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Veitshöchheim
Welche Pflanzen trotzen dem Klimawandel in Unterfranken? 8 Tipps für den Garten der Zukunft
Immer trockener, immer heißer: Wie gestaltet man seinen Garten so, dass er mit den neuen Bedingungen klar kommt? Was Gartenbau-Experten sagen und raten.
Mehr Abkühlung und weniger Wasserverbrauch: Wie sollten Gärten in Zeiten des Klimawandels gestaltet werden? 
Foto: Fabian Gebert | Mehr Abkühlung und weniger Wasserverbrauch: Wie sollten Gärten in Zeiten des Klimawandels gestaltet werden? 
Claudia Kneifel
 |  aktualisiert: 10.05.2023 09:50 Uhr

Milde Winter und heiße Sommer mit deutlich mehr Hitzetagen mit Temperaturen über 30 Grad lassen erahnen, wie das Klima in Unterfranken in Zukunft ausfallen könnte. Wohl dem, der zuhause ein Plätzchen im Grünen, einen kühlenden Garten hat. Doch wie muss ein Garten gestaltet werden, damit er dem Klimawandel und den steigenden Temperaturen stand hält? Auf welche Pflanzen und Bäume sollte man setzen? Wie kann man einen Garten so gestalten, dass er in Hitzephasen für Abkühlung sorgt und wenig Wasser braucht? Wie setzt man Regenwasser ein?

De Bayerische Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau (LWG) in Veitshöchheim (Lkr. Würzburg) und Claudia Taeger, Gartenexpertin beim Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Würzburg, haben Antworten und geben Tipps.

1. Heimische und trockenheitsverträgliche Pflanzen bevorzugen

Hitzetolerant und klimafreundlich: Lavendel gilt als Klimapflanze, die selbst einen heißen Sommer in der Sonne und zeitweise Trockenheit unbeschadet übersteht.
Foto: Silas Stein, dpa | Hitzetolerant und klimafreundlich: Lavendel gilt als Klimapflanze, die selbst einen heißen Sommer in der Sonne und zeitweise Trockenheit unbeschadet übersteht.

Eines ist klar, trockenheitsverträglichen Pflanzen gehört die Zukunft. Fabian Kazulke, Garten- und Landschaftsbautechnikstudent an der Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau (LWG) rät, heimische Pflanzen am besten beim Gärtner um die Ecke zu kaufen. "Es gibt mittlerweile viele Pflanzen, die längere Trockenperioden besser wegstecken", sagt Kazulke, der gemeinsam mit seinen Kommilitonen eine Ausstellung zum Garten der Zukunft gestaltet hat. "Wir wollen jungen Familien aufzeigen, wie man in die Gestaltung eines Hausgartens Nachhaltigkeit und Regionalität einbeziehen kann."

Welche Pflanzen vertragen Trockenheit? "Bei den Stauden sind das zum Beispiel Schafgarbe, Lavendel, Thymian, Karthäusernelke oder Fetthenne", zählt Kazulke auf. Bei den Gräsern empfiehlt er etwa Blaustrahlhafer oder Blauschwingel, die besonders robust sind. Geeignete Sträuchern sind Kornelkirsche, Zwergflieder, Schlehe oder Sanddorn. Doch egal wie robust und hitzetauglich die Pflanzen sind, Gartenexpertin Claudia Taeger sagt: "In den ersten zwei Jahren muss das Anwachsen garantiert werden, und das gelingt nur durch regelmäßiges Gießen."

2. Hauswurzpflanzen einsetzen

Die Hauswurz wächst dort, wo es kaum eine andere Pflanze aushält. Sie erträgt Hitze, Trockenheit und Kälte problemlos und behält auch im Winter ihre Blätter.
Foto: Candy Welz, dpa | Die Hauswurz wächst dort, wo es kaum eine andere Pflanze aushält. Sie erträgt Hitze, Trockenheit und Kälte problemlos und behält auch im Winter ihre Blätter.

Die Hauswurz ist ein echter Alleskönner: Die genügsame Pflanze eignet sich als Bepflanzung an schwierigeren Standorten und als Dekoration. "Hauswurz ist ausgesprochen genügsam und hält es selbst dort aus, wo nicht einmal mehr Unkraut wächst", sagt Garten- und Landschaftsbautechnikstudent Lukas Ohnemus. Hauswurz eigne sich als Bepflanzung für Steingärten, als Dachbegrünung und auf Trockenmauern. Es gibt zahlreiche Arten und mehrere Tausend Sorten des Dickblattgewächses, die sich in Größe, Farbe und Wuchsform unterscheiden. "Die Hauswurz sieht auch hübsch aus, wenn man sie beispielsweise in Schalen oder andere Gefäße pflanzt", sagt Ohnemus.

3. Den Garten möglichst naturbelassen lassen

Naturbelassene Gärten werden auch von Insekten geliebt.
Foto: Anneliese Max | Naturbelassene Gärten werden auch von Insekten geliebt.

"Es ist sinnvoll, mehr Natur zuzulassen", sagt Lukas Ohnemus. Das bedeute nicht, den Garten verwildern zu lassen, sondern sinnvoll und abwechslungsreich zu bepflanzen: Ein Kräuterrasen kann die "Initialzündung" für einen lebendigen Garten geben, statt einer Hecke bieten sich blühende Ziersträucher an wie etwa die Felsenbirne. Sinnvoll ist, im Herbst und Winter den Garten mal der Natur zu überlassen und erst im Frühjahr vor dem nächsten Austrieb die braunen, abgestorbenen Stauden zurückzuschneiden. Oder einen Baumstumpf nicht vollständig zu entfernen und Gehölze nur außerhalb der Brutzeit zurückzuschneiden. "Einfach mal wachsen lassen und weniger mähen", rät der Garten- und Landschaftsbautechnikstudent. "Nur so werden Wildbienen und andere Insekten angelockt."

Ein naturnaher Garten heiße zu akzeptieren, dass sich bestimmte Pflanzen wie Heidelbeere oder Hortensie ohne Wasser und Torf nicht dort etablieren, sagt Claudia Taeger. Es gebe aber immer  Alternativen. "Vor allem Baumschulen, Staudengärtnereien und Zierpflanzengärtnereien vor Ort bieten Arten an, die wenig bekannt sind, aber bestens geeignet für einen Klimawandel-Hotspot." Bestes Beispiel dafür seien neue Ulmenarten statt der Buche oder Klettertrompete statt Clematis.

4. Insekten genügend Nahrung bieten

Ein Tagpfauenauge hat es sich auf Rosenblüten gemütlich gemacht. 
Foto: M. Drossel | Ein Tagpfauenauge hat es sich auf Rosenblüten gemütlich gemacht. 

Schmetterlinge, Bienen, Hummeln und andere Insekten haben immer häufiger Probleme, ausreichend Nahrung zu finden. Tatsächlich sind viele Arten vom Aussterben bedroht, seit einigen Jahren ist vom großen Insektensterben die Rede. Schuld sei der Einsatz von Pestiziden, fehlende natürliche Grünflächen und auch gentechnisch veränderte Pflanzen. "Insektenhotels und Nistplätze für Vögel können wieder mehr Lebensraum für alle schaffen", sagt Fabian Kazulke von der LWG.

Attraktiv für Insekten sind heimische Wildblumen sowie Kräuter wie Lavendel, Oregano oder Thymian, die ausreichend Nektar und Pollen bieten. Statt hochgezüchteter Edelrosen empfiehlt Kazulke Wildrosen. Es gebe auch spezielle Saatgutmischungen, die für Bienen oder Schmetterlinge interessant sind. So sei "Bidens ferulifolia", auch Goldmarie genannt, eine prächtige Hängepflanze und ein wertvoller Bienenmagnet für den Balkon. 

5. Auf Wandbegrünung durch "Living Walls" setzen

Living Walls auf dem Gelände der Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau in Veitshöchheim.
Foto: LWG | Living Walls auf dem Gelände der Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau in Veitshöchheim.

Pflanzen produzieren Sauerstoff, filtern Abgase und binden Feinstaubpartikel. Sie befeuchten und kühlen die Luft. Es gebe zwei Prinzipien der Wandbegrünung, sagt Katja Arand vom Arbeitsbereich Urbanes Grün am Institut für Stadtgrün und Landschaftsbau bei der LWG.: "Bei der bodengebundenen Wandbegrünung wird das Bauwerk durch oberirdische Teile von Kletterpflanzen bedeckt. Die Wurzeln haben direkten Bodenanschluss über eine Pflanzgrube vor der Wand." Bei der wandgebundenen Vertikalbegrünung werden die Pflanzen in mit Substrat oder Trägermaterialien gefüllte Pflanzmodule gepflanzt, die an der Fassade angebracht sind. Sie werden auch "Living Walls" genannt, sagt Arand. Vertikalbegrünung sei prinzipiell an jeder Wand - von der Mülltonneneinhausung über Gartenlaube und Einfamilienhaus bis hin zum Hochhaus - möglich. Geeignet sind Kletterpflanzen aller Art, wie Efeu oder wilder Wein. Arand empfiehlt auch Gerüstkletterer: Blauregen, Hopfen, Baumwürger, Kapuzinerkresse, Prunkwinde oder Feuerbohne.

6. Dachbegrünung wird immer wichtiger

Kommt oben drauf: Dachbegrünung ist sinnvoll als natürliche Klimaanlage.
Foto: Claudia Kneifel | Kommt oben drauf: Dachbegrünung ist sinnvoll als natürliche Klimaanlage.

Auch die Dachbegrünung werde im Garten der Zukunft immer wichtiger. "Jede Pflanze verbessert das Kleinklima", sagen Andreas Schabik und Sonja Schmitt von der LWG. Laut Bundesverband GebäudeGrün e.V. (BuGG) gibt es in Deutschland bislang rund 120 Millionen Quadratmeter begrünte Dachflächen. Bepflanzte Dächer sind natürliche Klimaanlagen: "Im Winter dienen sie als Wärmedämmung und im Sommer schirmen sie die Hitze ab", sagt Schabik. Gründächer könnten bei Starkregen die Kanalisation entlasten und das Risiko für Überschwemmungen senken, indem Regenwasser auf dem bepflanzten Dach gespeichert wird und mit zeitlicher Verzögerung abfließt.

Bei der Dachbepflanzung komme es vor allem auf die Traglast des Daches an, die auf keinen Fall überschritten werden darf, da ansonsten die Statik des Gebäudes leidet. "Dafür sollte unbedingt ein Fachmann hinzugezogen werden", so die Studenten. In Deutschland bieten viele Gemeinden Förderprogramme für Dachbegrünung an. Zudem können Kosten für ein Gründach unter Sanierungsmaßnahmen von der Steuer abgesetzt werden. Aber auch der Bund bietet Förderprogramme für den Erhalt und die Neuanlage von Dachbegrünungen an.

7. Aufs Mulchen setzen

Eine Decke aus Mulch schützt den Boden, verhindert Unkrautwuchs und liefert Futter für nützliche Lebewesen in der Erde.
Foto: Julia Heinzel | Eine Decke aus Mulch schützt den Boden, verhindert Unkrautwuchs und liefert Futter für nützliche Lebewesen in der Erde.

Als Mulchen bezeichnet man das Bedecken des Bodens mit unverrottetem organischen oder mineralischen Materialien. "Mulchdecken halten die Feuchtigkeit besser in der Erde", sagt Marianne Scheu-Helgert, Gartenbauingenieurin und Leiterin der Gartenakademie an der LWG. Zum Mulchen eigne sich eine dünne Stroh- oder Rasenschnittschicht: "Grünschnitt gehört also nicht in die Biotonne, sondern auf das Beet", sagt Scheu-Helgert. Hat man eigenen Rasen, so hat man ein ideales und kostenloses Mulchmittel. Fein verteilt auf den frisch aufgehackten Beetflächen sorge der Grünschnitt dafür, dass das Gießwasser nicht gleich wieder aus dem Erdreich verdunstet und er wirke gleichzeitig als Dünger.

Wichtig sei auch, den Mulch nicht zu dick aufzutragen, denn das kann zu Fäulnis führen. "Bei frischem Rasenschnitt sind etwa fünf Zentimeter gut, bei feinem Rindenmulch reichen auch drei Zentimeter, Heu und Stroh dürfen bis zu 10 Zentimeter hoch zwischen Erdbeeren, Salaten und Sträuchern verteilt werden", sagt Claudia Taeger. Wer mulcht, tue auch langfristig etwas für einen gesunden Boden.

8. Regenwasser sammeln

Zum Gießen: Dafür lässt sich das Wasser nutzen, das sich in der Regentonne sammelt. 
Foto: Getty Images | Zum Gießen: Dafür lässt sich das Wasser nutzen, das sich in der Regentonne sammelt. 

Wasser wird zunehmend ein knappes Gut – auch und gerade in Unterfranken. Damit nicht so viel wertvolles Trinkwasser zum Gießen verbraucht wird, sollte jede und jeder prüfen, ob Regentonnen oder andere Sammelbehälter aufgestellt werden können. Dabei gilt: Viel hilft viel. Wer Platz hat, sollte ruhig mehrere Behälter miteinander verbinden, die über die Regenrinne regelmäßig gefüllt werden. Regenwasser aufzufangen hilft dabei, dass die Kanalisation bei Starkregen insgesamt weniger belastet wird, sagt Claudia Taeger: "Am besten nutzt man geschlossene Regenbehälter mit einem Wasserhahn für die Entnahme. So können kleine Tiere nicht hineinfallen und ertrinken oder Mücken das Wasser als Brutstätte nutzen."

 
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