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Würzburg
Wie in Würzburg bald ein Gedenkort an deportierte Juden erinnert
Seit 2015 wird geplant, in zwei Wochen nun wird der neue Denkort am Würzburger Hauptbahnhof eröffnet. Genau 77 Jahre nach dem letzten Deportationszug - und ein wenig anders.
Die Eröffnung des Denkortes am Würzburger Hauptbahnhof steht bevor. Koffer aus Stein oder Metall sollen die vielen zurück gelassenen Gepäckstücke der deportierten Juden in der Nazizeit symbolisieren. 
Foto: Thomas Obermeier | Die Eröffnung des Denkortes am Würzburger Hauptbahnhof steht bevor. Koffer aus Stein oder Metall sollen die vielen zurück gelassenen Gepäckstücke der deportierten Juden in der Nazizeit symbolisieren. 
Sophia Scheder
Sophia Scheder
 |  aktualisiert: 16.02.2024 01:26 Uhr

Es war der Beginn eines Weges ohne Wiederkehr, der Beginn einer Fahrt in den Tod. Am 17. Juni 1943 um 14.19 Uhr startete am Würzburger Hauptbahnhof der letzte große Deportationszug. Mit 57 Juden, die an diesem Tag nach Ausschwitz gebracht wurden, um dort im Konzentrationslager ermordet zu werden. Sieben weitere Menschen kamen in das KZ im tschechischen Theresienstadt. Auf den Tag genau 77 Jahre später, soll ihnen und den weiteren 2004 unterfränkischen Juden, die zwischen 1941 und 1943 deportiert wurden, nun die letzte Würde erwiesen werden.

Am Würzburger Hauptbahnhof, wo eine der acht Würzburger Deportationen ihren Ausgangsort hat, soll jetzt das geplante Denkmal "DenkOrt Deportation" an die dunkle Zeit und die vielen von den Nazis ausgelöschten Leben erinnern. Am 17. Juni wird es eröffnet.

Symbolische Gepäckstücke sollen an Deportationen erinnern

Für Benita Stolz ein Tag der Erleichterung. "Wir hatten viele Rückschläge, zum Beispiel auf der Suche nach einem geeigneten Platz", sagt die Vorsitzende des achtköpfigen Vereins DenkOrt Deportationen e.V., der das Gedenken anregte und seit 2015 für die Planung zuständig war. Ursprünglich sollte der Denkort, damals noch unter dem Namen "DenkOrt Aumühle" am ehemaligen Güterbahnhof Aumühle entstehen. Doch als die Planungen schon in vollem Gange waren, stellte sich heraus, dass die Umsetzung dort aus bautechnischen Gründen nicht möglich sein würde. Umso großartiger findet Stolz es, dass die Gedenkstätte nun eröffnen kann: "Ich denke, dass diese Form der Erinnerung durchaus deutschlandweit Aufsehen erregen könnte."

Auf viele Details wurde geachtet: Alles ist bereit für die Eröffnung des unterfrankenweiten 'DenkOrt Deportationen 1941 – 1944'.
Foto: Thomas Obermeier | Auf viele Details wurde geachtet: Alles ist bereit für die Eröffnung des unterfrankenweiten "DenkOrt Deportationen 1941 – 1944".

In der Grünanlage am östlichen Rand des Bahnhofsplatzes sieht man nun Stelen und Sitzgelegenheiten, die an einen Bahnsteig erinnern. Dort wurden aus der Stadt Würzburg und allen unterfränkischen Gemeinden, in denen während des Dritten Reiches Juden lebten, 47 symbolische Gepäckstücke sowie ein Koffer mit einem Gedicht des deutsch-israelischen Lyrikers Jehuda Amichai aufgestellt. Parallel soll in den jeweiligen Gemeinden ein identisches Gepäckstück einen repräsentativen Platz finden. 

Inspiriert zu der Gestaltung als eine Art Gepäckband wurde Architekt Matthias Braun durch ein historisches Foto vom Gepäck der Deportierten am Güterbahnhof Aumühle: "Meine Idee war es, diese Situation in einer abstrakten Form nachzustellen", sagte Braun bei einem Ortstermin im Oktober 2019. Für die weitere Zukunft sei das Ziel, insgesamt 109 Gepäckstücke am Denkort zu montieren, so Benita Stolz.

Wie man die Eröffnung live miterleben kann

Die Einweihung des Denkortes sollte dem Anlass angemessen mit einer größeren Veranstaltung begangen werden - eigentlich. Weil dies aufgrund der Corona-Pandemie auf absehbare Zeit nicht möglich ist, soll die Eröffnung in einer Art "Richtfest" im kleinen Kreis stattfinden. "Besonders traurig macht uns das, da all die Bürgermeister der beteiligten Gemeinden nicht dabei sein können", sagt Stolz. Doch für sie und alle weiteren Interessierten, hat sich der Verein etwas einfallen lassen: Ein Livestream um 14 Uhr auf der Homepage www.denkort-deportationen.de lässt alle, die persönlich nicht dabei sein können, zumindest digital die Eröffnung miterleben.

Ortstermin im Oktober 2019: Architekt Matthias Braun (von rechts), Kulturreferent Achim Könneke, Benita Stolz und Oberbürgermeister Christian Schuchardt mit einem Modell des Deportationsdenkmals am Bahnhofsvorplatz in Würzburg.
Foto: Daniel Peter | Ortstermin im Oktober 2019: Architekt Matthias Braun (von rechts), Kulturreferent Achim Könneke, Benita Stolz und Oberbürgermeister Christian Schuchardt mit einem Modell des Deportationsdenkmals am Bahnhofsvorplatz ...

Sprechen werden der Würzburger Oberbürgermeister Christian Schuchardt, der Beauftragte der Bayerischen Staatsregierung für jüdisches Leben und gegen Antisemitismus, für Erinnerungsarbeit und geschichtliches Erbe, Ludwig Spaenle, sowie der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster. Eine große Feier soll, wenn möglich, nachgeholt werden: "Wir sind voller Hoffnung, dass wir bei der folgenden Ergänzung des Denkortes um Gepäckstücke aus weiteren Kommunen dann alle Interessierten und Kommunen zu einer angemessenen öffentlichen Veranstaltung einladen können", sagt Stolz. 

Ein Modell des 'DenkOrt Deportation', das nun auf dem Bahnhofsvorplatz in Würzburg errichtet wurde. 
Foto: Matthias Braun, Architekt BDA | Ein Modell des "DenkOrt Deportation", das nun auf dem Bahnhofsvorplatz in Würzburg errichtet wurde. 

Der Verein DenkOrt Deportation

Projektträger für die Realisierung des DenkOrtes ist der gleichnamige Verein. Er hat sich um die erforderlichen Anträge und Genehmigungen sowie um die Überwachung des Kosten- und Finanzierungsplans gekümmert. Das Projekt finanziert sich durch Spenden.
Seit 2009 ist die Projektgruppe "Wir wollen uns erinnern" um die Würzburger Benita Stolz und Helmut Försch aktiv. Sie arbeitet daran, entlang der Deportationsstrecke zwischen dem Platz'schen Garten und dem kleinen Güterbahnhof an der Aumühle einen "Weg der Erinnerung" zu schaffen. In Etappen hat sie dieses Ziel umgesetzt und Veranstaltungen zum Gedenken organisiert. Für das unterfrankenweite DenkOrt-Projekt stellte sich die Projektgruppe noch einmal neu und breiter auf. So gründete die Projektgruppe am 31. Januar 2018 den Verein "DenkOrt Aumühle". Er erlangte am 5. März 2018 den Status der Gemeinnützigkeit. Seit 2019 trägt er den Namen "DenkOrt Deportationen e.V."
Nach der Eröffnung des Denkmals geht dieses ins Eigentum der Stadt Würzburg über, die sich bereit erklärt hat, die laufenden Reinigungs- und Unterhaltungskosten zu tragen.
Quelle: Verein DenkOrt Deportation 
 
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  • info@sjr-wuerzburg.de
    Danke für die gute Schilderung. Zwei Anmerkungen seien aber erlaubt: Es war nicht der Beginn eines Weges ohne Wiederkehr, sondern das letzte Würzburger bzw. unterfränkische Kapitel dieses Weges - die Deportationen in den Tod hatten bereits früher begonnen.
    Die menschenverachtenden Drangsalierungen gegen Juden begannen nicht erst mit der Ernennung Hitlers zum Reichskanzler am 30. Januar 1933 - sie wurden "lediglich" perfektioniert und industrialisiert in einer Massentötungsmaschinerie ...
    Henning Albrecht
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  • holle4es
    Man kann nur hoffen, dass die Würde dieses Denkmals aufrechterhalten wird, angesichts der "ausgewählten" Kundschaft, die den Bahnhofsvorplatz stets bevölkert.
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  • mausschanze
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  • uwe.luz@t-online.de
    Das ist eine tolle und sehr notwendige Initiative. Ich hoffe, man hat auch daran gedacht, eine Überwachungskamera zu installieren, damit man diejenigen, die den Gedenkort besudeln wollen, verfolgen kann.
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