
Am Samstagabend sorgten kräftige Gewittergüsse in den Ortsteilen Uengershausen und Lindflur für Überflutungen in Reichenberg. Die Wassermassen konnten von den Kanalsystemen und natürlichen Abflüssen nicht mehr bewältigt werden, wodurch die Ortsmitte überschwemmt wurde. Am Sonntagmorgen wurde das Ausmaß der Zerstörung sichtbar: Schlammspuren auf dem Asphalt, verschmutzte Autos und beschädigte Gegenstände am Straßenrand.
Betroffene Einwohnerinnen und Einwohner fühlen sich nicht ausreichend geschützt. Im Interview spricht Bürgermeister Stefan Hemmerich darüber, ob die Menschen in Reichenberg künftig mit einem besseren Hochwasserschutz rechnen können.
Stefan Hemmerich: Nach dem Hochwasser vor drei Jahren hatte die Feuerwehr mobile Hochwasserelemente beschafft und Übungen damit durchgeführt. Im Akutfall sollten diese Elemente, insbesondere im Bereich des Kriegerdenkmals, das Wasser vom Sichelsgrund direkt zum Heigelsbach weiterleiten und verhindern, dass es über die Hauptstraße fließt. Anfangs funktionierte die Ableitung am Samstagabend gut, doch als das Wasser aus Lindflur hinzukam, hielten die Elemente den Wassermassen nicht mehr stand.
Hemmerich: Ab einem gewissen Punkt kommt man damit nicht weiter. Wir haben versucht, sie am Sportplatz anzubringen, aber das Wasser kam mit einer solchen Wucht, dass man es nicht mehr geschafft hat. Hätten wir sie rechtzeitig dahin bekommen, hätten wir es vielleicht noch umleiten können. Dann kann man zur Not noch eine zweite Reihe aufstellen. Aber das war nicht mehr möglich.
Hemmerich: Wir sind seit einiger Zeit dabei, ein Hochwasserschutz-Konzept zu erarbeiten. Dafür haben wir zunächst die sogenannte Hydrologie ermittelt, also geschaut, was Richtung Reichenberg fließt und wohin. Tatsächlich kommen in der Ortsmitte im Extremfall Wassermassen aus insgesamt 53 Quadratkilometer Fläche zusammen. Mit diesem Wissen müssen nun mögliche Maßnahmen mit dem Wasserwirtschaftsamt abgestimmt werden. Diese Abstimmungen machen den Prozess so zäh, und das meine ich ohne Vorwurf. Allein die Prüfung der Berechnungen der Hydrologie hat gut ein Jahr gedauert.

Hemmerich: Wir sind jetzt an dem Punkt, an dem wir erste Vorschläge vom beauftragten Planungsbüro bekommen haben. Vor vier Wochen erst hatte ein Gespräch über mögliche Maßnahmen stattgefunden. Wenn man den Berechnungen folgt, sind es zum Teil riesige Bauwerke, die entstehen müssten, um den Schutz zu gewährleisten. Wir müssen einerseits prüfen, ob man den Grunderwerb dafür bekommt, und zum anderen, ob man ein bestimmtes Konzept wirklich durchsetzen möchte. Ohne die Zustimmung der Grundstückseigentümer geht das nämlich auch nicht.

Hemmerich: Man könnte Dämme bauen. Aber ich bin zwiegespalten, denn: Was machen wir, wenn sie vollgelaufen sind? Aus meiner Sicht sind naturnahe Lösungen zu präferieren, wo Flächen unter Wasser gesetzt werden. Diese Vorschläge liegen auf dem Tisch. Wir schicken jetzt die neuen Erkenntnisse und Bilder von der Sturzflut an das Planungsbüro. Im September werden wir entscheiden, welche Maßnahmen infrage kommen. Und auf dieser Basis könnten die Planer dann die Vorschläge prüfen und für den weiteren Prozess vorlegen.
Hemmerich: Der Sichelsgrund erstreckt sich außerhalb von Reichenberg und bildet eine lange Senke. Betrachtet man das Gelände, so sieht man rechts und links vom Weg Wiesen. Es besteht die Möglichkeit, diese Wiesen abzusenken, damit sich dort Wasser sammeln kann. So könnte man das Wasser zurückhalten und gedrosselt abführen. Ähnliche Maßnahmen sind auch im Bereich Lindflur und Albertshausen denkbar. Es müssen dabei jedoch viele Faktoren berücksichtigt werden. Eingriffe in die Natur erfordern artenschutzrechtliche Genehmigungen. Auch wenn mir persönlich die Umsetzung nicht schnell genug voranschreitet, müssen die Maßnahmen so gestaltet werden, dass sie letztlich für alle – einschließlich der Natur – funktionieren.
Hemmerich: Die Bürgerinnen und Bürger werden es nicht gerne hören, aber ich persönlich halte es nicht für komplett verhinderbar. Dazu ist die Situation zu komplex und die geografische Lage zu ungünstig. Selbst wenn man langfristige Maßnahmen in die Wege leitet, gibt es keine hundertprozentige Garantie.
Hemmerich: Unser Ziel ist es, einen gewissen Rückhalt zu erreichen. Das bedeutet, dass diese Maßnahmen ausreichen sollen, wenn das Unwetter nicht allzu schlimm ist. Der zweite Punkt ist, dass wir durch das Zurückhalten und Abführen des Wassers Zeit gewinnen, bis es überläuft. Dadurch hätten wir die Möglichkeit, rechtzeitig zu reagieren und die Bevölkerung zu warnen. Im besten Fall können wir den Schaden dadurch begrenzen.
In der historischen Karte von BayernAtlas ist da sogar noch die Bezeichnug "Brunnstube" zu finden.
Da kann sich auch Würzburg mal Gedanken machen.
Pleichach und Kürnach verschwinden auch am Bahnhof.