Spätestens seit Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine ist das Thema Wehrpflicht in Deutschland wieder auf der Tagesordnung. 2011 war die Wehrpflicht ausgesetzt worden, inzwischen hat sich die Sicherheitslage deutlich verändert.
Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) hat am Mittwoch Pläne für einen "neuen Wehrdienst" vorgelegt, nach denen zunächst die Erfassung von Wehrpflichtigen wieder aufgebaut werden soll. Eine tatsächliche Wehrpflicht will Pistorius derzeit nicht, der Wehrdienst soll freiwillig bleiben. Unionspolitiker fordern dagegen eine allgemeine Dienstpflicht, wahlweise in der Bundeswehr oder in zivilen Organisationen. Wie denken Menschen in Würzburg über das Thema? Die Redaktion hat sich in der Würzburger Innenstadt umgehört.
1. Stefan Höpfl (39): "Wichtig wäre es mir, dass eine Pflicht für alle gilt"
"Auf der einen Seite brauchen wir bei der Verteidigung mehr Personal und das würde ohne Pflicht nicht gehen. Auf der anderen Seite glaube ich aber, dass die Motivation der Leute dann darunter leiden würde. Wichtig wäre es mir, dass eine Pflicht für alle gilt und dabei keine Ungerechtigkeit entsteht. Würde es mich betreffen, dann könnte ich mir sogar vorstellen, da auch mitzumachen, um Erfahrungen zu sammeln, und auch, um der Gesellschaft etwas zurückzugeben. Bezogen auf den Fachkräftemangel im sozialen Sektor, wäre ein alternativer Zivildienst eine Hilfe. Vielleicht würden manche dabei auch eine Leidenschaft für einen Beruf entwickeln, den sie sonst nie kennengelernt hätten."
2. Gerlinde Neckermann (86): "Ordnung und Disziplin würde den jungen Leuten nicht schaden"
"Ich meine, in der heutigen Zeit sollte man eine solche Pflicht wieder einführen, da die weltweite Lage zurzeit nicht gerade rosig ist. Aber ich finde, dass die Meinung der jungen Leute dazu wichtig wäre. Zugleich glaube ich, dass es den jungen Leuten auch gar nicht schaden würde, etwas Ordnung und Disziplin zu lernen. Wichtig wäre aber auch die alternative Möglichkeit eines Zivildienstes."
3. Anna-Maria Ihle (23): "Einen verpflichtenden Zivildienst fände ich wichtiger"
"Grundsätzlich finde ich den Gedanken der Wiedereinführung der Wehrpflicht eher beängstigend, aber die Idee eines sozialen Jahres nach der Schule befürworte ich schon. Die Einführung eines verpflichtenden Zivildienstes fände ich somit wichtiger als die einer Wehrpflicht. Der Grundgedanke der Einführung einer Wehrpflicht ist ja der, dass Deutschland wieder verteidigungsfähiger werden soll. Da steht auch im Hintergrund, dass man in der Zukunft auch Konflikte und Kriegspotenzial mit anderen Ländern sieht. Ich finde, dass man deswegen mit dem Thema sehr vorsichtig sein muss, um außenpolitisch nicht den Anschein zu erwecken, dass man aufrüsten will, was dann ähnlich wie im Kalten Krieg nur Konflikte fördern würde."
4. Wolfgang Beck (77): "Ich bin sehr offen gegenüber einer Wehrpflicht"
"Nachdem ich selbst über 18 Monate Wehrpflichtiger war, bin ich sehr offen gegenüber der Wehrpflicht und würde in der aktuellen Lage eine Vorbereitung im Sinne der Verteidigung schon begrüßen. Eine andere Frage ist es natürlich, ob eine Wehrpflicht funktionieren würde, da einige Kasernen nicht mehr bestehen. Wichtig wäre mir aber auch, dass die Pflicht sowohl für Frauen als auch Männer gelten würde und dass eine Wahlmöglichkeit durch einen möglichen Zivildienst besteht. Es soll also keinen Zwang zur Bundeswehr geben."
5. Alexandra Plank (23): "Mit mehr Aufklärung das Interesse der jungen Menschen fördern"
"Ich finde die Idee nicht so toll und meine, dass man das Thema anders lösen könnte. Statt einer Pflicht sollte die Arbeit bei der Bundeswehr attraktiver gemacht werden. Eine Möglichkeit dafür wäre es, durch mehr Aufklärung das Interesse bei den jungen Menschen zu fördern, um dafür zu sorgen, dass sie den Dienst aus eigener Motivation heraus leisten wollen. Mit Blick auf einen Zivildienst glaube ich, der generelle Personalmangel wäre dadurch auch in der Pflege nicht behoben, wenn die Leute dann nach einem Jahr wieder gehen würden."
6. André Hupfer (38): "Schwierig, wenn das Ganze einen Kriegscharakter hat"
"Eine Wehrpflicht per se finde ich schwierig, vor allem, wenn das Ganze einen Kriegscharakter hat. Da sollte jeder schon noch selber entscheiden können, ob er in den Krieg zieht und ob er sich darauf vorbereitet oder nicht. Da die Bundeswehr aber auch im Fall von Naturkatastrophen eingreift, hätte eine Pflicht auch Vorteile. Eine Wehrpflicht, die sich auf Zivilcourage für das Land und auf das Helfen von Menschen bezieht, fände ich gar nicht so schlecht.
Um ohne eine Verpflichtung mehr Menschen zu animieren, sich der Bundeswehr anzuschließen, bräuchte es mehr Kampagnen, die darauf aufmerksam machen, dass es nicht nur um Krieg, sondern auch um den Schutz der Bevölkerung in Katastrophenfällen geht. Es sollte außerdem innerhalb der Bundeswehr eine Wahlmöglichkeit bestehen, ob man den Dienst mit der Waffe antritt oder sich lieber dem Katastrophenschutz widmet."
7. Neda Babic (44): "Ich möchte nicht, dass das Thema Krieg noch relevanter wird"
"Da ich aus Serbien komme, einem Land, in dem ich als Kleinkind selbst Krieg erlebt habe, bekomme ich wirklich Angst, wenn ich von solchen Ideen höre. Deswegen bin ich auch gegen eine Wehrpflicht. Ich möchte nicht, dass das Thema Krieg hier in Deutschland noch relevanter wird. Ich glaube außerdem, dass wir im 21. Jahrhundert in der Lage sein sollten, Konflikte durch Gespräche und nicht durch Waffengewalt zu lösen."
8. David Scherbaum (21): "Es sollte jeder selbst entscheiden können"
"Ich persönlich finde, dass eine Pflicht zu streng ist und jeder selbst entscheiden können sollte, ob er ins Militär geht oder nicht. Statt einer Pflicht sollte der Job attraktiver gestaltet werden. Ich selbst könnte es mir nicht vorstellen, zur Bundeswehr zu gehen. Einen Zivildienst zu absolvieren, könnte ich mir da schon eher vorstellen."
9. Elfriede Walter (65): "Nicht verkehrt, um gegen den Fachkräftemangel anzukämpfen"
"Eine Wehrpflicht und ein damit einhergehender alternativer Zivildienst wäre schon nicht verkehrt, um gegen den Fachkräftemangel anzukämpfen. Als meine Eltern im Pflegeheim waren, habe ich selbst miterlebt, wie wichtig die Unterstützung durch die Zivildienstleistenden dabei war. Nach der Aufhebung der Wehrpflicht ist schon deutlich aufgefallen, dass dann an einigen Stellen Leute gefehlt haben. Ich bin überzeugt davon, dass die Frauen einen Dienst genauso gut leisten können wie die Männer, weshalb die Verpflichtung für beide Geschlechter gelten sollte."
10. Marco Scharf (32): "Jungen Menschen sollte eine gewisse Grundstruktur beigebracht werden"
"Ich finde, dass die Wehrpflicht wieder eingeführt werden sollte, weil ich denke, dass bei den jungen Leuten einiges an Disziplin fehlt. In der Bildungspolitik der letzten Jahre wurde es versäumt, diese den jungen Menschen beizubringen. Ich sehe es bei uns im Handwerk ganz stark, dass vielen unserer neuen Azubis eine gewisse Grundordnung und teils auch Respekt fehlt. Deswegen glaube ich, dass es generell nicht schaden würde. Die Möglichkeit, stattdessen einen Zivildienst oder Ähnliches zu leisten, sollte auf jeden Fall trotzdem bestehen. Ich fände es überhaupt nicht zeitgemäß, alle Menschen zu zwingen, eine Grundausbildung bei der Bundeswehr zu machen."
Sollte die Sicherheit von Deutschland wirklich an ein paar tausend Wehrpflichtigen hängen. Dann würde ich mir echt Sorgen für Deutschland machen.
Bei der Denke, die aus vielen dieser Kommentare spricht, wird man an Bert Brecht‘s Arturo Ui erinnert mit seiner Warnung: „Der Schoos ist fruchtbar noch, aus dem das kroch“.
Unserer Jugend und Jungen Damen und Herren würde es sicherlich sehr gut tun, wenn auch sie
wenigstens mal für 6-12 Monate ihren Dienst für das Vaterland solvieren würden, was ist, wenn heute Krieg ausbricht und Deutschland sich nicht verteidigen kann???
Aber seit dem hat sich in der Bundeswehr viel verändert.
Aktuell müssen z.B. viele Soldaten wegen posttraumatischen Belastungsstörungen nach Auslandseinsätzen behandelt werden.
gez. R. König
Nur: was ist die Alternative ? Abwarten, nichts tun und - große Überraschung: Da kommen irgendwann ggf. Soldaten zu uns, die Frauen foltern und vergewaltigen, töten, Kindern dto,. plus Verschleppungen und was da zu lesen war? Dann sind nur andere traumatisiert.
Es gibt keine „one-fits-all“-Lösung. Die beste für alle scheint noch gute Prävention, d.h. Wehrhaftigkeit zur Abschreckung zu sein. Naivität verschlimmbessert das Problem
ruhige Zeit und man mußte eigentlich nicht gleich mit einem
Ausbruch eines neuen Krieges rechnen. Jetzt ist es ja auch bei uns schon 5 vor 12, wenn nicht schon nach 12. Manche, die
meinen, die Bundeswehr bräuchte man nicht, leben halt leider immer noch zu blauäugig in die Zukunft.
Die Wehrpflicht wurde 2011 abgeschafft, von daher wäre es nur recht und billig, wenn heute noch 30-Jährige, und Ältere erfasst werden.
Im übrigen - ein so bevölkerungsreiches Land wie Deutschland hätte keine neue Wehrpflicht mehr nötig, wenn unsere Soldaten anständig bezahlt und ausgerüstet werden.
In der freien Wirtschaft verdient man nun mal viel mehr - ohne die Gefahr, dass auf einen geschossen wird ...
gez. R.König
ich halte das für frommes Wunschdenken auf der Zielgeraden, sich in der aktuellen Diskussion einen Platz weiter unter auf der Scala von Freiheit und Selbstbestimmung einzuhandeln oder alternativ gleich unter der Erde.
Wenn das mit dem Verhandeln usw. so einfach und wirksam wäre stellt sich die Frage, warum macht es anscheinend keiner bzw. gab es ja diverse Gespräche. Ergebnis bekannt! Vielleicht weil sich bei Putins Aktionen mehrfach gezeigt hat, was dabei herauskommt, trotz wissentlich dem eigenen Volk geschadet?
Man kann auch mit einem gesättigten faulen Bären unbehelligt reden, der einen zwei Tage später trotzdem umbringt.
EINEN Fehler machen ist verzeihlich, ihn ZWEIMAL zu machen ist - dumm!
Dies ist m.E. eher getrieben von Befürchtungen, berechtigten Ängsten usw. , nicht von sorgfältigen Überlegungen unter Einbeziehung von Risiken, analytischen und psychologischen Tatsachen, letztere oft unlogisch erscheinende Stolpersteine auf dem besseren Weg.
Wehrhaftigkeit verhindert Krieg.
Wer Krieg vermeiden will, muss sich rüsten und befreundete Nachbarn mit Bündnissen schützen.
Gefühlte oder reale Wehrlosigkeit ist eine Einladung zum Krieg.
Oder wie Sahras und Bernds krimineller, terroristischer Chef sagen würde - Eine Aufforderung zur Durchführung einer dreitägigen Spezialoperation .
Friedenspflicht ja, wehrpflicht nein. Warum? Mit Wehrpflicht lernt man das Töten.
Also ich hab niemanden während der Wehrpflicht getötet.
Aber vielleicht war das bei Ihnen ja anders.
Einzig die Heimfahrt der Wehrpflichtigen hatte wirklich hohe Unfallzahlen im Straßenverkehr zur Folge.
"Schieß mich tot?"