
Die Grünen-Bundestagsabgeordnete Renate Künast möchte in einer Art Musterprozess den Internet-Riesen Facebook zwingen, als rechtswidrig identifizierte Inhalte konsequent zu löschen. Vor dem Landgericht Frankfurt hat der Würzburger Anwalt Matthias Pilz von der Kanzlei Jun jetzt im Namen von Künast eine Unterlassungsklage gegen Facebook eingereicht.
Gegenstand des Verfahrens ist ein Satz, der vor allem von rechtsextremen Nutzern verbreitet wird, den Künast aber nach eigenen Angaben nie gesagt hat. "Integration fängt damit an, dass Sie als Deutscher mal Türkisch lernen", heißt es da.
Tatsächlich habe sie, so die Ex-Ministerin, vor Jahren in einer Fernsehsendung den damaligen SPD-Politiker Thilo Sarrazin aufgefordert, sich den türkischen Namen einer anderen Teilnehmerin der Talkrunde zu merken, den dieser wiederholt falsch ausgesprochen habe. Das gefälschte Zitat empfindet die Grüne als "üble Nachrede".
Nachdem Renate Künast dem Konzern den Fake gemeldet hatte, hat Facebook einzelne "Kacheln" - das sind Fotos, die sie in Verbindung mit dem Fake-Zitat abbilden - mit einem Filter "Fehlinformation" und dem Hinweis "Das Zitat ist frei erfunden" versehen. Aber eben längst nicht alle Varianten. Auch am Donnerstag waren die "Kacheln" auf Facebook weiterhin auch ohne Warnhinweis zu finden.
Anwalt Matthias Pilz: Technische Lösungen reichen nicht
Wie oft das Falschzitat auf der Plattform verbreitet wurde, lasse sich nicht überprüfen, sagt Anwalt Pilz. Es könne aber auch gar nicht die Aufgabe eines Opfers von beleidigenden oder verunglimpfenden Inhalten sein, diese Posts zu suchen und zu finden. Seine Forderung ist eindeutig: Facebook müsse solche "rechtswidrigen Inhalte", spätestens nachdem sie gemeldet sind, selbst aufspüren und in Eigeninitiative konsequent löschen, ebenso "wort- und sinngleiche Beiträge".
Allein auf technische Lösungen wie Filter zu setzen, dürfte dabei nicht reichen, sagt Pilz. Um politisch oder journalistisch aufzuklären, müsste es erlaubt sein, auch gefälschte Nachrichten, so sie entsprechend gekennzeichnet sind, zu zitieren.
Facebook kündigte an, Schritte einzuleiten, um Beiträge zu identifizieren
Als Künast am Dienstag in Berlin ihre Klage öffentlich machte, kündigte Facebook an, Schritte einzuleiten, um Beiträge mit dem falschen Zitat im Netzwerk zu identifizieren und zu entfernen. "Ein netter, aber durchsichtiger Versuch, mich ruhig zu stellen", sagt die Politikerin.
Die Tatsache, dass die Fakes weiterhin für jedermann ohne großen Aufwand zu finden sind, lasse ihn daran zweifeln, dass es Facebook mit dieser Ansage ernst meint, sagt Pilz. Der Anwalt, der selbst für die Grünen im Würzburger Stadtrat sitzt, hält an der Klage fest und hofft auf ein Grundsatzurteil, das Online-Netzwerke mit großer Reichweite zum gezielten Suchen und anschließenden Löschen solcher Beiträge verpflichtet.
"HateAid" hilft bei Verleumdung im Netz
Renate Künast ist ein prominentes Opfer von Hass und Hetze im Netz. Ihr fällt es leichter, es auch juristisch mit einem Konzern wie Facebook aufzunehmen, als einem Kommunalpolitiker oder ehrenamtlichen Flüchtlingshelfer, der von rechten Aktivisten ins Visier genommen wird. Diesen zu helfen, hat sich die gemeinnützige Gesellschaft "HateAid" auf die Fahnen geschrieben. Sie unterstützt Künasts Vorgehen.
Die Politikerin klage stellvertretend für viele Menschen, die üble Nachrede und Hass im Internet aushalten müssten, aber nicht die finanziellen Mittel und die Kraft hätten, gegen die großen Social-Media-Plattformen vor Gericht zu ziehen, sagt "HateAid"-Geschäftsführerin Anna-Lena von Hodenberg.
Derweil erinnert Anwalt Pilz an den Fall Anas Modamani. Der syrische Flüchtling war ebenfalls mit erfundenen Meldungen auf Facebook verleumdet worden. In einem schlagzeilenträchtigen Prozess scheiterte er im Frühjahr 2017 vor dem Würzburger Landgericht damit, Facebook zum Löschen der Fake-Posts zu zwingen, die ihn als Verbrecher brandmarkten.
In der Folge beschloss der Bundestag das Netzwerkdurchsetzungsgesetz, das Plattformen wie Facebook verpflichtet, gegen rechtswidrige Posts vorzugehen. Ob die dort getroffenen Regelungen ausreichen, um Verleumdungen, wie sie Künast widerfahren sind, zu verhindern, sollen nun die Frankfurter Richter entscheiden.
(mit Informationen von dpa)
Wenn man sich dann die Profile derjenigen ansieht die solch ein falsches Zitat liken, teilen oder es veröffentlichen kann einem Angst und Bang werden. Da ist meist der Bodensatz der Gesellschaft darunter - laut Userprofil sind das oftmals Verschwörungstheoretiker, AfD und leider auch CSU-Anhänger.
Ich bin wahrlich kein ausgewiesener Freund der Grünen; allerdings zeigen mir die häufig geposteten falschen Zitate, dass die Anhänger anderer Parteien offenbar die Hosen voll haben wegen des jüngsten grünen Umfragehochs.