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Würzburg
Neuer Platz für den "DenkOrt Aumühle"
Über 2000 jüdische Menschen schickten die Nazis von Würzburg aus in den Tod. Noch bevor es errichtet wurde, muss das Denkmal, das an sie erinnern soll, umziehen.
Blick auf die Grünanlage östlich vom Bahnhofsvorplatz. Hier soll das Denkmal 'DenkOrt Aumühle' jetzt seinen Platz finden. Vom Hauptbahnhof ging eine der acht Judendeportationen aus.
Foto: Daniel Peter | Blick auf die Grünanlage östlich vom Bahnhofsvorplatz. Hier soll das Denkmal "DenkOrt Aumühle" jetzt seinen Platz finden. Vom Hauptbahnhof ging eine der acht Judendeportationen aus.
Bearbeitet von Karl-Georg Rötter
 |  aktualisiert: 07.04.2020 12:22 Uhr

Der Güterbahnhof in der Aumühle war für viele Juden aus Unterfranken zwischen 1941 und 1943 der Beginn eines Weges ohne Wiederkehr. Nachdem sie am Platz'schen Garten, wo sich damals ein Tanzlokal befand, zusammengetrieben worden waren, mussten sie mit ihrem Hab und Gut zum Güterbahnhof marschieren. Dort stellten sie ihre Koffer, Taschen und Rucksäcke ab, ehe sie die Züge bestiegen. Dann begann die Fahrt in die Todeslager, wo sie von den Nazis ermordet wurden.  An diese Nazi-Opfer - insgesamt waren es 2068 Personen, die von Würzburg aus in verschiedene Konzentrationslager deportiert wurden -soll das geplante Denkmal "DenkOrt Aumühle" erinnern.  

Pleichach durchkreuzte die ursprünglichen Pläne 

Ursprünglich war vorgesehen, dass dieses Denkmal am Aufgang von der Schweinfurter Straße zum ehemaligen Ladehof Aumühle errichtet werden sollte. Dort ist noch ein Teil des gepflasterten Weges, der zum Bahndamm führte, erhalten.  Die Initiative dafür ging schon 2015 von Stadträtin Benita Stolz aus. Zwischenzeitlich hat sich jedoch herausgestellt, dass dieser Standort nicht genutzt werden kann. Denn unter dem historischen Aufgang fließt die Pleichach in einem maroden Tunnel. Dieser soll saniert sowie die Pleichach an dieser Stelle offen gelegt werden. Obwohl die Vorbereitungen für das vom Würzburger Architekten Matthias Braun entworfene Denkmal bereits in vollem Gange waren, musste also ein neuer Ort dafür gesucht werden. Der scheint nun in der näheren Umgebung des Hauptbahnhofs gefunden zu sein.  Es ist die leicht erhöht liegende Grünanlage, in der sich auch die Reste eines Denkmals von Prinzregent Luitpold befinden.  

Schwierige Standort-Suche

Es war allerdings keine leichte Suche, wie Oberbürgermeister Christian Schuchardt im Gespräch mit der Redaktion erklärte. Er unterstützte die Pläne eines Denkmals für die Deportationsopfer von Anfang an ebenso wie Josef Schuster, der Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde Würzburg und Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland.  Grundvoraussetzung war, dass ein neuer Standort einen Bezug zu den Würzburger Deportationen haben musste. Der Hauptbahnhof liegt zwar nicht direkt am Deportationsweg, allerdings begann eine der Deportationen am Hauptbahnhof.

Man habe verschiedene Orte begutachtet, sagt OB Schuchardt. Mal waren sie zu laut, mal zu abgelegen, schwer zugänglich oder schlichtweg ungeeignet. Im Februar soll Architekt Braun neue Entwürfe für das Denkmal vorlegen, dessen Grundidee auch am neuen Standort realisiert werden soll: Gepäckstücke auf dem Bahnsteig vor dem Abtransport wie sie auch ein Gestapo-Foto vom Bahnhof Aumühle zeigt. Noch seien Einzelheiten wie die Wegeführung  am Bahnhof zu klären, so Schuchardt. Auch das Thema Vandalismus müsse berücksichtigt werden. Schuchardt hält vor allem die Zentralität des neuen Standortes für wichtig, um an das wohl "zentralste Verbrechen in der 1300-jährigen Stadtgeschichte" zu erinnern. Letztlich müsse der Stadtrat beschließen, aber der Oberbürgermeister plädiert dafür, die Pläne so zügig wie möglich umzusetzen. Die neuesten Erkenntnisse sollen den städtischen Gremien zeitnah vorgelegt werden.

Benita Stolz: Die Zeit drängt

Auch Benita Stolz meint, dass die Zeit drängt. Zu lange schon, habe sie den sich beteiligenden Gemeinden keine Neuigkeiten mehr mitteilen können. Am neuen Standort sind zahlreiche Eventualitäten zu beachten. Das Gartenamt muss gefragt werden, künftige Baumpflanzungen müssen berücksichtigt und das Denkmal an die neuen Platzverhältnisse angepasst werden. Und über allem steht die Frage, wie sich der Bahnhofsvorplatz in Zukunft noch verändern wird.  Um einigermaßen flexibel zu sein, soll der "DenkOrt" sehr wahrscheinlich in Modulbauweise hergestellt werden, sagt Stolz. 

In der Wohnanlage Platz'scher Garten erinnert ein Denkmal an die Würzburger Judendeportationen. An diesem Ort mussten sich die Juden versammeln, bevor sie unter Aufsicht zum Bahnhof Aumühle marschieren mussten.
Foto: Daniel Peter | In der Wohnanlage Platz'scher Garten erinnert ein Denkmal an die Würzburger Judendeportationen. An diesem Ort mussten sich die Juden versammeln, bevor sie unter Aufsicht zum Bahnhof Aumühle marschieren mussten.

 Der bisherige Entwurf für den "DenkOrt Aumühle" soll auch an neuer Stelle in möglichst ähnlicher Form realisiert werden. Er sieht vor, dass zunächst alle 109 unterfränkischen Gemeinden, in denen es 1932/33 eine jüdische Gemeinde gab, zwei Gepäckstücke zur Verfügung stellen, die mit ihrem Namen gekennzeichnet sind. Ein Gepäckstück wird in der Gemeinde aufgestellt, das zweite wird Teil des Denkmals.

50 Gemeinden haben bislang zugesagt, sich an der Aktion zu beteiligen. Die Gepäckstücke können aus unterschiedlichen Materialien (Beton, Naturstein, Holz,  Metall, Keramik oder Kunststoff)  angefertigt werden. Die Gepäckstücke, die in einer langen Reihe hintereinander aufgestellt werden, stehen als zentrales Symbol für die Deportation. Der "DenkOrt" soll sich aber nicht nur auf diese Kommunen beschränken. Denn Erinnerung und Mahnung an die Verfolgungen während der NS-Zeit lassen sich nicht nur auf die Orte mit jüdischen Kultusgemeinden beschränken, heißt es auf der Website für den "DenkOrt Aumühle". Deshalb sind auch die 200 unterfränkischen Kommunen ohne jüdische Gemeinde aufgerufen, sich am Projekt "DenkOrt" zu beteiligen, indem sie beispielsweise einen Beitrag zur Finanzierung leisten.  

Die Würzburger Juden-Deportationen
In Würzburg und Kitzingen gab es zwischen 1941 und 1944 insgesamt acht Deportationen von jüdischen Bürgern.
Die erste Deportation fand am 27. November 1941 statt und begann am Bahnhof Aumühle. Sie führte ins Rigaer Außenlager Jungfernhof. 202 Würzburger Kinder, Frauen und Männer fielen ihr zum Opfer.
Die zweite Deportation ging am 24. März 1942 von Kitzingen aus. 208 Menschen, davon 18 aus Würzburg, wurden überwiegend im Lager Sobibor ermordet.
Die dritte Deportation begann am 25. April 1942 am Platz'schen Garten in Würzburg. Diesmal mussten 852 Personen zum Güterbahnhof Aumühle laufen. Niemand von ihnen überlebte.
Die vierte Depotation führten die Nationalsozialisten am 10. September 1942 durch. 177 Personen, davon 79 aus Würzburg, wurden ins Lager Theresienstadt gebracht.
Die fünfte Deportation am 23. September 1942 war die zweitgrößte. 563 Personen, der überwiegende Teil von ihnen lebte zuletzt in Würzburg, fuhren von der Aumühle aus nach Theresienstadt und Auschwitz.
Zwei Deportationen gab es am 17. Juni 1943. 64 jüdische Personen aus Würzburg, die sich um das Funktionieren der jüdischen Gemeinde kümmerten, wurden nach Auschwitz und Theresienstadt gebracht. Ein einziges der Theresienstadt-Opfer überlebte.
Die achte Deportation am 17. Januar 1943 führte zwei Würzburger, die eine Mischehe mit nichtjüdischen Frauen führten,  in den Tod. Sie wurden zuerst nach Theresienstadt und von dort nach Auschwitz verschleppt.
Judendeportation in Würzburg: Am Sammelpunkt Platz'scher Garten mussten sich die Juden einfinden und wurden registriert...
Foto: Staatsarchiv Würzburg | Judendeportation in Würzburg: Am Sammelpunkt Platz'scher Garten mussten sich die Juden einfinden und wurden registriert...
... und unter Aufsicht und zu Fuß führte der Weg des Zuges an der Sektkellerei Oppmann vorbei...
Foto: Staatsarchiv Würzburg | ... und unter Aufsicht und zu Fuß führte der Weg des Zuges an der Sektkellerei Oppmann vorbei...
...und schließlich durch die Schweinfurter Straße.
Foto: Staatsarchiv Würzburg | ...und schließlich durch die Schweinfurter Straße.
Am Bahnhof Aumühle wurden die Gepäckstücke dann aufgereiht und die Menschen warteten auf die Züge, nicht ahnend, dass die Endstation Vernichtungslager hieß.
Foto: Staatsarchiv Würzburg Gestapo | Am Bahnhof Aumühle wurden die Gepäckstücke dann aufgereiht und die Menschen warteten auf die Züge, nicht ahnend, dass die Endstation Vernichtungslager hieß.
 
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Kommentare
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  • H. M.
    Ich denke sogar, dass der Platz am Hauptbahnhof wesentlich besser ist als in der Aumühle. Es ist viel zentraler. Wer geht schon in die Aumühle! Auch, wenn der direkte Bezug zur Einpferchung in Viehwaggons fehlt, kommen am Bahnhof viel mehr Menschen vorbei! Was ich mir neben dem Denkmal (oder drum rum) noch wünschen würde, ist die Aufstellung von Schautafeln mit Bildern und Erklärungen! Somit hätte man auch eine gute Anlaufstelle für Schulklassen. Sofern das Thema überhaupt noch im Geschichtsunterricht behandelt wird; was sehr, sehr wichtig ist. Viele junge Leute sind der Meinung, dass mit dem Thema endlich mal Schluss sein müsste. Obwohl ich zu Begriffen wie "Stolz" und "Ehre" ein eher gespaltenes Verhältnis habe, bin ich trotzdem der Meinung, dass es für uns Deutsche (egal wie alt) eine Ehre sein sollte, den größten Massenmord in der Menschheitsgeschichte nicht zu vergessen!!!
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  • E. B.
    Das passt schon mit dem Hauptbahnhof, hier mussten alle Züge, die von der Aumühle abgingen, vorbeikommen.
    Und die Wägen, welche nach Theresienstadt gingen, wurden hier am Hauptbahnhof an einen normalen Zug angehängt.
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