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Würzburg/Frankfurt
Wie Renate Künast von Würzburg aus gegen ein falsches Zitat bei Facebook kämpft
Die Berliner Grünen-Politikerin klagt gegen den Internet-Riesen, weil er die Verbreitung eines erfundenen Zitats nicht konsequent verhindert. Warum sie deshalb nach Würzburg kommt.
Renate Künast klagt gegen Facebook, damit der Internet-Riese dieses gefälschte Zitat nicht nur als Fake kennzeichnet, sondern konsequent löscht und in allen Varianten von der Plattform entfernt.
Foto: Screenshot: Michael Czygan, Montage: Daniel Biscan | Renate Künast klagt gegen Facebook, damit der Internet-Riese dieses gefälschte Zitat nicht nur als Fake kennzeichnet, sondern konsequent löscht und in allen Varianten von der Plattform entfernt.
Michael Czygan
 |  aktualisiert: 08.02.2024 12:57 Uhr

Seit Jahren wird die Berliner Grünen-Bundestagsabgeordnete Renate Künast in den Sozialen Medien immer wieder aufs Übelste beleidigt. Hinzu kommt, dass Lügen über die frühere Ministerin verbreitet werden. In einer Art Musterprozess möchte Künast jetzt den Internet-Riesen Facebook zwingen, als rechtswidrig identifizierte Inhalte konsequent zu löschen. An diesem Donnerstag wird eine Unterlassungsklage der Politikerin vor dem Landgericht Frankfurt verhandelt. 

Um am Prozess teilzunehmen, kommt Künast eigens nach Mainfranken. Gemeinsam mit ihren Anwälten Chan-jo Jun, Matthias Pilz und Matthias Truschel wird die Politikerin live aus dem Würzburger Büro ihrer Rechtsvertreter der Verhandlung in Frankfurt zugeschaltet. In Pandemiezeiten werde verstärkt von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, die Prozessparteien online anzuhören,  erläutert Isabel Jahn, die Sprecherin des Landgerichts auf Nachfrage. Die Zivilprozessordnung erlaube dies ausdrücklich.

Gegenstand des Verfahrens ist ein Satz, der bei Facebook seit Jahren verbreitet  wird, den Künast eigenen Angaben zufolge aber nie gesagt hat: "Integration fängt damit an, dass Sie als Deutscher mal türkisch lernen", heißt es da. Ein gefälschtes Zitat, das die Grünen-Politikerin als "üble Nachrede"  empfindet.

Fake-Zitat ist weiterhin auf Facebook zu finden

Nachdem die Politikerin dem Konzern den Fake gemeldet hatte, versah Facebook einzelne "Kacheln" - das sind Fotos, die Künasts Konterfei in Verbindung mit dem erfundenen Zitat abbilden - mit einem Filter "Fehlinformation" und dem Hinweis "Das Zitat ist erfunden". Aber eben längst nicht alle verbreiteten Varianten davon. Auch an diesem Mittwoch waren die "Kacheln" weiterhin auch ohne Warnhinweis von jedermann leicht zu finden.

Wie oft das Falschzitat auf der Plattform verbreitet wurde, lasse sich nicht überprüfen, sagte Anwalt Pilz im April, nachdem er die Klage eingereicht hatte. Es könne aber auch nicht die Aufgabe eines Opfers von beleidigenden oder verunglimpfenden Inhalten sein, diese Posts zu suchen und zu finden. Seine Forderung ist eindeutig: Facebook müsse solche "rechtswidrigen Inhalte", spätestens nachdem sie einmal gemeldet wurden, selbst aufspüren und in Eigeninitiative konsequent löschen, ebenso "wort- und sinngleiche Beiträge".

Ob Facebook zumutbar ist, den dafür nötigen technischen und personellen Aufwand zu betreiben, das müssen jetzt die Richterinnen und Richter in Frankfurt entscheiden. Renate Künast betont gegenüber dieser Redaktion, sie erhoffe sich seitens des Gerichts die Feststellung, "dass die Plattformen die Pflicht haben, üble Nachrede umfassend selbst zu entfernen, sobald sie von der Falschheit - zum Beispiel eines angeblichen Zitats - wissen".

Anwalt Jun erwartet grundlegendes Urteil

Finanziert wird die Klage gegen Facebook von der Initiative "HateAid". Die Beratungsstelle unterstützt Opfer digitaler Gewalt. Aus deren Sicht klagt Renate Künast stellvertretend für viele Menschen, die üble Nachrede und Hass im Internet aushalten müssten, aber nicht die finanziellen Mittel und die Kraft hätten, gegen die großen Social-Media-Plattformen vor Gericht zu ziehen.

Anwalt Jun erwartet nun ein "grundlegendes Urteil in Sachen Hasskriminalität". Optimistisch stimme ihn, so sagt er, eine Entscheidung, die das Landgericht Frankfurt erst kürzlich in einem anderen Fall von Internet-Hetze traf: Weil er die Verbreitung sexistischer Beleidigungen gegen eine Journalistin trotz Meldung zu spät löschte, sollte der Kurznachrichtendienst Twitter 6000 Euro Schmerzensgeld an die Frau zahlen. 

 
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    Es wird wirklich allerhöchste Zeit, dass es hier endlich zu einem Grundsatzurteil kommt! Ich wünsche Anwalt Jun und seiner Mandantin viel Erfolg.
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  • H. S.
    Aus dem Internet etwas per Gerichtsurteil entfernen lassen zu wollen, was da mal veröffentlicht wurde, ist absolut naiv! Da haben weder der Kläger, noch die Richter, die Struktur des Internets auch nur ansatzweise verstanden.
    Aber man kann Premiumdienste, wie FaceBook, Twitter, u.a. sehr wohl dazu zwingen, solche unzulässige Aussagen in Zukunft zu blocken. Doch ganz ehrlich: Aus dem Internet sind die dann trotzdem niemals verschwunden...
    Aber die gute Nachricht ist die: Leute, die solche Fakes ins Netz stellen, denken, Facebook, Google und Twitter wären das Internet. Die sind viel zu einfach gestrickt um dieses Netzwerk wirklich begreifen zu können. Wenn die etwas in Ihren Lieblings-Apps nicht mehr finden können, existiert es für die auch nicht mehr.
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  • D. K.
    Es ist einfach nicht hinnehmbar dass FaceBook, Twitter u.Ä. eine Pressefunktion erfüllen aber bei Fakes nicht dem Presserecht unterliegen.

    Warum lässt man es überhaupt zu dass ausländische Konzerne sich in Deutschland dumm und dämlich verdienen aber sich weder weder an deutsches Recht halten noch angemessen Steuern zahlen?
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    Auf eigenen Wunsch entfernt.
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  • S. W.
    Ja was hat sie den nun genau gesagt? Irgendwie wird es schon in diese Richtung gegangen sein, wenn nicht würde es sicher in der Zeitung stehen
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  • M. D.
    Muss leider sagen: die Grünen werden mir immer unsympathischer.

    Und Facebook muss man mit ganz anderen Mitteln angehen.
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  • D. K.
    Wenn die Grünen ihnen unsympathisch sind bedeutet das doch dass die Grünen etwas richtig machen.
    Man sollte sich wohl eher vor Denen in Acht nehmen die Sie sympathisch finden.
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  • M. D.
    ….“stellvertretend für viele Menschen klagen“ ist natürlich die Königsdisziplin. Und dann auch noch „von Würzburg aus“….!

    Wow.
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  • D. K.
    Im Gegensatz zu anderen klagen die Grünen tatsächlich stellvertretend für viele Menschen.

    Es ist doch nur logisch einen Anwalt zu nehmen der Erfahrungen mit dieser Art von Klagen hat.

    Was verwundert Sie daran?
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