Er ist "da irgendwie so reingerutscht", antwortet Heinz Braun auf die Frage, wie es dazu kommt, dass er als Kandidat für die bayerische Landtagswahl am 8. Oktober antritt. Doch nun, wo feststünde, dass er kandidiere, wolle er das Maximale für seine Partei herausholen. Die Messlatte dafür liegt niedrig, denn die demokratisch-ökologische Partei (ÖDP) erreichte bei der Landtagswahl 2018 lediglich 1,6 Prozent und zog damit nicht in das Parlament ein. "Das große Ziel sind die fünf Prozent", sagt Braun. Er wäre gern der Mann, mit dem die Partei diesen Meilenstein erreicht. Doch ist er auch der Richtige dafür?
Der 62-Jährige tritt als Direktkandidat für den Wahlbezirk Würzburg-Stadt an. Auf den Wahlplakaten stemmt er die Hände in die Hüften und schaut seinen potenziellen Wählerinnen und Wählern grimmig entgegen. Mit gutem Grund: "Wir lächeln jetzt nicht mehr auf unseren Plakaten, damit die Leute sehen, dass wir es ernst meinen", erklärt Braun stolz. Ihm gefalle die neue, progressive Parteiwerbung. Er will auffallen mit seiner Partei, polarisieren und die ÖDP bekannter machen. "Wir haben das beste Wahlprogramm. Das Problem ist, dass uns nur wenige kennen." Das soll sich ändern.
ÖDP ist gegen den Überkonsum der heutigen Gesellschaft
Braun beschreibt sich selbst als "klassischen Durchschnittsbürger". Er ist Vater von zwei Kindern und widmet seine Freizeit gern der Winzerei. Seit seine Kinder ausgezogen sind, wohnt der 62-Jährige allein mit seiner Frau in dem Einfamilienhaus in Heidingsfeld. "Wir überlegen, ob wir das Haus nicht den Kindern überlassen und in eine kleinere Stadtwohnung ziehen", erzählt Braun. Eine Überlegung, die zeigt, dass Braun nicht nur ÖDP-Kandidat ist, sondern die Überzeugungen der Partei auch selbst lebt.
Die ÖDP will weg von dem Gedanken, dass alles Mehr sein muss – mehr Wohnfläche, mehr Konsum, mehr Verbrauch. "Unsere Ressourcen sind endlich und dementsprechend müssen wir auch leben", erklärt Braun. Ein wichtiges Ziel der ÖDP ist es, eine Wirtschaftsform zu finden, die nicht von Konsum geprägt ist. Auch Braun lebt danach, hält wenig vom heutigen Überkonsum.
Die zwei Autos in seiner Garage sind Baujahr 1992 und 2004. Ersetzen will er sie in den nächsten zehn Jahren nicht. Ohnehin sei er viel lieber mit dem Fahrrad unterwegs – oder mit seinem Motorrad. "Das widerspricht vielleicht ein bisschen dem klassischen Bild eines ÖDP-Politikers", räumt der Heidingsfelder ein.
Konservative Werte sollen auch die jungen Wählerinnen und Wähler ansprechen
Doch wenn es um das Thema Familienpolitik geht, ist Braun wieder ganz auf Parteilinie. Die konservativen Familienwerte der ÖDP waren mit ausschlaggebend für Brauns Entschluss 2001 Parteimitglied zu werden. Zusammen mit der ÖDP steht er für ein klassisches Familienbild, Erziehungsgehalt für Eltern und den Schutz des ungeborenen Lebens. Dass diese Inhalte auch junge Wählerinnen und Wähler ansprechen, davon ist Braun überzeugt.
"In der heutigen Zeit verändert sich alles rasend schnell. Was heute gilt, ist morgen schon nicht mehr aktuell." Da seien es gerade die konservativen Werte, die für Sicherheit und Beständigkeit sorgten. Er könne sich gut vorstellen, dass gerade junge Menschen in unsicheren Zeiten danach suchen. Und auch in punkto Nachhaltigkeit und Regionalität treffe die Partei den aktuellen Zeitgeist, ist sich der 62-Jährige sicher. Inhaltlich sei die ÖDP perfekt aufgestellt, die einzige Herausforderung sei es "vom Image der Alt-Herren-Partei wegzukommen".
Braun selbst kann da nur wenig zu beitragen, wie er selbst sagt. Doch die neuen Wahlplakate seien ein erster Schritt in diese Richtung. Außerdem denke die Partei gerade darüber nach, wie sie auch in den sozialen Medien aktiv werden könne, um junge Wählerinnen und Wähler zu erreichen. Braun selbst hält sich da lieber raus. Er besitze nicht mal ein Smartphone, wie er selbst sagt.
Bereits als Stadtrat hat sich Heinz Braun in Würzburg einen Namen gemacht
Aufmerksamen Würzburgerinnen und Würzburger dürfte Braun längst ein Begriff sein. Zwischen 2014 und 2020 saß er bereits für die ÖDP im Stadtrat. Dort hat er unter anderem initiiert, dass die Eisenbahnbrücke in Heidingsfeld unter Denkmalschutz gestellt wird, der Rad- und Fußweg zwischen Arndtstraße und Sebastian-Kneipp-Steg verbreitert sowie die Gestaltungssatzung bezüglich der Dachformen in Heidingsfeld überarbeitet wird.
"Dort konnte man politisch richtig was bewegen", resümiert der Winzer. Nun möchte er diese kommunale Arbeit auf Landesebene fortsetzen. Beim Gedanken, Bayerns Ministerpräsidenten Markus Söder (CSU) bei Debatten im Landtag die Stirn zu bieten, kommt Braun ins Schmunzeln.
Die o.g. Aussagen und die Tatsache, dass er ebenso wie ich kein Smartphone besitzt, machen ihn für mich sympathisch.