
Von großer medialer Aufmerksamkeit begleitet läuft der Prozess um mutmaßliche Misshandlung von Kindern in der Kita Greußenheim (Lkr. Würzburg). Einer 30-jährigen Erzieherin wirft die Staatsanwaltschaft Würzburg vorsätzliche Körperverletzung in acht Fällen vor. Sie habe Kinder "gequält oder roh misshandelt".
Ihre ehemalige Vorgesetzte soll Vorfälle mitbekommen, aber nicht verhindert haben. Die 37-jährige Beschuldigte ist geständig - und sie ist Hauptbelastungszeugin. Doch am zweiten Verhandlungstag vor dem Landgericht Würzburg wurden ihre Angaben teils ungenau.
Kinder vorsätzlich gequält? Deutungen gehen stark auseinander
Zunächst bekräftigte die frühere Vorgesetzte ihre bisherigen Angaben: Ihre Kita-Kollegin habe ein Kind bis zum Erbrechen gefüttert, ein Kind habe sie als Strafe in einen dunklen Raum gesperrt, ein anderes so aus dem Bett gerissen, dass es mit dem Kopf auf den Boden "geknallt" sei. Kinder hätten "vor Schmerzen geweint".
Laut Anklage geschahen diese Vorfälle Ende des Jahres 2021. Doch darauf konnte sich die 37-Jährige in der Befragung vor Gericht nicht festlegen – ihr zufolge waren einige Vorfälle Anfang 2022 passiert.
Dass es Vorfälle gab, bestreiten die 30-jährige Hauptangeklagte und ihr Verteidiger Hanjo Schrepfer nicht. Den Vorwurf, die Körperverletzungen seien vorsätzlich gewesen, wiesen sie jedoch zurück. Die Erzieherin sei aus Überforderung womöglich grob gewesen, habe Kinder jedoch nicht gequält.
Den drastischsten Vorwurf – die Kopfverletzung eines Kindes – sieht der Verteidiger "eher als Unfallgeschehen und nicht als einen Fall der schweren Misshandlung".
Dass sie Kinder unsanft auf den Boden setzte, sei "möglicherweise im Bereich einer Körperverletzung anzusiedeln", sagt Schrepfer. Und dass ein Kind nicht aus dem Schlafraum gelassen worden sei - da "sprechen wir jedoch allenfalls von einer einfachen Nötigung". Ein Kind habe sich wegen des Essens erbrochen – nicht, weil ihm ein Löffel in den Rachen gestopft worden sei.
"Falsche Anklage" oder Bestätigung objektiver Tatbestände vor Gericht?
Die Befragung der Mitangeklagten habe ergeben, dass drei dieser Fälle "definitiv Anfang 2022 gewesen seien sollen", sagt der Anwalt. Die Anklage nenne dafür allerdings das Jahr 2021. Das Verfahren stehe also vor einem Problem, meint Schrepfer gegenüber der Redaktion: "Wir haben eine falsche Anklage der Staatsanwaltschaft."
Von Seiten der Staatsanwaltschaft heißt es zum Stand des Verfahrens: Die wegen Unterlassung angeklagte frühere Vorgesetzte sei "weiterhin umfassend geständig". Und die Hauptbeschuldigte habe "eine Verteidiger-Erklärung abgeben lassen und dabei weite Teile der Anklage ebenfalls eingeräumt".
Zwar habe die 30-Jährige die Vorfälle als weniger schwerwiegend geschildert. Aber: "Die Staatsanwaltschaft fühlt sich bei den objektiven Tatbeständen bestätigt. Auch dass ein Verletzungsvorsatz bestand, sieht die Staatsanwaltschaft als bestätigt an."
Wann das Verfahren am Landgericht Würzburg weitergeht
Ähnlich lautet die Einschätzung von Norman Jacob, Verteidiger der 37-Jährigen. Zwar habe es bei den Darstellungen Abweichungen gegeben. Aber: "Ich glaube, dass es jetzt noch mehr darum geht: Wie war die psychische Situation der Angeklagten zum damaligen Zeitpunkt."
Den für diesen Freitag geplanten Anhörungstermin hatte das Landgericht Würzburg nach der letzten Sitzung bereits abgesagt. Der Verhandlungstag sei "vorsorglich anberaumt" gewesen. "Da die Kammer die Beweisaufnahme bislang wie geplant durchführen konnte, war der Termin nicht erforderlich."
Am Donnerstag, 2. Mai, soll das Verfahren weitergehen – mit Aussagen mutmaßlich betroffener Familien.