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Würzburg
Koffer sollen in Würzburg an deportierte Juden erinnern
Im Frühjahr soll am Bahnhof ein DenkOrt für jüdische NS-Opfer entstehen. Der Entwurf knüpft auch Verbindungen zu den Heimatorten der unterfränkischen Opfer. 
Der DenkOrt Deportationen 1941 bis 1944 im Modell: Der Entwurf stammt von dem Würzburger Architekten und Künstler Matthias Braun.
Foto: Matthias Braun | Der DenkOrt Deportationen 1941 bis 1944 im Modell: Der Entwurf stammt von dem Würzburger Architekten und Künstler Matthias Braun.
Karl-Georg Rötter
Karl-Georg Rötter
 |  aktualisiert: 07.04.2020 13:02 Uhr

Am Hauptbahnhof ist für das Frühjahr 2020 die Realisierung des Denkmals „DenkOrt Deportationen 1941 – 1944. Wir erinnern an die jüdischen NS-Opfer Unterfrankens“ vorgesehen. Der Entwurf für das Denkmal von Matthias Braun sieht vor, dass in der Grünanlage am östlichen Rand des Bahnhofsplatzes eine große Rampe errichtet wird, die, flankiert von Stelen und Sitzgelegenheiten, an einen Bahnsteig erinnert.

Dort sollen aus der Stadt Würzburg und allen unterfränkischen Gemeinden, in denen während des Dritten Reiches Juden wohnten, symbolische Gepäckstücke aufgestellt werden, die an die von Würzburg ausgehenden Judendeportationen erinnern sollen. Die Koffer und Taschen werden aus unterschiedlichen Materialien wie Stein oder Metall gefertigt. Gleichzeitig soll in den jeweiligen Städten und Gemeinden ein identisches Gepäckstück einen repräsentativen Platz finden. Wo dieser Platz in Würzburg sein könnte, darüber berichtete Kathrin Jacobs, Leiterin des Fachbereichs Kultur bei der Stadt Würzburg, im Kulturbeirat.

Gepäckstück für den „DenkOrt Deportationen“

Zuvor, so Jacobs, hatte bereits der „Runde Tisch Erinnerungskultur“ über das Thema beraten und nach Standorten in Würzburg und Heidingsfeld gesucht. Für Würzburg standen der Kardinal-Faulhaber-Platz und die Ecke Spiegelstraße/Faulhaber-Platz zur Debatte. Für den Faulhaber-Platz habe gesprochen, dass er in absehbarer Zeit neu gestaltet werden solle und er ein authentischer Ort sei, weil von dort aus Deportationen begonnen hätten. Gegen den Faulhaber-Platz spreche jedoch, dass sein Namensgeber im Dritten Reich eine umstrittene Rolle gespielt habe. Faulhaber wird vorgeworfen, sich während der Nazi-Herrschaft nicht eindeutig von den Nationalsozialisten distanziert zu haben.

Der zweite Standort sei deshalb geeignet, weil an der Mauer bereits eine Gedenktafel für die deportierten Juden angebracht sei. Außerdem sei an dieser Stelle die Schrannenhalle gestanden, an der sich die Juden vor ihrem Abtransport versammeln mussten. Negativ wurde beim „Runden Tisch“ angemerkt, dass dort nicht ausreichend Platz für größere Gedenkveranstaltungen zur Verfügung stehe. Der „Runde Tisch“, so berichtete Jacobs, habe sich jedoch „fast einstimmig“ für die Spiegelstraße ausgesprochen. Diesem Votum schlossen sich die Mitglieder des Kulturbeirats an.

Heidingsfelder Gepäckstück soll zur ehemaligen Synagoge

Für Heidingsfeld standen drei Orte zur Auswahl: Der Sühnebildstock an der Wenzelstraße, der Rathausplatz und die ehemalige Synagoge. Hier wurde am „Runden Tisch“ die ehemalige Synagoge favorisiert. Zum einen, weil es dort bereits seit 2018 eine Gedenktafel gibt, zum anderen sei der neu gestaltete Platz ein ruhiger Ort zum Gedenken an die Deportierten. Dagegen hatte der Kulturbeirat nichts einzuwenden. Allerdings schlug Stadtrat Willi Dürrnagel (Würzburger Liste) als Alterative den Kirchplatz vor, wo bereits ein Stolperstein für Herta Mannheimer verlegt worden sei, die 1943 in Auschwitz ermordet wurde.

Gedenken an die Hexenverfolgung

Schon länger im Gespräch, aber noch nicht abschließend behandelt, ist das Gedenken an die Hexenverfolgung in Würzburg. Das Thema sei zwar seit Ende der 1990er-Jahre im Gespräch, ein dafür eingerichteter Arbeitskreis aber ohne Ergebnis geblieben, berichte Kathrin Jacobs. Erst jüngst haben Schüler des Röntgen-Gymnasiums sich in einem P-Seminar Gedanken über ein Mahnmal zur Hexenverfolgung gemacht und Modelle dafür entworfen, so Jacobs.

Denkbare, weil für Hexenverfolgungen oder –verbrennungen belegbare Standorte, seien Schottenanger, Domstraße/Kürschnerhof (Hexengefängnis), Sanderrasen und der „Hexenturm“ an der Ottostraße. Als Favorit kristallisierte sich beim „Runden Tisch“ der „Hexenturm“ heraus, der Universität und Freistaat gehört. Auch über die Art des Erinnerns wurde beim „Runden Tisch“ gesprochen und dabei der Wunsch geäußert, ein Kunstwerk mit einer Infotafel aufzustellen. Ziel es jetzt laut Jacobs, im Jahr 2020 einen Wettbewerb für ein solches Denkmal durchzuführen.

Am Montag, 21. Oktober, berät der Schul- und Kulturausschuss über diese Themen. Sitzungsbeginn ist um 16 Uhr im Wappensaal des Rathauses. 

 
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  • h. r.
    wer hat denn heutzutage noch einen bezug zu damals? keiner. irgendwann muss man mit der vergangenheit abschliessen. dieses ganze gerede von erbschuld etc. - kein anderes volk der welt macht das so wie die deutschen - amerikaner und indianer, japaner und chinesen, .russen und polen, ... keiner zelebriert die verbrechen der ahnen so wie die deutschen. Erinnern ist gut um es nicht wieder geschehen zu lassen. Aber diese selbstkasteiung ... Jaja, jetzt kommt bestimmt wieder rechtsradikal und so.
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  • A. S.
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