsere Arbeitsumgebung und die Ablaufprozesse mussten erst entsprechend angepasst werden. Routine und Vertrautes sind uns abhandengekommen: kein Büroalltag mehr, keine Gespräche im Workcafé, kaum noch persönliche Begegnungen – und wenn, selbstverständlich mit Maske und Abstand.
Räumliche Entfernung zu denen, über die wir schreiben
Mein Kollege Andreas Brachs, Redaktionsleiter in Kitzingen, beschreibt, wie sich diese besonderen Umstände auf seine Lokalredaktion ausgewirkt haben: "Zunächst waren wir selbstverständlich froh, trotz Pandemie unseren Job machen zu dürfen. Und auch die technische Ausstattung fürs Mobileoffice hat gut geklappt. Zugleich war aber die räumliche Entfernung von denen, über die wir schreiben, manchmal nur schwer zu überbrücken. Live dabei zu sein ist etwas anderes, als sich Dinge am Telefon (im Nachhinein) schildern zu lassen. Und schließlich hatten wir es unter Kurzarbeit-Bedingungen nochmals schwerer, unseren Auftrag der Kritik- und Kontrollfunktion in der gewohnten Form zu erfüllen."
Wenngleich die Arbeit von vielen Redakteurinnen und Redakteuren als anstrengender empfunden wird, sind sich nahezu alle einig: Der gewachsene Teamgeist wiegt so manche Unannehmlichkeit auf. Michael Nöth, Redaktionsleiter in der Rhön, bringt es auf den Punkt: "Wir sind viel enger zusammengewachsen, haben eine Kollegialität entwickelt, die unserem Content einerseits und dem Miteinander andererseits extrem guttut. Durch die weggefallenen Termine konnten wir unsere journalistische Kraft viel mehr den Menschen und der Region an sich widmen."
Wir sind dankbar, dass der überwiegende Teil von Ihnen, liebe Leserinnen und Leser, dieses Engagement der Redaktion wertschätzt, wie zahlreiche Zuschriften und Telefonanrufe zeigen.
Trotz aller Sorgfalt passieren Fehler
Sie kennen sicher den alten Spruch: "Wer arbeitet, macht Fehler, wer viel arbeitet, macht viele Fehler. Ich kenne Menschen, die machen keinen Fehler." Wir wissen, dass wir am Frühstückstisch auch mal Ihren Groll auf uns ziehen. Wenn sie nämlich einen Fehler in der Zeitung oder auf mainpost.de entdecken. Das passiert trotz aller Sorgfalt - leider…
Oft werden wir aber auch mit Vorwürfen bedacht, die mehr aus dem Gefühl heraus formuliert sind und sich weniger auf Fakten stützen. Seit dem Corona-Ausbruch hierzulande sehen sich Fernsehen, Radio und Zeitungen wie jene der Mediengruppe Main-Post immer wieder mit Unterstellungen konfrontiert. Beispielsweise, dass sie zu unkritisch übernähmen, was Regierende in Bund und Ländern beschließen. Stimmt das?
Eine im November veröffentlichte Studie unter dem Titel "Einseitig, unkritisch, regierungsnah?" hat dieser Frage nachgespürt. Ergebnis: Die Berichterstattung der analysierten Medien sei "zugleich regierungsnah und regierungskritisch", so die Autoren der empirischen Untersuchung. "Sie war regierungsnah, weil die Medien, ähnlich wie die Politik, überwiegend für harte Maßnahmen plädierten. Sie war zugleich aber auch regierungskritisch, weil den Medien diese Maßnahmen oft gar nicht hart genug erschienen oder zu spät kamen."
Fazit von Professor Marcus Maurer, einem der Studien-Verantwortlichen: "Niemand soll sagen, die Berichterstattung war unkritisch. Das stimmt tatsächlich nicht." Was freilich nicht heißt, dass wir hier und da Entscheidungen der Politik loben, sofern es nachvollziehbare Gründe dafür gibt.
Studie bescheinigt den Medien, insgesamt sachlich über Corona informiert zu haben
Die Untersuchung bescheinigte den Medien übrigens auch, insgesamt sachlich informiert zu haben – allerdings mit deutlichen Unterschieden. Während "Tagesschau" und "FAZ" Inhalte sachlich dargestellt hätten, seien die Beiträge von "Bild" und "Welt" "mit mehr Emotionen" versehen gewesen.
"Insgesamt nahmen die Medien gegenüber der Pandemie eine eindeutig warnende Haltung ein, die man durchaus als einseitig betrachten kann. Betrachtet man diese Einseitigkeit als Problem, dann kann man dies allerdings nur aus einer Position tun, die die Pandemie als eher ungefährlich oder die Maßnahmen als eher übertrieben wahrnimmt", so die Schlussfolgerung der Studienverantwortlichen.
Größere Vielfalt an Experten-Meinungen hätte den Blick erweitert
Allerdings wird in der Studie kritisch angemerkt, dass zu wenig Fachleute neben den Virologen zu Wort gekommen seien. Eine größere Vielfalt der Experten-Meinungen hätte den Blick auf die Pandemie erweitert.
Ein Einwand, der nach Meinung von Main-Post-Printchefin Karoline Keßler-Wirth auf uns ebenfalls zutrifft: "Wir haben aus meiner Sicht erst relativ spät angefangen, auch über psychosoziale und finanzielle Folgen für die Menschen zu sprechen. Da hätten wir bei beiden Themenkomplexen früher einsteigen können und sollen."
Anita Schöppner aus dem Themenmanagement hat als einen unserer Schwachpunkte markiert, dass wir "noch zu viele Artikel schreiben, die für unsere Leserinnen und Leser nicht relevant sind".
Unterstützung erhält sie vom stellvertretenden Chefredakteur Ivo Knahn: "Wir könnten immer noch konstruktiver, lösungsorientierter sein." Zudem hat er den Eindruck, "den ständigen Neuerungen und Regelungen immer einen Schritt hinterherzurennen". Das sei unbefriedigend, liege aber ein Stück weit in der Natur der Sache. Knahn: "Wir könnten auch noch besser einordnen, dass jede Entscheidung der Politik und jede Empfehlung der Wissenschaft auf dem aktuellen Wissensstand basiert. Und dass vieles weiterhin unsicher ist."
Journalistische Defizite in der Phase der Kurzarbeit
Barbara Hermann, stellvertretende Kitzinger Redaktionsleiterin, sieht das ähnlich: "Wegen Corona scheint sich so viel zu wiederholen, dass man manchmal zu viel voraussetzt beim Leser."
Rhön-Chef Michael Nöth hat journalistische Defizite besonders in der Phase der Kurzarbeit wahrgenommen. "Da hätte ich mir gewünscht, dass wir dem ein oder anderen Corona-Mystiker-Gerücht im Lokalen deutlicher hinterher gespürt hätten. Aber uns hat in dieser Phase oft die personelle Schlagkraft gefehlt."
Ein Manko, das der Schweinfurter Redaktion gleichfalls nicht fremd ist. Redaktionsleiter Oliver Schikora: "Nicht immer konnten wir sofort auf Hinweise reagieren, nicht alle Termine konnten wir besetzen. Insofern gilt es auch, vermehrt mit Leserinnen und Lesern zu kommunizieren, aber auch mal Nein zu sagen und klar zu entscheiden, was schnell umgesetzt werden muss und was nicht."
Remote-Veranstaltungen erschweren kritische Nachfragen
Für alle Reporterinnen und Reporter war und ist es während strenger Corona-Maßnahmen schwierig, Menschen von Angesicht zu Angesicht zu begegnen. "Spieler- und Trainervorstellungen, Pressekonferenzen – alles findet dann nur remote statt", schildert Sportchefin Caro Münzel ein Dilemma, das nicht nur ihr Ressort betrifft. "Das erschwert natürlich kritische Nachfragen, macht es aber auch schwieriger, eine echte Bindung zu den Menschen aufzubauen, über die man berichtet."
Michaela Stumpf, verantwortlich für das Erstellen sämtlicher Lokalseiten der Main-Post, spricht ein Defizit an, das nicht nur Sie ärgert, liebe Leserinnen und Leser, sondern darüber hinaus die gesamte Redaktion: Rechtschreibfehler in Artikeln. "Durch Homeoffice konnte die Endabnahme der Seiten leider nicht wie gewohnt stattfinden. Dadurch ist der eine oder andere Fehler durchgerutscht, was wir sehr bedauern."
Der selbstkritische Blick auf unsere Corona-Berichterstattung zeigt: Es wird der Redaktion nicht an Zielen für 2022 mangeln. Wir werden jedenfalls alles daransetzen, noch besser zu werden. Unterstützen Sie uns dabei mit Ihren Anregungen und Ihrer Kritik. Schreiben Sie mir, wie zufrieden Sie mit unserer Arbeit sind. Sie erreichen mich unter der Mailadresse michael.reinhard@mainpost.de oder postalisch: Chefredaktion, z. Hd. Michael Reinhard, Berner Straße 2, 97084 Würzburg.
Ich wünsche Ihnen einen guten Beschluss und ein entspanntes neues Jahr. Bleiben Sie vor allem gesund!
Herzliche Grüße
Ihr
Michael Reinhard
Die komplette Studie zur Medienanalyse "Einseitig, unkritisch, regierungsnah?" lesen Sie hier.
Allerdings gehts nicht nur um es allen recht zu machen oder mit dem Wind die FAhne zu stellen nach dem Motto -wasch mich, aber mach mich nicht nass! Es fehlt meines Erachtens der gesellschaftliche Auftrag sich deutlicher von Extremismus zu distanzieren, ihnen keinen Boden durch die gehäufte Anzahl der detaillierten Berichte zu liefern inclusive Baupläne für deren Tun!
Weiter muss ich auch feststellen, dass die Näher vieler jüngerer Redakteure nach Links und Richtung Grün mehr als nur Gelegenheitserscheinungen sind. Es fehlt die Ausgewogenheit in der politischen Neutralität! Das ist sehr bedauerlich! Offensichtlich ist es nicht nur in Wahlkampf sondern auch in vielen Kommentaren geworden.
Auch für die Unternehmen wäre dies wichtig- nicht nur als Werbepartner sondern auch als Organisationen die den Menschen Lohn und Brot geben.
Diese kommen im Mittelstand und Gewerbe zu kurz. Es geht um alles Betriebe!
Ich sehe das als bodenlose Unverschämtheit und reine Willkür, einen Kommentar, der weder Hass noch Hetze enthält, einfach zu sperren. Schreibt man zurück, warum und weshalb und welche Kommentarregeln das betrifft, bekommt man keine Antwort.
Der Sportteil dagegen mehr als überproportional ausführlich.
So ist z.B. die Behauptung dass Atomkraft günstig und CO2-frei ist eine glatte Lüge, wird aber gerne erzählt.
Zur Selbstkritik:
Ich empfinde die Main-Post als solides regionales Medium. Manchmal wünsche ich mir mehr regionale Unaufgeregtheit, insbesondere bei eher inhaltslosen und aufgeblasenen Artikeln mit reißerischen Headlines. Es hält sich natürlich in Grenzen, aber manchmal merkt man einfach, dass es nur um Klicks geht. Für 2022 wünsche ich mir eine einfache native App, die auch mit Tablets kompatibel ist.
Mit freundlichen Grüßen
Ralf Zimmermann, Main-Post Digitales Management
Ob es an schlechter Vorbereitung oder Rücksichtnahme auf den Interviewpartner geschieht möchte ich nicht beurteilen.
Es fällt aber auf, dass beim Ausweichen auf die Frage und selbst bei offensichtlichen Falschaussagen oft nicht nachgehakt wird.
Wenn Interviews so geführt werden kann man die Politiker gleich ihr Wahlprogramm vorlesen lassen.
Und wie schon in einem anderen Kommentar erwähnt ist die Suche eine Katastrophe. Ich wollte mal auf die schnelle Verkehrsminister-Interviews suchen und bin kläglich gescheitert.
Viele von der DPA übernommenen Interviews/Berichte sind aus den gleichen Gründen mindestens genauso schlecht.
Die Mainpost ist eine Lokalzeitung, die den Spagat zwischen Regionalität und Überregionalität im Vergleich gut meistert.
Die Berichterstattung ist i. d. R. ausgewogen.
Für uns ist die Mainpost die erste verlässliche und seriöse Quelle für regionale Informationen.
Positiv ist auch, daß über interne Entscheidungsfindungen berichtet wird, z. B. wie die Redaktion mit dem Genderwahnsinn umgehen muss.
Nun noch einige Kritikpunkte:
- Artikelüberschriften sind inhaltlich manchmal irreführend, nichtssagend oder aber reisserisch
Im Artikel selbst ergibt sich dann ein völlig anderes Bild.
- die Online Suche nach Artikeln oder (Todes) Anzeigen ist eine Katastrophe!
Noch NIE haben wir damit Erfolg gehabt!
Außerdem wäre es sehr hilfreich, wenn Artikel, die auf der Vorderseite angekündigt werden, mit einer Seitenzahl versehen wären.
Ansonsten kann ich mich meiner/m VorrednerIn nur anschließen.