Der Güterbahnhof in der Aumühle war für viele Juden aus Unterfranken zwischen 1941 und 1943 der Beginn eines Weges ohne Wiederkehr. Nachdem sie am Platz'schen Garten, wo sich damals ein Tanzlokal befand, zusammengetrieben worden waren, mussten sie mit ihrem Hab und Gut zum Güterbahnhof marschieren. Dort stellten sie ihre Koffer, Taschen und Rucksäcke ab, ehe sie die Züge bestiegen. Dann begann die Fahrt in die Todeslager, wo sie von den Nazis ermordet wurden. An diese Nazi-Opfer - insgesamt waren es 2068 Personen, die von Würzburg aus in verschiedene Konzentrationslager deportiert wurden -soll das geplante Denkmal "DenkOrt Aumühle" erinnern.
Pleichach durchkreuzte die ursprünglichen Pläne
Ursprünglich war vorgesehen, dass dieses Denkmal am Aufgang von der Schweinfurter Straße zum ehemaligen Ladehof Aumühle errichtet werden sollte. Dort ist noch ein Teil des gepflasterten Weges, der zum Bahndamm führte, erhalten. Die Initiative dafür ging schon 2015 von Stadträtin Benita Stolz aus. Zwischenzeitlich hat sich jedoch herausgestellt, dass dieser Standort nicht genutzt werden kann. Denn unter dem historischen Aufgang fließt die Pleichach in einem maroden Tunnel. Dieser soll saniert sowie die Pleichach an dieser Stelle offen gelegt werden. Obwohl die Vorbereitungen für das vom Würzburger Architekten Matthias Braun entworfene Denkmal bereits in vollem Gange waren, musste also ein neuer Ort dafür gesucht werden. Der scheint nun in der näheren Umgebung des Hauptbahnhofs gefunden zu sein. Es ist die leicht erhöht liegende Grünanlage, in der sich auch die Reste eines Denkmals von Prinzregent Luitpold befinden.
Schwierige Standort-Suche
Es war allerdings keine leichte Suche, wie Oberbürgermeister Christian Schuchardt im Gespräch mit der Redaktion erklärte. Er unterstützte die Pläne eines Denkmals für die Deportationsopfer von Anfang an ebenso wie Josef Schuster, der Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde Würzburg und Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland. Grundvoraussetzung war, dass ein neuer Standort einen Bezug zu den Würzburger Deportationen haben musste. Der Hauptbahnhof liegt zwar nicht direkt am Deportationsweg, allerdings begann eine der Deportationen am Hauptbahnhof.
Man habe verschiedene Orte begutachtet, sagt OB Schuchardt. Mal waren sie zu laut, mal zu abgelegen, schwer zugänglich oder schlichtweg ungeeignet. Im Februar soll Architekt Braun neue Entwürfe für das Denkmal vorlegen, dessen Grundidee auch am neuen Standort realisiert werden soll: Gepäckstücke auf dem Bahnsteig vor dem Abtransport wie sie auch ein Gestapo-Foto vom Bahnhof Aumühle zeigt. Noch seien Einzelheiten wie die Wegeführung am Bahnhof zu klären, so Schuchardt. Auch das Thema Vandalismus müsse berücksichtigt werden. Schuchardt hält vor allem die Zentralität des neuen Standortes für wichtig, um an das wohl "zentralste Verbrechen in der 1300-jährigen Stadtgeschichte" zu erinnern. Letztlich müsse der Stadtrat beschließen, aber der Oberbürgermeister plädiert dafür, die Pläne so zügig wie möglich umzusetzen. Die neuesten Erkenntnisse sollen den städtischen Gremien zeitnah vorgelegt werden.
Benita Stolz: Die Zeit drängt
Auch Benita Stolz meint, dass die Zeit drängt. Zu lange schon, habe sie den sich beteiligenden Gemeinden keine Neuigkeiten mehr mitteilen können. Am neuen Standort sind zahlreiche Eventualitäten zu beachten. Das Gartenamt muss gefragt werden, künftige Baumpflanzungen müssen berücksichtigt und das Denkmal an die neuen Platzverhältnisse angepasst werden. Und über allem steht die Frage, wie sich der Bahnhofsvorplatz in Zukunft noch verändern wird. Um einigermaßen flexibel zu sein, soll der "DenkOrt" sehr wahrscheinlich in Modulbauweise hergestellt werden, sagt Stolz.
Der bisherige Entwurf für den "DenkOrt Aumühle" soll auch an neuer Stelle in möglichst ähnlicher Form realisiert werden. Er sieht vor, dass zunächst alle 109 unterfränkischen Gemeinden, in denen es 1932/33 eine jüdische Gemeinde gab, zwei Gepäckstücke zur Verfügung stellen, die mit ihrem Namen gekennzeichnet sind. Ein Gepäckstück wird in der Gemeinde aufgestellt, das zweite wird Teil des Denkmals.
50 Gemeinden haben bislang zugesagt, sich an der Aktion zu beteiligen. Die Gepäckstücke können aus unterschiedlichen Materialien (Beton, Naturstein, Holz, Metall, Keramik oder Kunststoff) angefertigt werden. Die Gepäckstücke, die in einer langen Reihe hintereinander aufgestellt werden, stehen als zentrales Symbol für die Deportation. Der "DenkOrt" soll sich aber nicht nur auf diese Kommunen beschränken. Denn Erinnerung und Mahnung an die Verfolgungen während der NS-Zeit lassen sich nicht nur auf die Orte mit jüdischen Kultusgemeinden beschränken, heißt es auf der Website für den "DenkOrt Aumühle". Deshalb sind auch die 200 unterfränkischen Kommunen ohne jüdische Gemeinde aufgerufen, sich am Projekt "DenkOrt" zu beteiligen, indem sie beispielsweise einen Beitrag zur Finanzierung leisten.
Und die Wägen, welche nach Theresienstadt gingen, wurden hier am Hauptbahnhof an einen normalen Zug angehängt.