
Schlammreste liegen noch auf den Straßen, Kanalabflüsse sind verstopft und abgetragene Schottersteine blockieren den Lauf des Baches: Die letzten Spuren des Hochwassers sind auch über eine Woche nach der Sturzflut entlang des Heigelsbachs in Hedingsfeld noch sichtbar.
Für die Anwohner kein neuer Anblick. Denn nicht nur am 3. August ließ die aus Reichenberg kommende Flut den Bach über das Ufer treten. Bereits in 2016 und 2021 sorgten Starkregenereignisse hier für Schäden. Mit Nachdruck fordern die Anlieger nun schnelle Maßnahmen zum Schutz gegen Hochwasser. "Es muss endlich etwas passieren", sagt ein Anwohner, "wir können nicht jedes Mal hoffen, dass es uns nicht schlimmer trifft."
Am Ufer des Heigelsbachs am Balleitenpfad, läuft Stadtrat Udo Feldinger (SPD) Wege ab, die erst seit kurzem wieder begehbar sind. Er deutet auf das enge Bachbett, das kaum Platz für Rückhaltebecken oder Ausgleichsflächen lässt. Das sind Flächen, die als Überflutungsflächen bei Starkregen dienen. "Weiter oben, Richtung Rottenbauer und Fuchsstadt, könnte man vielleicht Ausgleichsflächen schaffen, auch auf der Reichenberger Seite müssen wir dringend in Uengershausen und Lindflur aktiv werden," meint Feldinger.

Der Blick des langjährigen Kommunalpolitikers ist ernst, als er die Ausmaße des Problems beschreibt: "Das ist nicht nur ein Thema für Reichenberg. Auch Würzburg muss handeln. Überflutungen nach Starkregen sind kein lokales Problem mehr." Deswegen arbeiten laut Feldinger beide Kommunen gemeinsam an einem umfassenden Hochwasserschutzkonzept, um der wiederkehrenden Gefahr wirksam zu begegnen.
Heigelsbach-Einzugsgebiet: Ein wachsendes Hochwasserrisiko
Das Einzugsgebiet des Heigelsbachs und seiner Zuflüsse, darunter der Fuchsstädter- und der Reichenberger Bach, sowie das Oberflächenwasser aus der Lehmgrubensiedlung und dem Heuchelhof, umfasst mehr als 50 Quadratkilometer. "Hier kommen enorme Wassermassen zusammen. In den letzten Jahren kam es immer wieder zu Hochwasser. Doch was wir bisher erlebt haben, ist nur ein Vorgeschmack auf das, was noch kommen könnte", sagt Feldinger.
Vor wenigen Tagen sorgten Feldinger zufolge, der als Wettertechniker beim Deutschen Wetterdienst in Offenbach tätig ist, bereits 40 Liter Regen pro Quadratmeter für heftige Überschwemmungen. Das sei jedoch bei Weitem nicht das Maximum. Bei der Sturzflut vor drei Jahren wurde in kurzer Zeit ähnlich viel Niederschlag gemessen. Feldinger warnt, dass in Zukunft noch deutlich größere Mengen Regen möglich sind, bedingt durch den Klimawandel und die damit einhergehenden Extremwetterereignisse. "Wir können nicht warten, bis Menschenleben gefährdet sind."
Die Stadt Würzburg hat vor zweieinhalb Jahren mit der Planung eines umfassenden Hochwasserschutzkonzepts begonnen. Um den aktuellen Stand der Planungen zu ermitteln, hat der Kommunalpolitiker kürzlich eine offizielle Anfrage an die Stadt Würzburg gestellt.
Stadt Würzburg: Man arbeitet mit Hochdruck an einem umfassenden Konzept
Auf Anfrage dieser Redaktion teilt Pressesprecherin Claudia Lother mit, dass die Entwicklung des Schutzkonzepts umfangreiche Berechnungen und intensive Abstimmungen erfordere, die Zeit in Anspruch nehmen würden. Feldingers Anfrage zum Stand des Rückhaltekonzeptes für den Heigelsbach soll im Ferienausschuss behandelt werden, der an diesem Mittwoch tagt.

Ein beauftragtes Ingenieurbüro entwickle derzeit verschiedene Maßnahmen und prüfe deren Wirkung. Erste Ergebnisse deuten laut Lother darauf hin, dass Rückhalteflächen außerhalb der Stadt notwendig sein werden, während innerörtliche Maßnahmen den Schutz der betroffenen Stadtteile gewährleisten sollen.
"Auch kleinere Eingriffe in das Bachbett werden als sinnvoll erachtet. Im Herbst sind Vor-Ort-Termine geplant, bei denen alle Beteiligten die vorgeschlagenen Maßnahmen gemeinsam diskutieren werden." Das Konzept solle im Oktober fertig sein und dann möglichst schnell umgesetzt werden.
Verschärft das Oberflächenwasser von der Autobahn das Problem?
Günter Müller, dessen Grundstück in unmittelbarer Nähe zum Bach liegt, hofft auf eine baldige Umsetzung. "Die Warnungen kamen wieder viel zu spät", berichtet er von der Sturzflut am 3. August. Zuerst sei es nur ein leises Rauschen gewesen, doch als der Bach plötzlich lauter wurde, wusste Müller, dass es ernst wird: "Wie eine Flutwelle kam das Wasser etwa eine halbe Stunde später bei uns an. In kürzester Zeit lief der Bach die Straße entlang."

Er zeigt auf die Vergitterung des Zuflussrohrs aus der Lehmgrubensiedlung. Zerfetzte Klopapierstücke hängen in den Gittern. "Das Wasser bringt das mit sich, und die Stadt tut viel zu wenig, um das Problem in den Griff zu bekommen", klagt er. Müller beobachte die Situation seit Jahren mit wachsender Sorge: "2016, dann 2021 zweimal, und jetzt wieder. Wir leben in ständiger Angst."
Auch Michael Mahler spricht von einer dauerhaften Anspannung aufgrund der Situation. "Als wir vor einigen Jahren in unser Haus gezogen sind, war der kleine Bach nur ein schmaler Wasserlauf", erinnert sich Mahler. "Damals wussten wir nicht, dass Oberflächenwasser von so vielen zusätzlichen Flächen in den Bach abgeleitet wird."

Ein besonders kritischer Punkt sei das Rückhaltebecken, das das Oberflächenwasser der Autobahn auffangen soll, um es dann kontrolliert in den Bach abzugeben. Mahler und andere Anwohner beobachten, dass das Rückhaltebecken seine Funktion nicht erfüllt: "Das Wasser läuft direkt in den Bach." Bei der letzten Sturzflut sei das Rückhaltebecken nahezu leer gewesen. Für Mahler und seine Nachbarn sei die Situation eine tickende Zeitbombe: "Wir können uns nicht darauf verlassen, dass es immer gut geht".
Anmerkung der Redaktion: In der ersten Version des Artikels steht, dass 2021 binnen kurzer Zeit 98 Liter pro Quadratmeter Niederschlag gemessen wurden. Richtig ist, dass es damals ähnlich viel Niederschlag gab wie bei der Sturzflut 2024. Wir bitten, diesen Fehler zu entschuldigen.
über den derzeitigen Stand der Planungen berichten.
Mit Regenrückhaltebecken allein ist das Problem nicht zu lösen. Die Überflutungen sind auch das Ergebnis von Maßnahmen wie z.B. der Flurbereinigung. Lange, u. für viele gilt noch immer, Regenwasser muss schnell abgeleitet werden. Es wird noch lange brauchen bis sich die Erkenntnis durchsetzt, dass Niederschläge vor Ort bewirtschaftet werden müssen. Dazu gibt es schöne Hochglanzbroschüren vom bay. Staatsministerium, z.B. "Wassersensible Siedlungsentwicklung ".
Ebenso muss sich der Wasserrückhalt in der Agrarlandschaft ändern. Humusreicher Ackerboden kommt mit großen Niederschlägen bestens zurecht u. wird nicht abgespült. Die Gestaltung der Landschaft braucht Veränderungen. Weniger wasserabführende Bauwerke in den Weinbergen, den Oberflächenabfluss verlangsamen (Keyline Design), Bodenverdichtung verringern, Hochwasserschutz braucht Fläche...
Technischer Hochwasserschutz ist teuer und oft kontraproduktiv
Wäre "alles" nur in der Hand der Stadt, ginge das noch "relativ zügig". Das ist aber nicht der Fall. Der Landkreis und die Kommunen wie Reichenberg, Fuchsstadt, Eßfeld sind - alternativlos - in den notwendigen Maßnahmenkatalog einzubeziehen.
Übrigens: Für das "unzureichend" und "flach ablaufende" Überlaufbecken unter der Autobahnbrücke kann die Stadt nun gar nichts. Bitte in München beschweren! ("Einfach" die Landtagsabgeordneten in's Boot holen wäre da die naheliegendste Idee).
Das ist kein Schauermärchen, genau so läuft es gerade im Ahrtal .
In 8 Jahren hätte sich schon etwas tun können.