Die großen Schlangen vor den Würzburger Läden blieben bis auf ein paar wenige Ausnahmen aus. Die Stimmung in der Innenstadt war unerwartet ruhig: Kein Gedrängel, keine Hektik. Seit Montag dürfen die Geschäfte in Würzburg wieder öffnen. Weil dort Anfang der Woche die 7-Tage-Inzidenz unter 50 lag, ist das Einkaufen ohne vorherige Terminvergabe möglich. Es darf sich jedoch höchstens ein Kunde pro zehn Quadratmeter Verkaufsfläche aufhalten. Für Läden mit mehr als 800 Quadratmeter Verkaufsfläche gilt die Regel: höchstens ein Kunde auf 20 Quadratmeter. Doch: Die 7-Tage-Inzidenz steigt wieder. Ab Montag muss Würzburg die Corona-Lockerungen wieder zurückfahren. Dann gilt im Einzelhandel Shoppen nur noch mit Termin.
Großer Ansturm auf Innenstadt blieb aus
Dass die Freude bei den Einzelhändlern groß war, wieder öffnen zu dürfen, weiß Volker Wedde. Der Bezirksgeschäftsführer für Unterfranken des Handelsverbands Bayern steht im täglichen Austausch mit den Einzelhändlern. Dass der große Ansturm auf die Innenstadt ausblieb, enttäuschte die Händler nicht. "Sie sind alle mit realistischen Erwartungen in die Öffnung gegangen", sagt er im Gespräch mit dieser Redaktion.
Wie es auch bereits im vergangenen Jahr bei der Wiedereröffnung nach dem ersten Lockdown war, seien die meisten der Kunden sogenannte Zielkunden gewesen. "Von einigen Händlern habe ich aber auch gehört, dass sie durch die Läden geschlendert sind, um sich umzuschauen", so Wedde. Vermehrter Kundenverkehr sei also deutlich zu erkennen gewesen. Dass einige Läden am Montag noch nicht geöffnet hatten, erklärt sich Wedde damit, dass möglicherweise noch nicht gewusst wurde, unter welchen Bedingungen man öffnen darf oder dass das Personal so kurzfristig nicht zu beschaffen gewesen sei. "Schließlich wusste man erst am Sonntag, was ab Montag gilt, solche kurzfristigen Regelungen sind natürlich unbefriedigend", sagt Wedde.
Ob nun Shoppingausflüge aus Nachbarregionen einsetzen, oder die Würzburger in den Landkreis fahren, falls der Einzelhandel wieder schließen muss, ist bisher unklar. Aus Erfahrung könne Wedde jedoch sagen, dass es die ersten Tage nicht dazu kam. "Es gab einige Städte, die mit Terminvergabe arbeiten mussten, was wohl gut lief", erzählt er. "Natürlich besteht die Gefahr, dass Einkaufstourismus entsteht, diese Verschiebungen hat es hier jedoch bislang nicht gegeben." Die Gefahr werde jedoch größer, wenn eine Stadt oder Landkreis den kritischen 7-Tage-Inzidenzwert von 100 überschreitet und somit die Notbremse greift. "Das hofft keiner von uns", so Wedde.
Buchhandel bleibt unabhängig der Inzidenzwerte geöffnet
Dass die Kundschaft in den ersten zwei Tagen noch zögerlich und zurückhaltend war, hat auch Monika Bruckner erlebt. Gemeinsam mit Ulla Rottmann und Gabriele von Zobel führt sie die Buchhandlung Dreizehneinhalb in der Eichhornstraße. "Mittlerweile ist die Innenstadt aber wieder belebter", weiß Bruckner. Dass die Menschen dankbar sind, wieder einkaufen zu dürfen, merke sie auch an den Rückmeldungen ihrer Kunden. "Wir haben auch wieder sehr gute Umsätze."
Der Buchhandel wird dem Einzelhandel des täglichen Bedarfs zugerechnet. Daraus folgt auch, dass Buchhandlungen unabhängig von der Entwicklung der regionalen Inzidenzwerte öffnen und geöffnet bleiben dürfen. Das freut die drei Frauen ganz besonders.
25 Prozent weniger Passanten als vor der Pandemie
Die Frequenz in der Würzburger Innenstadt, die auch an einem Laser in der Schönbornstraße gemessen wird, liegt aktuell ungefähr bei 25 000 Passanten pro Tag. Verglichen mit den Zahlen von vor zwei Jahren, also vor der Pandemie, sind das 20 bis 25 Prozent weniger, wie Wolfgang Weier, Geschäftsführer des Stadtmarketings "Würzburg macht Spaß" weiß. Das liege vor allem an den fehlenden Touristen und "die Bevölkerung aus dem Umland vermeidet es, in die Stadt zu fahren, aus Angst oder Unsicherheit."
Trotzdem zeigt sich Weier zufrieden mit den ersten Tagen nach der Wiedereröffnung: die Zahlen in absoluten Werten seien gut, "angesichts der Tatsache, dass wir noch immer eine Pandemie haben." Die Zufriedenheit der Einzelhändler mit den Umsätzen teile sich. Während sich vor Filialisten wie Zara oder C&A doch ab und an Schlangen bildeten, berichten Geschäftsführer inhabergeführter Läden, dass zwar auch hier die Kunden wieder kommen, "sie aber keine großen Umsätze machen", so Weier.
Schlier ist auch auf "Click and Meet" vorbereitet
"Wir hatten in dieser Woche eine Kundenfrequenz, die war gut und einen Umsatz, der war sogar sehr gut", sagt hingegen Carl Schlier, Chef des gleichnamigen Modehauses in der Domstraße. Im Vergleich zur Vorjahreswoche sei der Umsatz in dieser Woche sogar doppelt so hoch gewesen. "Das übliche Bummeln findet derzeit aber nicht statt", berichtet er. "Die Leute kommen zielstrebig rein, wissen was sie wollen, und wollen aber auch sehr schnell wieder raus." Ein Teil der Belegschaft sei zwar noch in Kurzarbeit. "Aber diese Woche waren wir gut besetzt."
Falls ab Montag wieder "Click and Meet" gelte, sei man bei Schlier gut darauf vorbereitet. "Man kann bei uns Termine über die Homepage buchen, sogar wenn man direkt vor der Tür steht, kann man noch einen Termin buchen, soweit verfügbar", weiß er. "Die Regelung, dass dann nur ein Kunde pro 40 Quadratmeter ins Geschäft darf, trifft eher kleine Läden. Bei unserer Firmengröße dürfen wir 50 Personen gleichzeitig einlassen", rechnet er vor. "So viele Kunden haben wir normalerweise im März gar nicht gleichzeitig im Haus." Die Frage sei, ob die Kunden denn kämen: "Die Leute sind sehr verunsichert, unser Telefon steht nicht mehr still."
Severin mit Wiedereröffnung zufrieden
Auch schräg gegenüber im Modehaus Severin zeigt sich Maximilian Severin mit dem Ergebnis der ersten Woche nach dem Lockdown zufrieden: "Sehr gut, kann man sogar sagen. Ich glaube ja, dass die Öffnung des Handels zur Entspannung der Situation beiträgt", sagt er. "Die Leute verteilen sich einfach auf mehr Geschäfte als nur auf die Lebensmittelläden." Bei Severin gebe es einen permanenten Luftaustausch und er kenne bisher auch keinen einzigen Infektionsfall, der einem Einzelhandelsgeschäft zugeordnet werden könne.
"Grundsätzlich ist es toll, dass offen ist, das hilft den Händlern", sagt er, "auch wenn uns nächste Woche 'Click and Meet' blüht." Im Saarland habe das Oberverwaltungsgericht diese Regelung am Mittwoch gekippt, weiß Severin. "Wir würden uns freuen, wenn Bayern sich dem anschließen würde und wir bis zu einer Inzidenz von 100 unter den jetzigen Vorgaben geöffnet lassen dürften."
Also, beim Woolworth im Erdgeschoss waren es am Montag eher 2-3 Kunden pro Quadratmeter...