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Würzburg
Wegen Corona: Produkte aus der Region sind gefragt
Nicht erst seit der Pandemie sind regionale Lebensmittel bei den Verbrauchern immer beliebter. Doch Corona hat die Nachfrage verstärkt: Erzeuger und Vermarkter berichten.
Durch die Corona-Krise: Bei den Direktvermarktern und Hofläden in der Region gab es ein Umsatzplus.
Foto: Uli Deck, dpa | Durch die Corona-Krise: Bei den Direktvermarktern und Hofläden in der Region gab es ein Umsatzplus.
Claudia Kneifel
 |  aktualisiert: 08.02.2024 10:51 Uhr

Karotten aus Mainfranken statt Paprika aus Spanien: "Direktvermarkter aus der Region konnten zu Beginn der Corona-Krise ein Umsatzplus von bis zu 100 Prozent verzeichnen", sagt Jochen Diener, Projektmanager der Ökomodellregion Waldsassengau bei Würzburg. Viele Direktvermarkter hatten ihren Kunden die Bestellung gepackt und vor die Ladentür gestellt, so dass die Kunden sie kontaktlos abholen konnten. Mittlerweile sei die Nachfrage zwar nicht mehr ganz so stark, aber immer noch höher als vor Corona, sagt Diener: "Für unsere Bauern wäre es toll, wenn diese Bewusstseinserweiterung der Kunden dauerhaft anhält."

Veit Plietz, Gründer der Ökokiste und Öko-Pionier im Landkreis Kitzingen, bietet seit 1995 einen Lieferservice für regionales Bio-Obst und Gemüse an. 
Foto: Frank Weichhan | Veit Plietz, Gründer der Ökokiste und Öko-Pionier im Landkreis Kitzingen, bietet seit 1995 einen Lieferservice für regionales Bio-Obst und Gemüse an. 

Bei der Ökokiste beispielsweisesielsstanden während des Lockdowns die Telefone nicht mehr still: "Wir haben viele neue Kunden gewonnen", sagt Veit Plietz, der den Frei-Haus-Lieferservice für biologisch erzeugte Produkte 1995 in Schwarzach (Lkr. Kitzingen) ins Leben gerufen hat. "Die Leute wollten anfangs nicht mehr in den Supermarkt gehen, daher haben sich viele für unseren Lieferservice mit regionalem Obst und Gemüse entschieden", sagt Plietz. Das Bewusstsein der Kunden für regionale Lebensmittel sei "eindeutig gestiegen". Die Frage sei nun, "ob das so bleibt". 

Hohe Nachfrage nach Spargel, Kartoffeln und Fleisch aus der Region

Auch die fränkischen Landwirte beobachten, dass Verbraucher mehr Wert auf Regionalität legen als vor Corona. Gerade zu Beginn der Pandemie eine verstärkte Nachfrage nach regionalen Produkten, insbesondere von Obst, Spargel und Gemüse, gegeben, sagt Ann-Kathrin Rauscher, Sprecherin beim Bayerischen Bauernverband für die Region Unterfranken. "Teilweise gab es sogar einen richtigen Run auf bestimmte Produkte, wie fränkische Kartoffel." Auch eine steigende Nachfrage nach regionalem Fleisch sei zu spüren gewesen, so Rauscher.

 Bei einer repräsentativen Umfrage des Handelskonzerns Rewe gab fast jeder zweite Befragte an, dass seine Wertschätzung für Lebensmittel aus der Region gestiegen sei. 70 Prozent der Verbraucher finden es demnach wichtig, dass ihre Lebensmittel aus der Region stammen und nicht über tausende Kilometer herbeigeschafft wurden.

Die meisten Kunden kaufen Regionales im Supermarkt

Knapp jeder zweite Verbraucher kauft laut der Rewe-Umfrage regionale Angebote im Supermarkt (48,2 Prozent), jeder fünfte geht für den Einkauf auf den Wochenmarkt (19,5 Prozent),  jeder zehnte kauft Regionales im Discounter (10,9 Prozent). "Einen Trend zur Regionalität gibt es bereits seit 15 Jahren", sagt Gärtner Veit Plietz. Er gilt als Pionier in der unterfränkischen Bio-Szene und fing Anfang der 1990er Jahre mit einer Gärtnerei samt Hofladen an. Heute baut Plietz auf 4,5 Hektar im Freiland und auf 1800 Quadratmetern in Gewächshäusern Obst und Gemüse an. "Die Supermärkte", sagt Plietz, "springen erst jetzt auf diesen Trend auf."

Supermärkte und Discounter werben mit regionalen Produkten

Bei Edeka Nordbayern beispielsweise sind die beliebtesten fünf regionalen Produkte laut Sprecherin Stefanie Schmitt Eier, Gemüse, Obst, Fleisch und Milchprodukte. Von Backwaren über Soßen und Aufstriche bis zu Getränken und Konserven - die regionalen Produkte machen laut Schmitt bei der Handelsgruppe inzwischen einen Umsatzanteil von rund 20 Prozent aus.

"Unsere Kunden möchten wissen, woher frische Waren wie Obst und Gemüse, aber auch Molkereiprodukte kommen", sagt Carolin Sunderhaus, Sprecherin von Aldi Süd. Aktuell biete der Discounter rund 1000 regionale Artikel an. Auch Lidl bezieht, nach eigener Aussage wo es möglich ist, Produkte wie Molkereiartikel, Obst und Gemüse von regionalen Erzeugern. 

Bei Rewe kommen laut Auskunft der Firmenzentrale kommen inzwischen mehr als 20 000 Produkte von lokalen und regionalen Herstellern. Zusätzlich biete man lokalen Produzenten und Landwirten die Möglichkeit, in den Märkten ihre Ware zu vermarkten.

Und auch der Handel spürt das stärkere Bewusstsein für Regionales in den Monaten der Pandemie. Beispielt Tegut: In der Zeit von März bis September 2020 sei der Umsatz mit regionalen Artikeln bei Tegut deutlich gestiegen, sagt Sprecherin Anne Bendara: "Insbesondere bei Obst und Gemüse, Brot, Backwaren und Getränken haben die Kunden wesentlich mehr regionale Produkte gekauft." 

Wo und wie wird produziert, was auf den Teller kommt? 

Den Deutschen ist nicht nur wichtig, was sie essen, sondern sie wollen auch wissen, wie die Lebensmittel produziert werden. Laut dem Ernährungsreport des Bundeslandwirtschaftsministeriums aus dem Jahr 2019 liegt den Verbrauchern besonders das Tierwohl (70 Prozent) und der schonende Umgang mit den Ressourcen (69 Prozent) am Herzen, außerdem faire Löhne (64 Prozent) und die Qualität der Produkte (63 Prozent).

"Die Wertschätzung für regionale Lebensmittel fängt bereits im Kleinkindalter an", sagt Wolfgang Meyer zu Brickwedde von der Katholischen Landvolkbewegung (KLB)  in Würzburg. Viele junge Menschen wüssten heute nicht mehr, wie landwirtschaftliche Produkte produziert werden: "Früher hatte man immer eine Verbindung zum Land, heute ist das nicht mehr so." Der Verbraucher habe es selbst in der Hand, das Angebot, auch im Supermarkt mitzubestimmen, sagt der KLB-Bildungsreferent: "Der Konsum von regionalen und saisonalen Produkten schont das Klima durch weniger CO2-Ausstoß und sichert die Existenz der Betriebe am Land."

Im Würzburger Burkardushaus achtet man bewusst auf Regionalität: "Viermal in der Woche bekommen wir Obst, Gemüse und Kräuter von einem Biobetrieb in der Nähe von Würzburg geliefert", sagt Maria Reuß, die Leiterin des großen Tagungshauses der Diözese. Auch Nachhaltigkeit, soziale Standards und faire Löhne sind für Reuß wichtig. "Und an zwei Tagen kochen wir ohne Fleisch." 

Wer sich zum Thema "Vom Acker auf den Teller" schon mal einen Termin vormerken will: Die Katholische Landvolkbewegung lädt am 2. Februar 2021 zu einem Gesprächsabend im Hubertushof in Fährbrück. Gesprächspartner sind dann unter andere Thomas Schwab (Remlinger Rüben) und Maria Reuß (Burkardushaus Würzburg), Anmeldung unter Tel. (0931) 386 63 721. 

 
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