zurück
Würzburg
Wegen Falschaussage im Eisenheim-Prozess: Staatsanwaltschaft Würzburg klagt Zeugen an
Ein 24-Jähriger hatte in der Verhandlung ausgesagt, erst Jahre nach der Alkoholfahrt von dem tödlichen Unfall erfahren zu haben. Das hat für ihn jetzt Folgen.
Ein 24-Jähriger hatte sich beim Prozess am Landgericht Würzburg in mehrere Widersprüche verstrickt. Und muss sich nun selbst bald vor Gericht verantworten - wegen Falschaussage im Zeugenstand (Symbolbild).
Foto: Anna Kirschner | Ein 24-Jähriger hatte sich beim Prozess am Landgericht Würzburg in mehrere Widersprüche verstrickt. Und muss sich nun selbst bald vor Gericht verantworten - wegen Falschaussage im Zeugenstand (Symbolbild).
Benjamin Stahl
 |  aktualisiert: 09.02.2024 16:39 Uhr

Im Oktober 2021 hat das Landgericht Würzburg im sogenannten Eisenheim-Prozess um den Tod von Theresa Stahl die Urteile gesprochen. Der junge Mann, der die 20-jährige Fußgängerin im April 2017 bei Untereisenheim (Lkr. Würzburg) mit mehr als drei Promille Alkohol im Blut überfahren hatte, wurde in zweiter Instanz wegen fahrlässiger Tötung zu einer Jugendstrafe von einem Jahr und drei Monaten auf Bewährung verurteilt. Gegen seine drei Mitfahrer wurden die Urteile aus erster Instanz - Geldstrafen wegen unterlassener Hilfeleistung - rechtskräftig. Doch endgültig zu den Akten legen kann die Würzburger Justiz den Fall noch immer nicht.

Vor Gericht jegliches Mitwissen abgestritten

Wie Sprecher Thorsten Seebach jetzt auf Nachfrage bestätigte, hat die Staatsanwaltschaft  Würzburg wegen falscher uneidlicher Aussage Anklage gegen einen Zeugen erhoben, der während der Verhandlung im vergangenen Herbst ein bizarres Schauspiel geboten hatte: Der 24-Jährige hatte vor Gericht jegliches Mitwissen abgestritten und behauptet, erst 2019 vom Hauptangeklagten selbst von dem Unfall erfahren zu haben.

Während der Vernehmung hatte sich der Zeuge jedoch in mehrere große Widersprüche verstrickt und erklärt, er habe viele Gedächtnislücken, weil er jeden Tag nach Feierabend einen Joint rauche. Richter Michael Schaller hatte die Befragung daraufhin unterbrochen, "damit sich der Zeuge sammeln kann". Doch auch nach der Pause war der 24-Jährige bei seiner Darstellung geblieben.

Handy noch im Gericht sichergestellt

Staatsanwalt Ingo Krist glaubte dem Zeugen auch nach zweistündiger Befragung nicht. Er ließ noch im Gericht das Handy des 24-Jährigen sicherstellen und startete ein Ermittlungsverfahren wegen Falschaussage. Die Behauptung des jungen Mannes im Zeugenstand, er sei sich zu "einer Million Prozent sicher", erst zwei Jahre nach der tödlichen Alkoholfahrt von dem Unfall und einer Beteiligung des Hauptangeklagten erfahren zu haben, wird ihm jetzt zum Verhängnis. Laut Oberstaatsanwalt Seebach wird ihm zur Last gelegt, damit "vor dem Landgericht Würzburg als Zeuge nach eindringlicher Belehrung falsch ausgesagt zu haben".

Wann der 24-Jährige wieder vor Gericht erscheinen muss - als Angeklagter - ist noch offen. Die Auswertung des sichergestellten Handys hatte laut Seebach "keine weiteren Erkenntnisse ergeben".

 
Themen & Autoren / Autorinnen
Untereisenheim
Würzburg
Benjamin Stahl
Debakel
Landgericht Würzburg
Oberstaatsanwälte
Staatsanwaltschaft Würzburg
Tod und Trauer
Verhandlungen
Zeugen
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top
  • H. M.
    @Albatros: "Und jetzt wollen Sie wegen so einem Kaspar ein Fass aufmachen, wo ohnehin nichts bei herauskommt" Ich finde es richtig und ausgesprochen wichtig, dass eine Falschaussage vor Gericht (egal ob uneidlich oder unter Eid) verfolgt wird!! Es muss doch deutlich werden, dass es sich dabei um einen Straftatbestand handelt. Der Angeklagte ist auch kein Kaspar sondern ein Lügner! Einerseits kritisieren Sie das relativ milde Urteil gegen den Fahrer, der Teresa das Leben nahm, andererseits wollen Sie jemanden davonkommen lassen, der vor Gericht gelogen hat? Sehr, sehr seltsames Rechtsverständnis!
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • M. S.
    Seit dem "Eisenheim-Prozess" hab ich jegliches Vertrauen in unsere Justiz verloren.

    Es tut mir als Demokrat und sozial eingestellter Mensch leid so eine Aussage treffen zu müssen wohlwissend wie gut es uns in Deutschland eigentlich auch geht.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • E. V.
    1 Jahr und drei Monate für ein Menschenleben....So was würde ich erwarten, wenn einer vollkommen nüchtern mit regelgerechter Geschwindigkeit auf der Straße fährt und er kann nicht mehr rechtzeitig bremsen, wenn ein Fußgänger plötzlich auf die Straße rennt. Mit drei Promille vorsätzlich ans Steuer setzen und dann noch alles vertuschen wollen. Ich hoffe die werden ihres Lebens nicht mehr froh vor Schuldgefühlen und Scham.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • U. A.
    Ein Jahr und drei Monate auf Bewährung! Das ist ein gefühlter Freispruch.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • R. B.
    Sehr geehrter Herr Staatsanwalt, dieser Prozess hat den Steuerzahler Unsummen gekostet, mit dem Ergebnis, dass ein Menschenleben nichts Wert ist. Die Gutachter, die heimlichen Richter in diesem Land, haben erneut ein Trauerspiel nach dem anderen vollzogen. Ergebnis, man hat die Eltern mit dem endgültigen Urteil erneut gedemüdigt. Und jetzt wollen Sie wegen so einem Kaspar ein Fass aufmachen, wo ohnehin nichts bei herauskommt. Solange unsere Gesetze für die Täter gemacht sind und man die Opfer obendrein noch demüdigt, solange ist die deutsche Gerichtsbarkeit der Spielball windiger Anwälte und desaströser Gutachter.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Veraltete Benutzerkennung
    Auf eigenen Wunsch entfernt.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten