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Verteidigung
So will Pistorius die Lücken bei der Bundeswehr schließen
Eine Wiedereinführung der Wehrpflicht ist für die Ampel noch kein Thema. Sie hofft, für die 20.000 offenen Stellen und den Aufbau einer neuen Reserve genügend Freiwillige zu finden.
So will Pistorius die Lücken bei der Bundeswehr schließen
Foto: Kay Nietfeld, dpa
Rudi Wais
 |  aktualisiert: 16.06.2024 02:36 Uhr

13 Jahre nach dem Ende der Wehrpflicht will Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) wieder mehr junge Männer für die Bundeswehr gewinnen und die Truppenstärke von gegenwärtig rund 181.000 Soldatinnen und Soldaten auf etwas mehr als 200.000 steigern. Eine Rückkehr zur Wehrpflicht aber ist sein "Modell neuer Wehrdienst" noch nicht. 

Wie viel Pflicht und wie viel Freiwilligkeit steckt in dem Pistorius-Modell?

Ohne "Pflichtbestandteile" werde es nicht gehen, hat der Verteidigungsminister vor Kurzem im Bundestag gesagt. Diese Pflicht aber beschränkt sich in seinem Modell auf das Ausfüllen eines Fragebogens , den jeder potenziell Wehrpflichtige künftig erhalten soll, und auf die Pflicht, sich mustern zu lassen, wenn die Bundeswehr dies wünscht. Männer müssen den Fragebogen mit Fragen zur beruflichen Qualifikation, zu persönlichen Interessen und der grundsätzlichen Bereitschaft, Wehrdienst zu leisten, ausfüllen - Frauen können es, falls sie das wollen. Sollten sich auf diese Weise nicht genug Freiwillige finden, will Pistorius über eine "verpflichtende Option" nachdenken. Im Moment sei dies aber kein Thema. 

Mit welchen Anreizen umwirbt der Minister potenzielle Interessenten? Und wie lange soll ihr Dienst dauern?

Geplant sind unterschiedliche Dienstzeiten zwischen sechs und 23 Monaten - abhängig von Qualifikation und Motivation. Ein Teil der länger Dienenden, hofft Pistorius, ist anschließend auch bereit, sich als Zeit- oder Berufssoldaten zu verpflichten. Locken will sein Ministerium Interessenten unter anderem mit kostenlosen Führerscheinen, mit Sprachkursen, Zuschüssen zur Altersvorsorge oder Bonuspunkten beim Numerus Clausus für ein späteres Studium. 

Die Kreiswehrersatzämter sind längst abgeschafft. Kann die Bundeswehr überhaupt in großem Stil neue Soldaten mustern?

Jedes Jahr werden in Deutschland etwa 400.000 junge Männer volljährig. Von ihnen sollen zwischen 40.000 und 50.000 gemustert werden. Zusätzlich zu den 10.000 Soldatinnen und Soldaten, die schon jetzt freiwillig Wehrdienst leisten, sollen so weitere 5000 Rekruten ausgebildet werden, Tendenz: steigend. Mehr ließen die Kapazitäten noch nicht zu , sagt Pistorius. Die Zahl der Reservisten will er von gegenwärtig 60.000 auf 260.000 steigern - und zwar nicht nur mit Soldaten, die nach seinem neuen Wehrdienst zurück in ihre Berufe kehren, sondern auch durch die gezielte Ansprache früherer Wehrpflichtiger. 

Pistorius hat große Sympathien für das schwedische Modell. Wie ist die Wehrpflicht dort geregelt?

Schweden hat die Wehrpflicht 2017 wieder eingeführt. Von den 110.000 Schwedinnen und Schweden, die jedes Jahr den Fragebogen der Musterungsbehörde ausfüllen, werden 28.000 zur Musterung eingeladen. Von diesen wiederum erhält nur ein kleiner Teil von 8.000 Männern und Frauen eine militärische Ausbildung. Die Dienstzeit beträgt je nach Verwendung zwischen neun und 15 Monaten. Bis zum Ausbruch des Ukraine-Krieges fanden sich in Schweden immer genügend Freiwillige, so dass niemand gegen seinen Willen einberufen werden musste. Das ändert sich aber gerade. 

Kann die Wehrpflicht wieder eingeführt werden, wenn sich nicht genügend Freiwillige finden?

Ja. Formell ist die Wehrpflicht nicht abgeschafft, es wurde lediglich der Grundwehrdienst ausgesetzt. Im Wehrpflichtgesetz ist überdies festgelegt, dass die Wehrpflicht auflebt, wenn der Bundestag den Spannungs- und Verteidigungsfall feststellt. Für eine Wehrpflicht, die auch für Frauen gilt, müsste das Grundgesetz geändert werden. Dort heißt es bisher: "Männer können vom vollendeten 18. Lebensjahr an zum Dienst in den Streitkräften, im Bundesgrenzschutz oder in einem Zivilschutzverband verpflichtet werden."

 
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