
Ein Schlag ins Gesicht, ein Tritt in die Seite und ein Holzschemel, der immer wieder auf dem Kopf eines jungen Bauern landet, bis dieser reglos liegen bleibt. Bis zum ersten Kampfgeschehen müssen die Zuschauerinnen und Zuschauer der Florian-Geyer-Festspiele in Giebelstadt diesmal nicht lange warten. In der diesjährigen Inszenierung mit dem Titel "Der Herr des Zorns" geht es gewohnt rasant und gelegentlich auch brutal zur Sache. Mit der Premiere des zweiten Teils der Saga rund um den Ritter Florian Geyer ist der Bauernkrieg zurückgekehrt nach Giebelstadt.
Seine Widersacher wollen Geyer in eine Falle locken
Regisseur Renier Baaken zeichnet dabei das Bild einer rauen und düsteren Zeit, ohne auf eine große Portion Humor zu verzichten. Die Bauern in der Region leiden im Jahr 1525 massiv unter der Obrigkeit und werden regelmäßig von ihren Lehnsherren ausgeplündert.
Zwar haben sie Florian Geyer, gespielt von Christian Grimm, auf ihrer Seite, der jedoch ist selbst im Visier seiner Widersacher – allen voran Wilhelm von Grumbach (Stefan Ebert) und Fürstbischof Konrad von Thüngen (Rüdiger Scheer). Die wollen Geyer mit einer List in eine Falle locken und bekommen zu allem Überfluss auch noch dessen Gefährtin Katarina (Diana Hufnagel) in die Finger.

Nicht mehr wegzudenken von den Geyer-Festspielen sind atemberaubende Stuntszenen und pyrotechnische Effekte. "Wenn Zuschauer heute auf eine Freilichtbühne gehen, wollen sie nicht drei Leute sehen, die sich über irgendetwas unterhalten, sondern da muss was los sein", sagt Renier Baaken. Und los ist auch in diesem Jahr einiges auf der Bühne. Pferde und Kutschen, die mit Karacho durch den Staub rasen, Schwertkämpfe, Prügeleien und Explosionen halten das Publikum durchgehend in Atem.
Blutige Kämpfe und derbe Witze prägen das Stück
Allzu zimperlich sollten Zuschauerinnen und Zuschauer allerdings wohl nicht sein. Dafür sorgen neben blutiger Kampfhandlung, derbe Witze und einige gewaltvolle Szenen – etwa wenn Grumbachs Tross eine Reihe Bauersfrauen entführt in der Absicht, diese zu vergewaltigen.
"Die Sprache ist nicht ganz jugendfrei", merkt ein Zuschauer, der aus der Nähe von Heilbronn angereist ist, in der Pause an. "Aber das war damals wohl so." Schließlich spiele das Stück im finsteren Mittelalter.

Wer sich an der derben Wortwahl nicht stört, hat bei "Der Herr des Zorns" allerdings auch einiges zu lachen. Etwa wenn der allzeit beschwipste Kellermeister des Bischofs versucht, mit kreativen Umschreibungen seinen unbeliebten Wein an den Mann zu bekommen, oder sich die Mätressen des Bischofs wiederholt in die Haare kriegen.
Das Ende der Saga gibt es im nächsten Jahr zu sehen
Auch wenn dem Spektakel wahre Begebenheiten zugrunde liegen, setzt Regisseur Baaken bei der Inszenierung ganz bewusst auf künstlerische Freiheit. Schließlich gehe es um Unterhaltung statt um Geschichtsunterricht, sagt Baaken.
Florian Geyer skizziert er dabei mehr als besonnenen Diplomaten, der nur im Notfall zu Gewalt greift, denn als draufgängerischen, erbarmungslosen Krieger. Anders als so manche der aufständischen Bauern, die Gleiches mit Gleichem vergelten wollen, und ihrerseits auf Beutezug gehen und Klöster brandschatzen, setzt der Ritter in der Geyer-Sage auf eine andere Strategie. Man müsse sich gemeinsam dem Bischof entgegenstellen, verkündet er. "Wem die Festung gehört, dem gehört Franken."

Wie viel Erfolg er mit seiner Strategie noch haben soll, wird nächstes Jahr im dritten Teil der Geyer-Saga auf der Freilichtbühne zu sehen sein. Wer die historische Vorlage des Spektakels kennt, weiß allerdings, dass kein Happy End für den adligen Bauernführer bevorsteht. Denn der Ritter wurde im Juni 1525 wenige Tage, nachdem die Truppen des Bischofs das Bauernheer in einer Schlacht bei Ingolstadt vernichtend geschlagen hatten, im Gramschatzer Wald ermordet.
Veranstalter zeigen sich zufrieden mit den Zuschauerzahlen
Insgesamt haben nach Angaben der Veranstalter am Premierenwochenende mehr als 1200 Menschen eine der ersten beiden Aufführungen gesehen. "Wir sind sehr zufrieden damit", sagt Sandra Leber, die neben ihrer Rolle auf der Bühne als eine der Mätressen des Fürstbischofs die Öffentlichkeitsarbeit des Festspielvereins übernimmt. Die frei gebliebenen Plätze seien neben der Fußball-EM dem durchwachsenen Wetter der letzten Wochen geschuldet, meint Leber. Landwirte seien deshalb zurzeit noch auf dem Acker beschäftigt. "Das merken wir hier auf dem Land ganz massiv."
Weitere Aufführungen von "Der Herr des Zorns" finden statt am 19., 20., 26. und 27. Juli, jeweils um 20.30 Uhr. Einlass ist um 20 Uhr.
