zurück
Ochsenfurt
Wegen Schließung der Fuchsenmühle in Ochsenfurt: Zwei Freundinnen weigern sich zu gehen
Zwei Bewohnerinnen im Seniorenheim Fuchsenmühle sind zu engen Freundinnen geworden. Die Schließung ihres Zuhauses wollen sie nicht hinnehmen.
Im Seniorenheim Haus Fuchsenmühle sind die 94-jährige Theresia Schmutzler und die 93-jährige Regina Ruchser zu besten Freundinnen geworden. Ihr Zuhause wollen sie auf keinen Fall verlassen. 
Foto: Uschi Merten | Im Seniorenheim Haus Fuchsenmühle sind die 94-jährige Theresia Schmutzler und die 93-jährige Regina Ruchser zu besten Freundinnen geworden. Ihr Zuhause wollen sie auf keinen Fall verlassen. 
Uschi Merten
 |  aktualisiert: 08.02.2024 13:02 Uhr

Sie sitzen – wie fast jeden Tag – zusammen am Tisch und unterhalten sich angeregt. Hinter ihnen stehen zwei Rollatoren, ihre "Mercedesse", die den beiden Damen erlauben, in Bewegung zu bleiben. Sie können nicht glauben, dass sie gehen müssen. Spätestens Ende April, denn dann schließt das Seniorenheim Fuchsenmühle in Ochsenfurt, weil der Betreiber Curata Insolvenz angemeldet hat.  "Wir wollen nicht weg, das ist unsere Heimat hier", sagt die 94-jährige Theresia Schmutzler. Und die 93-jährige Regina Ruchser schlägt mit der Faust auf den Tisch: "Wir bleiben hier. Da müssen sie uns schon raustragen. Freiwillig verlassen wir unser gemeinsames Zimmer nicht", sagt sie.

Die beiden Seniorinnen leben im Haus Fuchsenmühle und sind entsetzt, dass sie sich eine neue Unterkunft suchen sollen. Theresia Schmutzler wohnt seit fünf Jahren hier, nachdem sie zu Hause nicht mehr alleine zurecht gekommen war. Regina Ruchser kam zur Kurzzeitpflege ins Seniorenheim, weil ihre Kinder eine längere Reise unternahmen. Es gefiel ihr so gut, dass sie entschied zu bleiben. "Meine Kinder haben sich immer gut um mich gekümmert, aber hier habe ich viel mehr Ansprache und kann viel unternehmen", erklärt sie.

Die beiden Frauen sind sich vor der Fuchsenmühle nie begegnet 

Die beiden Frauen kannten sich vorher überhaupt nicht. Sie waren sich nie begegnet. Durch Zufall wurden sie zunächst gemeinsam in ein Doppelzimmer im vierten Stock des Hauses einquartiert. Sicher für viele Menschen eine sehr schwierige Situation, auf so engem Raum mit einer Fremden zusammen zu leben. Doch beide stellten schnell fest, dass sie sich verstehen und sich mögen, so dass eine Freundschaft entstand.

Das gegenseitige Verstehen und die Rücksichtnahme aufeinander spielten vor allem in der Pandemie eine wichtige Rolle. "Sechs Wochen waren wir in unserem Zimmer zusammen eingesperrt, wie Gefangene. Das war eine harte Zeit, die wir aber gemeinsam gemeistert haben", sagt Theresia Schmutzler. 

"Wir bleiben hier. Da müssen sie uns schon raustragen. Freiwillig verlassen wir unser gemeinsames Zimmer nicht."
Regina Ruchser, Bewohnerin von Haus Fuchsenmühle

Inzwischen haben die beiden Freundinnen ein Zimmer im Erdgeschoss und können vom Gemeinschaftswohnzimmer aus auf den Hof gehen. Wann immer es möglich ist, machen sie mit ihrem "Mercedes" einen Spaziergang und unterhalten sich angeregt. Ein Thema fand sich bisher immer. In den letzten Wochen drehen sich die Gespräche aber hauptsächlich um die angekündigte Schließung ihres Zuhauses.

In vielerlei Hinsicht sind die beiden Freundinnen einen eingespieltes Team. Theresia Schmutzler sieht sehr schlecht. Deshalb liest ihr Regina Ruchser regelmäßig vor oder erklärt ihre beim gemeinsamen Fernsehen, was zu sehen ist. "Ich kann mich auf keinen Fall von Regina trennen", sagt Theresia deshalb und fügt schmunzelnd hinzu: "Regina ist doch meine Sekretärin."

In der Fuchsenmühle fühlten sich die beiden bisher stets wohl und gut betreut. Sie können ihren Lebensabend genießen, erzählen sie. Man sieht ihnen dies auch an, wenn sie gut gelaunt und zu Scherzen aufgelegt im Aufenthaltsraum sitzen, adrett gekleidet und stets mit lackierten Fingernägeln. Fast alle Freizeitangebote in der Fuchsenmühle nehmen sie wahr, sei es die Gymnastik, das gemeinsame Kochen oder die Näharbeiten. Wichtig sei vor allem das Gedächtnistraining, sagt Theresia Schmutzler. "Wir müssen doch schauen, dass unser Hirn fit bleibt." Zum Fernsehen bleibt da kaum noch Zeit. Lieber unterhalten sie sich mit den anderen Mitbewohnerinnen und Mitbewohnern, spielen "Mensch ärgere dich nicht", gehen spazieren oder nehmen am Gottesdienst teil.

"Ich kann mich auf keinen Fall von Regina trennen."
Theresia Schmutzler, Bewohnerin von Haus Fuchsenmühle

"Warum müssen wir hier weg und warum sollen wir uns trennen?" fragt Theresia. Beide haben den Weltkrieg noch miterlebt, die Nachkriegszeit, sich um ihre Familien gekümmert und fast ein Leben lang gearbeitet. Theresia stammt aus der Gegend von Marienbad in Tschechien, wurde nach dem Krieg in die damalige DDR ausgesiedelt und kam illegal über die Grenze in die Bundesrepublik. Gemeinsam mit ihrem Mann und ihrem Sohn lebte sie in Würzburg, arbeitete dort zehn Jahre lang in der Küche des Juliusspitals und anschließend 28 Jahre lang im Bürgerspital am Büffet. Ihre Freundin Regina stammt aus Sulzfeld und hat früher in der Rosshaar-Fabrik Fehrer in Kitzingen gearbeitet.

Forderung an die politisch Verantwortlichen

Die jetzige Situation verstehen sie nicht und wollen sich wehren. Sie seien nicht bereit, ihr jetziges Zuhause, in dem sie sich wohlfühlen, zu verlassen, erzählen sie und geben sich dabei kämpferisch. "Jetzt sind wir schon so alt, da kann man uns doch nicht einfach so rausschmeißen", meinen die beiden. Schließlich seien sie mündige Personen und bei vollem Verstand. Auch ihre Angehörigen stünden hinter ihnen und hoffen, dass es noch einen Weg gibt, um das Seniorenwohnheim zu erhalten.

Auch wenn sie sich hin und wieder im Stich gelassen fühlen, machen sich die beiden Freundinnen weiterhin gegenseitig Mut. Ihre Forderung richtet sich dabei an die politisch Verantwortlichen. Die müssten bei einem solche Problem doch eingreifen und eine Lösung finden. "Die Hoffnung stirbt zuletzt", sagt Regina Ruchser.

 
Themen & Autoren / Autorinnen
Ochsenfurt
Uschi Merten
Freunde
Ruchsen
Schließungen
Seniorenheime
Söhne
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top
  • ZweiSeiten
    Wunderschön, dass sich die zwei gefunden haben!
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • mpmonika
    Aber ich kann die beiden Damen verstehen!
    Jahrelang hat der Betreiber tausende Euro von der Pflegekassen und den Angehörigen eingesteckt und jetzt kümmert er sich anscheinend nicht!
    Es darf keine privaten Pflegeheime mehr geben!
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • dietmar@eberth-privat.de
    Das hat nicht immer viel mit dem Träger zu tun.

    Siehe Caritas
    https://www.mainpost.de/regional/schweinfurt/schweinfurt-caritas-schliesst-ihr-seniorenheim-haus-maria-frieden-art-10917525
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • hausgarten
    Wenn sich kein neuer Betreiber für das Haus Fuchsenmühle finden lässt, und das sieht derzeit schlecht aus, dann wird den beiden älteren Damen nichts anderes übrig bleiben, als sich nach einem neuen Altenheim/Seniorenresidenz umzusehen. Hier hilft alle Standhaftigkeit nichts.
    Wenn das Haus geschlossen wird - dann wird es mit allen Konsequenzen geschlossen und die beiden älternen Damen können ja nicht dort bleiben und verwahrlosen, zumal diese auf Grund ihres Alters und Gesundheitszustandes einer laufenden Pflege bedürfen. Zielgerichtet wäre es, das sich die beiden Damen bzw. deren Angehörige um ein neues Pflegeheim kümmern und versuchen dort in diesem Heim die beiden Damen in einem Doppelzimmer unterzubringen.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten